Häupl lobt
Ludwig-Team

Bürgermeister gab designiertem Nachfolger keine Ratschläge

Der scheidende Wiener Bürgermeister Michael Häupl ist zufrieden mit dem neuen Regierungsteam seines designierten Nachfolgers Michael Ludwig.

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"Ich halte das für einen sehr geglückten Vorschlag, den Dr. Ludwig der SPÖ hier gemacht hat", sagte er am Dienstag im Interview mit der APA. Häupl lobte die "Mischung" aus erfahrenen Politikern, Experten, die bereits an der "Schnittstelle" zur Politik gearbeitet hätten sowie einer "absoluten Newcomerin", "die ich eigentlich nur sehr flüchtig kenne aus der Zeit, wo sie für die Wiener Festwochen tätig gewesen ist". Ludwig hat am Montag Veronica Kaup-Hasler als künftige Kulturstadträtin vorgestellt. Neu mit dabei sind auch Peter Hanke (Finanzen und Wirtschaft), Kathrin Gaal (Wohnen) und Peter Hacker (Gesundheit und Soziales). Umweltstadträtin Ulli Sima und Bildungs-bzw. Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky werden weiter ihre Ressorts leiten.

Ludwig holt sich keine Ratschläge bei Häupl

Ratschläge hat sich Ludwig bei seinem Demnächst-Vorgänger nicht geholt: "Wir haben am Sonntag am Abend telefoniert, das war's. Das ist auch vollkommen klar. Er wird Bürgermeister, es ist sein Team, er tritt zur Wahl im Gemeinderat (am 24. Mai, Anm.) an, sein Team tritt zur Wahl im Gemeinderat an. Ganz ehrlich gesagt: Ich hab mir vor nahezu 24 Jahren auch nichts dreinreden lassen."

Häupl hofft, dass die neue SP-Riege geschlossen auftritt - zum Beispiel deswegen, weil der Bund beabsichtige, 1,5 Mrd. Euro Finanzierungsverpflichtungen an die Länder abzuschieben, wie er warnte. Die vergangenen Querelen in "seiner" SPÖ wurmen den scheidenden Stadtchef, der seit Jänner bereits nicht mehr Parteivorsitzender ist, sichtlich noch immer. Obwohl: Inhaltlich habe er die Konflikte nicht gesehen, wie er versicherte.

»Natürlich hat es auch Verwundungen gegeben«

"Auf der emotionellen Ebene hat das ein bisschen anders ausgeschaut. Natürlich hat es auch Verwundungen gegeben. Wenn ich zurückdenke, mit großer Wut im Bauch noch immer, das Auspfeifen vom (ehemaligen Kanzler, Anm.) Werner Faymann am 1. Mai.", erinnerte sich Häupl. Mit einer derartigen Situation sei es schon schwieriger umzugehen. "Das hätten wir uns absolut ersparen müssen. Es war Mist", konstatierte Häupl.

Häupl glaubt nicht an Kurswechsel der Wiener SPÖ

Dass Ludwig einen großen Kurswechsel anstrebt, glaubt der Langzeit-Stadtchef nicht. Auch dass der neue Mann an der Spitze etwa überlegt, den "Wien-Bonus" auszudehnen, hält Häupl für nicht problematisch: "Er versteht sich als Schützer der Wiener. Na gut, wen soll er denn sonst schützen? Ich will die Frage jetzt nicht erörtern, vor wem. Ja, natürlich, der Landeshauptmann ist der oberste Schutzengel seiner Stadt."

Häupl betonte, dass er auch die Bevorzugung von länger in Wien lebenden Personen im Wohnbereich für richtig gehalten habe: "Weil man schon schauen muss, dass eine gewisse Grundform von Gerechtigkeit da ist. Dass der, der zuerst da war, auch zuerst mahlt. Wie ich nach Wien gekommen bin damals, hat es eine Wartefrist von fünf Jahren gegeben, bevor man überhaupt um eine Gemeindewohnung ansuchen konnte. Das waren damals auch nicht schlechtere Sozialdemokraten als heute."

