Aus für katalanisches "Abspaltungsgesetz"

Sollte die Übergangsperiode nach einer Unabhängigkeitserklärung in Katalonien regeln

Die Polizei soll das von der Justiz untersagte Referendum verhindern. Doch Hunderttausende beharren auf dem Recht auf Selbstbestimmung.

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Spanien - Aus für katalanisches "Abspaltungsgesetz"

Der Konflikt um die Abspaltung Kataloniens von Spanien spitzt sich zu. Knapp drei Wochen vor dem von der Regionalregierung in Barcelona angesetzten Unabhängigkeitsreferendum wies die Staatsanwaltschaft die paramilitärische Zivilgarde und auch die katalanische Polizei an, die vom Verfassungsgericht untersagte Volksbefragung zu verhindern.

Polizei soll Urnen beschlagnahmen

Die Beamten sollen danach notfalls am 1. Oktober auch Urnen und Wahlmaterial beschlagnahmen. Das Verfassungsgericht in Madrid hatte das vom Parlament in Barcelona verabschiedete "Referendumsgesetz", das als rechtliche Grundlage für die Abstimmung dienen sollte, schon am vergangenen Donnerstag gekippt. Am Dienstag setzten die Richter nun auch ein sogenanntes Abspaltungsgesetz vorläufig außer Kraft. Das Gesetz sollte die Übergangsperiode in Katalonien nach einer Unabhängigkeitserklärung regeln. Es sah unter anderem die Ausarbeitung einer Verfassung und Parlamentswahlen innerhalb eines Jahres sowie die Aneignung von Besitz des spanischen Staates in Katalonien vor.

"Dem katalanischen Parlament gehorchen"

Die Separatisten um den katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont wurden nach eigenen Angaben am Dienstag über die Einleitung von Verfahren wegen Amtsmissbrauchs, Ungehorsams und Veruntreuung öffentlicher Gelder informiert. Das Referendum werde ungeachtet aller negativen Justizurteile stattfinden, sagte Regierungssprecher Jordi Turull. Man werde "dem katalanischen Parlament gehorchen", nicht den Gerichten. In den Chef der Regionalpolizei, Josep Lluis Trapero, habe man "volles Vertrauen".

In Spanien wächst die Sorge vor einer Zunahme der sozialen Spannungen in der wirtschaftsstärksten Region des Landes. In Barcelona demonstrierten am Montagabend Hunderttausende Befürworter der Unabhängigkeit. Die dort erscheinende liberale Zeitung "La Vanguardia" forderte, alle Parteien müssten "das friedliche Zusammenleben bewahren".

»Einige sind daran interessiert, ein Kriegsklima zu schaffen und Konflikt und Aggressivität zu schüren«

Der Madrider Justizminister Rafael Catala räumte am Dienstag ein, am 1. Oktober könne es zu "Auseinandersetzungen" auf den Straßen kommen. "Einige sind daran interessiert, ein Kriegsklima zu schaffen und Konflikt und Aggressivität zu schüren", sagte er.

Zur Frage, ob Artikel 155 der Verfassung Anwendung finden könnte, der es der Zentralregierung erlaubt, in einer Region einzugreifen, wenn deren Regierung gegen Bestimmungen des Grundgesetzes verstößt, meinte Catala: "Das ist ein Instrument, auf das man unter gewissen Umständen zurückgreifen kann." Madrid wirft der Regionalregierung in Barcelona vor, "wie ein autokratisches Regime" zu handeln.

Eine Million Demonstranten

Die Zahl der Demonstranten vom Montag wurde von der Polizei auf eine Million geschätzt. Zu den aktiven Unterstützern gehören Katalanen wie Fußballstar Gerard Pique und der Ex-Bayern-Trainer Josep Guardiola.

Ministerpräsident Mariano Rajoy betonte mehrfach, er werde eine Abspaltung Kataloniens unter keinen Umständen zulassen. In Umfragen schwankt der Anteil der Befürworter einer Loslösung von Spanien in Katalonien ungefähr zwischen 40 und 50 Prozent.

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