Peter Seisenbacher
in Kiew verhaftet

In seiner Wohnung in der ukrainischen Hauptstadt

Judo-Doppel-Olympiasieger Peter Seisenbacher, dem mehrfacher sexueller Missbrauch Unmündiger vorgeworfen wird, ist in Kiew verhaftet worden. Er wurde Dienstagmittag von der ukrainischen Polizei in seiner Wohnung in Kiew gestellt. Dem waren monatelange Ermittlungen der Zielfahnder des Bundeskriminalamtes (BK) vorangegangen.

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Missbrauch - Peter Seisenbacher
in Kiew verhaftet

Seisenbacher war am 19. Dezember unentschuldigt nicht zu seiner Verhandlung im Wiener Landesgericht erschienen, wo er sich vor einem Schöffensenat verantworten hätte müssen. Über Antrag der Staatsanwaltschaft war schon wenige Stunden nach dem geplatzten Prozess eine Festnahmeanordnung aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr ergangen. In Verbindung damit wurde ein Haftbefehl erlassen.

Erfolgreiche Zielfahndung

Maßgeblich für die Festnahme des seit über sieben Monaten von der Wiener Justiz gesuchten Ex-Judokas Peter Seisenbacher waren Zielfahnder des Bundeskriminalamts (BK) und zwei Verbindungsbeamte des Innenministeriums in Tiflis und Kiew. In Kooperation mit den georgischen und ukrainischen Sicherheitsbehörden konnte der untergetauchte Judo-Doppelolympiasieger letztlich aufgespürt werden.

Vor allem der für Kiew abgestellte Verbindungsbeamte - er war zusätzlich für Warschau zuständig - war für den Fahndungserfolg bedeutsam, so Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums. Er habe entscheidend zum Ermittlungserfolg beigetragen. Das Innenministerium setzt derzeit 21 Verbindungsbeamte in 29 verschiedenen Destinationen ein, die bei den jeweiligen örtlichen Behörden österreichische Interessen "abbilden" sollen, erläuterte Grundböck: "Diese Beamten sind nicht operativ tätig. Sie sind bei den jeweiligen Botschaften akkreditiert und haben den Status eines Diplomaten."

Auslieferungsantrag bereits gestellt

Die erforderlichen Anträge auf Auslieferung des 57-Jährigen an Österreich wurden bereits an die ukrainischen Behörden gestellt, berichtete Christina Salzborn, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien. Ein neuer Termin für die Hauptverhandlung gegen Seisenbacher wird nach der tatsächlichen Auslieferung festgesetzt.

Salzborn hob die gute Zusammenarbeit zwischen den österreichischen Justiz- und Polizeibehörden mit der Ukraine und Georgien hervor. Eine wichtige Rolle bei der Festnahme Seisenbachers hätten die in Kiew und Tiflis (Georgien) stationierten österreichischen Verbindungsbeamten gespielt. Diese koordinierten zwischen dem Bundeskriminalamt, den örtlichen Behörden und dem Landesgericht für Strafsachen.

Vorwurf: Missbrauch unmündiger Mädchen

Seisenbacher hatte 1984 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles Gold geholt und seinen Titel 1988 in Seoul verteidigt. Nach dem Ende seiner aktiven Karriere als Trainer soll er, so die Vorwurfe der Staatsanwaltschaft, in seinem Wiener Judo-Verein zwischen 1997 und 2004 zwei im Tatzeitraum jeweils unmündige Mädchen missbraucht haben.

Eine weitere Jugendliche wehrte ihn laut Anklage ab, als er zudringlich wurde - die Staatsanwaltschaft hat dieses Faktum als versuchten Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses angeklagt. Die Strafdrohung beträgt ein bis zehn Jahre Haft. Seisenbacher hat sich zu den Anschuldigungen bisher nicht öffentlich geäußert hat. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Zum ersten Hauptverhandlungstermin im Dezember 2016 war der Angeklagte unentschuldigt nicht erschienen, "weshalb noch am selben Tag eine Festnahmeanordung erlassen und weltweit intensive Fahndungsmaßnahmen veranlasst wurden", so Gerichtssprecherin Christina Salzborn.

Seisenbacher von Festnahme völlig überrascht

Für Peter Seisenbacher haben am Dienstag um 12.30 Uhr in einer Wohnung in Kiew die Handschellen geklickt. Beamte der ukrainischen Kriminalpolizei vollzogen einen im vergangenen Dezember von der Wiener Justiz erlassenen internationalen Haftbefehl. Der 57-Jährige reagierte auf seine Festnahme völlig überrascht und leistete keinen Widerstand.

Auf die Spur des untergetauchten Ex-Judokas war man nach umfangreichen Telefonüberwachungen und Observationen durch Kontaktbeamte des Bundeskriminalamts in der Ukraine gekommen. Seisenbacher wechselte zwar regelmäßig seine Handys, kontaktierte aber immer wieder dieselben Personen, darunter auch seine in Wien wohnhafte Mutter.

Vor seinem für Mitte Dezember 2016 geplanten Prozess - er soll als Trainer eines Wiener Judovereins mehrere ihm anvertraute Mädchen missbraucht haben - dürfte sich Seisenbacher schon länger nicht mehr in Aserbaidschan aufgehalten haben, wo er zuletzt als Trainer der Judo-Nationalmannschaft fungiert hatte. Fest steht, dass er am 14. Dezember einen Flieger von Georgien in die Ukraine genommen hatte und dort in weiterer Folge in Kiew eine Wohnung bezog. An seiner Seite soll sich in den Monaten seit seinem Verschwinden eine Frau befunden haben.

"Vor ein paar Wochen sind konkrete Hinweise auf seinen Aufenthaltsort eingegangen", präzisierte Christina Salzborn, die Sprecherin des Wiener Landesgerichts für Strafsachen, Dienstagabend im Gespräch mit der APA den Verlauf der Ermittlungen.

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