Totalkonfrontation mit dem Bund?

Ob Wien auf Totalkonfrontation mit dem Bund setzen solle? "Ich glaube, dass alle gut beraten sind, wenn man sachlicher miteinander umgeht. Es gibt ja genug zu diskutieren, genug Meinungsverschiedenheiten. Natürlich ist es nicht einfach, wenn der Herr Bundeskanzler (Sebastian Kurz, Anm.) zum Jahrestag seiner Machtübernahme in der ÖVP sagt: 'Bevor die Vorsitzführung in der EU beginnt, müssen die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen und die Mindestsicherung gelöst sein.' Wir leben schon in einem Rechtsstaat, den hebt auch er nicht auf. Wenn man es so anlegt, kann es zu sehr grundsätzlichen Konflikten kommen." Wien sei bereit, diesen mit allen rechtlichen Mitteln auch auszutragen, beteuerte Häupl.

»Ich glaube, dass alle gut beraten sind, wenn man sachlicher miteinander umgeht«

Ihn selbst betrifft dies zumindest als politischer Akteur nicht mehr. Michael Häupl wird am 24. Mai im Gemeinderat seine Abschlussrede halten - formal eine "Mitteilung" des Bürgermeisters. Anschließend wird Michael Ludwig als neues Stadtoberhaupt - sowie die neuen Stadträte - angelobt. Wie man ihn künftig bezeichnen solle? "Mein Freund Harry Kopietz hat mich gefragt, ob ich mit dem Begriff Altbürgermeister besser leben kann als mit Bürgermeister außer Dienst. Was ich ihm geantwortet habe, sage ich jetzt nicht."

"Extrem herausfordernd, extrem lehrreich, extrem interessant. Kein Tag war eigentlich wie der andere", resümierte Häupl seine Amtszeit. Was er nicht vermissen werde, sei die 24-Stunden-Erreichbarkeit.

Häupl erzürnt über Kritik an Brauner-Posten

Die scheidende Finanz- und Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner wird "Bevollmächtigte der Stadt Wien für Daseinsvorsorge und Kommunalwirtschaft". Wie der Job dotiert ist, ist noch offen, Kritik daran gibt es aber bereits. Das empört Noch-Bürgermeister Michael Häupl: "Ich würde das nie im Leben als Versorgungsposten bezeichnen. Ich halte diese Vorwürfe für nicht gerecht."

"Für mich ist das ein bisschen ein zu schnoddriger Umgang, den sich die Renate nicht verdient hat", sagte er im Gespräch mit der APA. Der wichtige Bereich Daseinsvorsorge brauche "überdurchschnittliche Betreuung".

Brauner wird übrigens ihr Gemeinderatsmandat nicht annehmen, versicherte ein Sprecher. Auch Häupl beteuerte heute, dass er nie daran gedacht habe, als einfacher Mandatar in den Gemeinderat zu wechseln. Er wird - wie bereits bekannt ist - ein Büro beim Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) beziehen, dessen Präsident er ist. Sollte er von seinem Nachfolger Michael Ludwig gebeten werden, etwa in der Wissenschaftsorganisation tätig zu werden, stünde er auch zur Verfügung, versicherte er: "Aber das wird ohne jede Bezahlung sein."

Pflegeregress Thema bei LH-Konferenz

Der scheidende Wiener Bürgermeister Michael Häupl fordert im Vorfeld der Landeshauptleute-Konferenz in Sachen Pflegeregress eine exakte Abrechnung mit dem Bund. Für das laufende Jahr sei ein Pauschalbetrag durchaus denkbar: "Das kann aber nur für ein Jahr gelten, dann müssen die echten Kosten - die ja feststellbar sind - eingemeldet werden und dann muss das abgerechnet werden."

