Tödliche Polizeigewalt gegen Afroamerikaner

Die Liste offenbar rassistisch motivierter Polizeigewalt ist lang

Wieder ist eine afroamerikanische Person von US-Polizisten erschossen worden. Diesmal eine schwangere Frau. Charleena Lyles. Die Diskussion über Polizeigewalt gegen Schwarze wurde dadurch erneut angefacht. Und das nicht ohne Grund. Denn die Vergangenheit zeigt: Die Liste der durch weiße Polizisten erschossenen Schwarzen ist lang. Die der verurteilten Polizisten hingegen kurz. Eine Chronologie offenbar rassistisch motivierter Polizeigewalt in den USA.

von USA - Tödliche Polizeigewalt gegen Afroamerikaner © Bild: AFP or licensors

Ausgelöst durch den Tod des unbewaffneten schwarzen Teenagers Michael Brown, zeichnet die Washington Post seit 2015 alle Todesfälle auf, die im Zusammenhang mit Polizeigewalt stehen. Dabei wurden nicht nur Polizeiberichte und Gerichtsakte, sondern auch Nachrichtenmeldungen und Beiträge in soziale Medien analysiert. Die Ergebnisse sind auch 2017 noch schockierend: Seit Anfang des Jahres wurden in den USA 452 Personen von Polizisten getötet. Zum Vergleich: In Österreich kommt es durchschnittlich drei bis acht Mal pro Jahr zu Schussabgaben von Polizisten auf Personen.

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Schwarze trifft es besonders oft

Besonders häufig sind in den USA aber Schwarze von tödlicher Polizeigewalt betroffen. 112 der 452 Todesopfer waren schwarz. 206 weiß. Auf den ersten Blick wurden zwar nicht mehr Schwarze als Weiße erschossen, bei einem Bevölkerungsanteil von 13 Prozent ist der Anteil der Schwarzen dennoch deutlich überproportional. Die größte Minderheit in den USA sind mit 16 Prozent die „Hispanics“. Von dieser Bevölkerungsgruppe wurde 2017 „nur“ 82 Personen erschossen. Um 30 weniger als Schwarze.

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Die Statistik der Washington Post besagt außerdem, dass die Todesopfer fast immer männlich und unter 30 sind. Lediglich die Hälfte von ihnen war bewaffnet und nur ein Drittel versuchte vor der Polizei zu fliehen, bevor sie getötet wurden.

Chronologie der Todesfälle:

Juni 2017: Zwei Polizisten wurden von der afroamerikanischen Charleena Lyles wegen eines Einbruchs alarmiert. Vor Ort treffen sie die Frau mit einem Messer bewaffnet an. Die 30-Jährige, die im dritten Monat schwanger war und unter psychischen Problemen litt, wurde von den Beamten erschossen. Angehörige der Getöteten äußern sich bestürzt. Die "Seattle Times" zitiert die Schwester des Opfers mit der Frage, warum die Polizisten keine nicht-tödlichen Waffen wie etwa einen Taser eingesetzt hätten. Sie hätten sie auch so überwältigen können, sagte die Schwester. Den Behörden zufolge waren die beiden Polizisten entsprechend ausgerüstet. Gegen die Beamten laufen Ermittlungen, sie wurden vorübergehend vom Dienst suspendiert.

Juli 2016: In Minnesota stirbt der 32-jährige Philando Castile durch die Schüsse eines Polizisten, nachdem er und seine Freundin wegen eines defekten Rücklichts angehalten wurden. Den Angaben seiner Freundin zufolge hätten die Polizisten ohne ersichtlichen Grund mehrere Schüsse abgefeuert, nachdem er ihnen mitteilte, dass er eine Pistole dabei hat, für die er jedoch eine Lizenz besitzt.

Nur einen Tag zuvor hatten zwei Beamte in Lousiana den 37-jährigen Alton Sterling auf einem Parkplatz zu Boden gezwungen und ihn aus nächster Nähe erschossen. Dass „Black Lives Matter“, zu Deutsch: „Schwarze Leben zählen“, finden auch Hilary Cliton und Barack Obama. Sie fordern Reformen.

Juli 2015: Bei einer Verkehrskontrolle schießt ein Polizist den 43-jährigen Samuel Dubose in den Kopf. Sein Auto hatte vorne kein Nummernschild, eine Diskussion entfacht und die Situation eskaliert.

April 2015: Wieder Verkehrskontrolle. Diesmal handelt es sich jedoch um ein defektes Bremslicht. Der 50-jährige Familienvater Walter Scott gerät mit dem Polizisten in einen Konflikt. Als Scott zu fliehen versucht, schießt ihm der Polizist mehrmals in den Rücken. Vor Gericht erklärt der Beamte, dass Scott versucht habe ihn zu überwältigen. Ein später aufgetauchtes Video bringt allerdings die Wahrheit ans Licht. Ebenfalls im April 2015 wird der 25-jährige Freddie Gray festgenommen, weil er ein verbotenes Messer bei sich hat. Eine Woche später stirbt er an den Folgen einer gebrochen Wirbelsäule. Der Afroamerikaner soll in Polizeigewahrsam misshandelt worden sein.

Februar 2015: Weil er angeblich Steine auf einen Streifenwagen warf, schießen die Beamten auf Antonio Zambrano Montes. Zwölf Mal.

Dezember 2014: Der vierfache Familienvater, Rumain Brisbon, wird nach einer Polizeikontrolle erschossen. Der Grund: Als er aufgefordert wird, seine Arme zu heben, greift er sich stattdessen auf den Gürtel. Die Polizisten vermuten eine Waffe und feuern zwei Schüsse ab.

November 2014: Der 12-jährige Junge Tamir Rice „feuert“ mit einer Spielzeugwaffe auf Passanten. Ein Anwohner alarmiert die Polizei, gibt jedoch an, dass es sich bei der Waffe in den Händen des Kindes vermeintlich um eine unechte handelt. Informationen, die nicht zum zuständigen Polizisten durchdringen. Denn nach seiner Ankunft schießt er binnen Sekunden auf den Jungen.

August 2014: Der unbewaffnete schwarze Teenager Michael Brown wird in St. Louis von einem Polizisten erschossen. Zwölf Schüsse. Sechs Kugeln treffen. Der Vorfall löst schwere Unruhen und Proteste aus. Nach einem Bericht des Justizministeriums über weit verbreiteten Rassismus bei der örtlichen Polizei tritt der Polizeichef Ferguson zurück.