Vassilakou bringt
Citymaut aufs Tapet

Citymaut in Wien. Einer Stadt-Studie zufolge soll das Minus auf Hauptverkehrsstraßen bis zu 38 Prozent oder 20.000 Fahrzeuge an Werktagen betragen. Eine Breite Front bildet sich gegen Vassilakous Vorschlag.

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Wien - Vassilakou bringt
Citymaut aufs Tapet

Wiens Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) hat vor dem Sommer die Einführung einer Citymaut erneut aufs Tapet gebracht. Damit sollen Auto-Pendler zum Umstieg auf Öffis angeregt werden. Nun legt ihr Ressort erste Berechnungen über den zu erwartenden Rückgang des Kfz-Verkehrs vor. Demnach beträgt das Minus auf Hauptverkehrsstraßen bis zu 38 Prozent oder 20.000 Fahrzeuge an Werktagen.

Die Erhebungen, die der APA vorliegen, stammen von der MA 18 (Stadtentwicklung und Stadtplanung). Sie gehen von der Annahme aus, dass ab dem Gürtel eine Einfahrgebühr eingehoben wird. Dabei zeigt sich, dass das hochrangige Straßennetz teils markant entlastet wird.

So würde sich etwa entlang des Donaukanals das tägliche Auto-Aufkommen von 49.100 auf 35.700 verringern - ein Minus von 27 Prozent. An der Rechten und Linken Wienzeile wäre ein Rückgang von 36.300 auf 27.100 Kfz oder um 25,4 Prozent pro Werktag zu erwarten. Ähnlich der Effekt für den Opernring: Hier gäbe es eine Verringerung um 24,2 Prozent oder 8.200 Fahrzeuge.

Zurückdräng-Effekt

Allerdings würde bei einer Einfahrgebühr ab dem Gürtel nicht nur der Bereich innerhalb dieser Zone entlastet werden. Die MA 18-Prognosen zeigen auch ein Absinken des Verkehrsaufkommens auf der Triesterstraße (minus 25,2 Prozent), am Gürtel auf Höhe Westbahnhof (minus 21,7 Prozent) und auf der Grünbergstraße (minus 11,2 Prozent). Auch das prozentuell höchste erwartete Minus würde außerhalb der Citymaut liegen: Die Reichsbrücke würden den Berechnungen zufolge von fast 20.000 Autos weniger belastet werden - ein Rückgang um ganze 38 Prozent.

Im Vassilakou-Büro sieht man den Zurückdräng-Effekt auch außerhalb der Zone darin begründet, dass eine Citymaut ab dem Gürtel generell zu einer Änderung des Mobilitätsverhaltens führen würde und Menschen dann gleich auf Alternativen wie Öffis, Rad oder Carsharing umsteigen würden. Wobei die Ressortchefin sowieso eine Einführung schon ab der Stadtgrenze zur Diskussion gestellt hatte.

»Mit einer Citymaut verhindern wir Staus und schützen das Klima«

Sie sieht sich durch diese erste Erhebung durchaus bestärkt in ihrem Vorstoß. Wenn schon eine Gebühr ab dem Gürtel derlei große Auswirkungen habe, wäre die Entlastung im Fall einer Einführung ab Stadtgrenze wohl noch deutlich größer, sagte sie der APA: "Die Berechnungen zeigen: Die City-Maut ist die wirksamste aller verkehrspolitischen Maßnahmen. Mit einer Citymaut verhindern wir Staus und schützen das Klima durch starke CO2-Reduktion." Laut Stadt würde die CO2-Belastung im Falle einer Gebühr ab dem Gürtel um rund 20 Prozent auf 3.321 Tonnen pro Tag sinken. Stickoxide würden von 10,7 auf 9,1 Tonnen pro Tag zurückgehen.

Die Stadträtin nahm die Zahlen auch zum Anlass, noch einmal Innenstadt-Bezirksvorsteher Markus Figl (ÖVP) ihre Unterstützung zu signalisieren. Dieser hat zuletzt Zufahrtsbeschränkungen für den ersten Bezirk in den Raum gestellt. Die Verkehrskommission des Bezirks erarbeitet derzeit ein Konzept.

Breite Front gegen Einführung - Auch Rote dagegen

Die von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou propagierte Citymaut für Einpendler nach Wien stößt auch nach ersten präsentierten Zahlen zu möglichen Auswirkungen auf breite Ablehnung. Neben Rathausopposition und ÖAMTC sprach sich am Mittwoch auch der Koalitionspartner dagegen aus: "Kein Bedarf", fand die SPÖ.

»Kein Bedarf«

"Das System der Parkraumbewirtschaftung funktioniert gut, wir sehen derzeit keinen Bedarf an einer Citymaut", richtete der rote Verkehrssprecher Gerhard Kubik Vassilakou aus. Man werde sich die Studie der MA 18 genau anschauen. Aber so viel steht für die SPÖ fest: "Eine Citymaut ab der Stadtgrenze wollen wir keinesfalls. Wie auch der Bürgermeister (Michael Ludwig, SPÖ, Anm.) dezidiert gesagt hat, brauchen wir eine länderübergreifende Lösung." Für Kubik ist die Sache auch eine soziale Frage: "Wenn wir eine Citymaut haben, die sich nur mehr Reiche leisten können, haben wir das Ziel verfehlt."

Gegenwind aus der Opposition

Gegenwind kommt auch von der Opposition. FPÖ-Verkehrssprecher Anton Mahdalik beurteilte die von der MA 18 errechneten Effekte skeptisch, denn immerhin sei die Abteilung Vassilakou unterstellt - und diese verwende nun die Zahlen, um die Notwendigkeit des Projekts zu untermauern. Die Blauen orten aber sowieso andere Gründe hinter dem Citymaut-Vorstoß: "Die Aktion ist eher vor dem Hintergrund des innerparteilichen Abwehrkampfes gegen (Klubobmann, Anm.) David Ellensohn zu sehen, der Vassilakou bei der nächsten Landesversammlung abmontieren will." Zur Erklärung: Die Grünen beginnen demnächst mit der Suche nach dem Spitzenkandidaten bzw. der Spitzenkandidatin für die Wien-Wahl 2020. Ob Vassilakou noch einmal antritt, hat sie bisher offen gelassen.

Die ÖVP sieht im Fall einer Maut wiederum den Wirtschaftsstandort in Gefahr. "Sie wäre eine unnötige Belastung für die in der Stadt arbeitenden Menschen und die vielen Pendler", resümierten der nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch und Verkehrssprecher Manfred Juraczka in einer gemeinsamen Aussendung. Sie forderten Bürgermeister Ludwig zudem auf, "seine Verkehrsstadträtin endlich zur Vernunft bringen und die ewigen Alleingänge abzustellen".

Auch ÖAMTC und Arbeiterkammer dagegen

"Keine seriöse Grundlage" sah der ÖAMTC in der Stadt-Studie. "Wie hoch soll die angenommene Einfahrgebühr sein? Ohne diesen Wert ist keine qualifizierte Aussage möglich", kritisierte Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung, die präsentierten Rückgangszahlen. Für den Autofahrerclub ist eine Einführung nur mit Befragung der Wiener Bevölkerung vorstellbar.

Die Arbeiterkammer sprach sich ebenfalls gegen Vassilakous Ansinnen aus. "Stattdessen sollten Wien und die Länder Niederösterreich und Burgenland mit Öffi-Ausbau und Park&Ride-Angeboten den Verkehr in der Stadt umwelt-freundlicher und stauärmer machen", so der Vorschlag von Thomas Ritt, Leiter der AK-Abteilung Kommunalpolitik.

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