Dass eine diesbezügliche Einigung zwischen Bund und Ländern bei der LH-Konferenz am Donnerstag und Freitag, bei der Häupl letztmalig als Gastgeber fungieren wird, bevorsteht, sieht der Noch-Stadtchef aber offenbar nicht als fix an. "Es hat gute Vorberatungen gegeben bei den Landesfinanzreferenten. Jetzt werden wir schauen. Der Herr Bundesminister für Finanzen (Hartwig Löger, ÖVP, Anm.) wird zu diesem Thema in die LH-Konferenz kommen. Schauen wir", sagte er am Dienstagnachmittag im APA-Interview.

Die Länder haben zuletzt eine Summe von mehr als 450 Mio. Euro genannt, die sie vom Bund für den Entfall des Pflegeregresses einfordern. Häupl betonte, dass er freilich für das Aus des Regresses sei - aber man könne halt nicht etwa im Parlament beschließen und im Nachhinein die Länder bezahlen lassen: "Ich kann ja auch nicht in ein Wirtshaus gehen und sagen: Mein Freund kommt dann und bezahlt. Ich mein, das kann ich schon machen - einmal. Dann haut er mir eine Watsche runter und die Geschichte ist erledigt."

»Ich kann ja auch nicht in ein Wirtshaus gehen und sagen: Mein Freund kommt dann und bezahlt«

Der Idee, die Pflege künftig über Versicherungsbeiträge und nicht - wie bisher - über das Steuersystem zu finanzieren, erteilt Häupl nicht grundsätzlich eine Absage. Das sei eine "Grundsatzentscheidung", das müsse man durchrechnen. "Da bin ich zu wenig Spezialist. Ein Sozialdemokrat würde eigentlich immer den steuerfinanzierten Systemen den Vorzug geben." Er sei sich da "nicht ganz sicher", aber "eher schon" dafür.

Häupl klar gegen Notstandshilfe in Mindestsicherung

Was die vorgesehene Verschiebung der Notstandshilfe in die Mindestsicherung betrifft, die von den Ländern bezahlt werden muss und somit Zusatzkosten in Milliardenhöhe bedeuten würde, ist Häupl alles andere als unentschlossen: "Wenn die Sache so kommt, wie sie von der Sozialministerin (Beate Hartinger-Klein, FPÖ, Anm.) geplant ist, ist die sofortige Klage beim Verfassungsgerichtshof unausweichlich. Wir leben in einem Rechtsstaat. Jeglicher demokratisch durchaus legitimierter Wille einer gewählten Bundesregierung hat schon seine Grenzen - nicht nur in der Willensbildung, sondern auch durch die Verfassung und das Acquis Communautaire (Gesamtheit des gültigen EU-Rechts, Anm.). Einfach herzugehen und zu sagen: Mir san mir, das machen wir jetzt. So geht's nicht."

Hinsichtlich der Sozialversicherungsreform sieht Häupl den Prozess falsch aufgesetzt. Nach einer Beitragsharmonisierung müsse eine Leistungsharmonisierung kommen, erst kann könne man überlegen, wie Strukturen "behutsam" zusammengelegt werden könnten. Das Motto von Schwarz-Blau - "Wir legen einfach einmal zusammen und hinterlassen Chaos" - erscheine ihm "nicht rasend zielführend".

ORF vermutlich kein großes Thema

Der ORF bzw. eine gemeinsame Länderposition dürfte bei der LH-Konferenz indes kein großes Thema sein. "Es gibt Beschlüsse, die schon länger zurückliegen, und ich sehe keine Notwendigkeit, diese zu verändern." Ob man sich geschlossen von den Angriffen auf den ORF seitens der FPÖ distanziere, "das werden wir am Donnerstagabend noch besprechen". Klare Position bezieht der Bürgermeister zur Frage, ob FPÖ-Mann Norbert Steger ORF-Stiftungsratsvorsitzender werden soll: "Wenn ich Kuratoriumsmitglied wäre, würde ich ihn nicht wählen."

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