Lebt die Menschheit in
Zukunft auf dem Meer?

Non-Profit-Organisation sieht in "schwimmenden Städten" die Lösung vieler Probleme

Während Elon Musk den Mars kolonisieren will, setzt ein anderer erfindungsreicher Milliardär auf die hohe See: Das von Peter Thiel mitbegründete Seasteading Institute will schwimmende Städte errichten, in denen Menschen von traditionellen Staaten unabhängig leben können.

von Vision - Lebt die Menschheit in
Zukunft auf dem Meer? © Bild: Seasteading Institute

Eine ökologischere Lebensweise, größere Freiheit für Innovationen in Wissenschaft, Technologie und Politik und eine Lösung für das Problem der weltweiten Überbevölkerung: Die Anhänger der "Seasteading"-Bewegung versprechen sich von ihrer Idee vieles. Ihr Grundgedanke: Über zwei Drittel der Erdoberfläche sind Ozeane. Bevor man darüber nachdenke, den Mond oder den Mars zu besiedeln, sollten Menschen erst einmal diese gigantische Flächen viel stärker für sich nutzen. Das Seasteading Institute will auf den Weltmeeren daher tausende sich selbst erhaltende schwimmende Städte schaffen, in denen es alles gibt, was man zum Leben braucht.

Neue Staats- und Gesellschaftsmodelle ausprobieren

Mit diesem Plan sind sie vor allem im Silicon Valley immer wieder auf offene Ohren gestoßen. Der größte Geldgeber des utopischen Projekts ist der Milliardär Peter Thiel, der einst zusammen mit Elon Musk Paypal gründete. Hinter der Idee stecken durchaus auch sehr politische Überlegungen. Die Seasteading-Fans betrachten klassische Staaten und Regierungen als festgefahren, ineffizient, innovationsfeindlich. In internationalen Gewässern – auf die also kein Staat einen Anspruch erhebt – wollen sie neue Nationen entstehen lassen, die besser funktionieren. Den Menschen soll es dort möglich sein, alle möglichen Gesellschafts- und Staatsformen "auszuprobieren".

© Seastead Institute

Entsprechend sollen auch nicht alle Meeresstädte nach demselben Modell organisiert sein und schon gar nicht unter der Verwaltung des Instituts stehen. Und anders als in Staaten sollte auch niemand gegen seinen Willen an eine bestimmte Gemeinschaft gebunden sein. Sein schwimmendes Haus kann man dann einfach von einer bestimmten Stadt abkoppeln und sich einer anderen anschließen. Dieser ständige Konkurrenzdruck werde dafür sorgen, dass hohe Lebensqualität geboten wird, glauben die Seasteader. Als Nahrungsmittelquelle werden riesige Algenfarmen unter Wasser dienen. Algen seien nicht nur gesund, sondern würden auch viel besser schmecken, als den meisten Leuten klar ist, heißt es von den Visionären.

Pilotprojekt vor der Küste von Tahiti

Das Wasser soll natürlich ebenso aus dem Meer kommen und durch Entsalzungsanlagen zu Frischwasser aufbereitet werden. Energie soll über das sogenannte OTEC-System erzeugt werden. Eine sehr tief in den Ozean reichende Röhre soll die enormen Temperaturunterschiede zwischen der Meeresoberfläche und den Tiefen nutzen, um damit eine Turbine anzutreiben. Laut Joe Quirk, Präsident des Seastead Institute, werde damit "der Ozean als Solarpanel" genutzt. Derzeit arbeitet die Organisation an einem Pilotprojekt vor der Küste von Tahiti. In einer Lagune sollen schwimmende Plattformen entstehen, auf denen bis zu dreistöckige Gebäude errichtet werden können. In der Pilotstadt, deren Bau noch heuer beginnen soll, könnten dann 200 bis 300 Menschen leben.