Day Zero: In 90 Tagen geht
Kapstadt das Wasser aus

Am 11. Mai könnten in Südafrikas Metropole die Wasserhähne abgedreht werden

Kapstadt leidet seit drei Jahren unter einer extremen Dürre, die Wasserreserven gehen zur Neige. Voraussichtlich am 11. Mai, dem "Day Zero", muss den Bewohnern daher das Wasser komplett abgedreht werden. Die Stadt könnte zum tragischen Symbol des Klimawandels werden.

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Wasserkrise - Day Zero: In 90 Tagen geht
Kapstadt das Wasser aus

Ab Mai könnten sich auf den Straßen von Kapstadt Szenen abspielen, wie sie in einer der pulsierendsten Städte eines hochentwickelten Landes wie Südafrika bis dahin unvorstellbar waren. Nachdem alle privaten Wasseranschlüsse zugedreht wurden, wird es nur noch an rund 200 "Abholstellen" in der Stadt Wasser für den privaten Gebrauch geben. In lange Schlangen müssen sich die Menschen einreihen, um, gesichert von Polizei und Militär, ihre streng rationierte Tagesmenge von 25 Litern pro Person abzuholen. Für wie lange, das weiß niemand. Das ist zumindest das Szenario von "Day Zero", Tag Null. Die Hoffnung, dass er abgewendet werden kann, wird mit jedem Tag kleiner.

Dürre wie eigentlich nur alle 384 Jahre

Wenn der Wasserstand des Reservoir-Systems unter den kritischen Punkt von 13,5 Prozent der Kapazität fällt, müssen die Ingenieure der Stadt die Anschlüsse privater Haushalte schließen – die Versorgung durch Wasserleitungen wird offiziell eingestellt. Derzeit schätzen die Behörden, dass dieser Punkt am 11. Mai erreicht wird. Erst vor wenigen Tagen konnte die Prognose aufgrund reduzierten Verbrauchs um fast ein Monat nach hinten verschoben werden, während sie im Jänner schon einmal um einige Wochen vorverlegt wurde. Ganz genau weiß es niemand. Schon seit 2015 herrscht am Kap eine Dürre, wie sie eigentlich nur alle 384 Jahre vorkommt. Die gigantischen Stauseen rund um die Stadt sind großteils ausgetrocknet.

Während manche glauben, dass Tag Null mit weiteren drastischen Wasser-Sparmaßnahmen noch verhindert werden kann, sind andere skeptischer. Provinz-Gouverneurin Helen Zille schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass es zum Wasser-Notstand kommt, auf 60 Prozent. Auch mit einer starken Reduktion des Verbrauchs lässt sich die Knappheit nämlich nur überbrücken, wenn es im Mai wieder (wie eigentlich üblich) zu regnen beginnt. Aber das kann heute noch niemand vorhersagen. Schon jetzt wirkt sich die Krise massiv auf den Alltag der Kapstädter aus. Duschwasser wird noch einmal für die Waschmaschine und dann die Toilette verwendet. Der persönliche Verbrauch ist zum Gesprächsthema Nummer eins geworden. Auf einer Online-Karte kann man kontrollieren, wie viel Wasser die Nachbarn verbrauchen.

Ein neues Symbolbild für den Klimawandel

Reiche Eigenheimbesitzer ließen sich in den vergangenen Monaten vielfach Bohrlöcher am eigenen Grundstück graben, um sich selbst mit Wasser versorgen zu können. Die Warteliste für Grabungsarbeiten ist mittlerweile über ein Jahr lang. Andere versuchen, sich mit hunderten Wasserflaschen einzudecken. In vielen Supermärkten wurde mittlerweile ein Absatzlimit eingeführt. Sogar Luftentfeuchter, die "der Luft das Wasser entziehen" sollen, sind flächendeckend ausverkauft. Die Bilder, die im Fall des "Day Zero" aus Kapstadt um die Welt gehen würden, wären ein neues, drastisches Zeichen des Klimawandels mit großem Symbolcharakter. Noch nie war das Leben einer so großen Stadt derart intensiv von einer direkten Auswirkung der Klima-Veränderungen betroffen. Und Kapstadt könnte aufgrund seiner besonderen Gefährdung nur das erste von viele Opferns sein.