Mann nach Mord und versuchtem Mord gefasst

33-Jähriger verletzte Betreuer lebensgefährlich mit Messer und erstach auf Flucht einen Autofahrer

Im oberösterreichisch-tschechischen Grenzgebiet ist es Montagnachmittag laut Polizei zu einem Mord und einem versuchten Mord gekommen. Ein 33-jähriger Afghane soll in einer Asylwerberunterkunft in Wullowitz (Bezirk Freistadt) einen Betreuer mit einem Messer lebensgefährlich verletzt und auf der Flucht einen Autobesitzer erstochen haben. Am späten Montagabend wurde er im Großraum Linz geschnappt. Das Asylheim wird geschlossen.

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Oberösterreich - Mann nach Mord und versuchtem Mord gefasst

Der Verdächtige ist in Polizeigewahrsam genommen worden und soll laut Polizeisprecher David Furtner voraussichtlich erst am Dienstag einvernommen werden. Details zur Festnahme gab er noch nicht bekannt, man sei jetzt erst einmal froh, den Verdächtigen geschnappt zu haben, so dass die "Bevölkerung beruhigt schlafen gehen" könne.

Betreuer in akuter Lebensgefahr

Nach der Messerattacke schwebte der 32-jährige Flüchtlingsbetreuer Dienstagmorgen in "akuter Lebensgefahr". Als Motiv des mutmaßlichen Täters, ein 33-jähriger Asylwerber, hat die Polizei "Differenzen bei der Vermittlung eines Arbeitsplatzes" mit dem Opfer angegeben.

Mann stach nach Streit zu

Gegen 14.30 Uhr kam der Afghane, der mit seiner Lebensgefährtin und zwei Kindern in einer privaten Wohnung lebt, mit dem Fahrrad in die Asylunterkunft in Wullowitz. Dort geriet er mit einem Betreuer wegen eines Jobs in Streit. Laut Zeugen versuchte der 33-Jährige daraufhin dem 32-Jährigen die Kehle durchzuschneiden. Andere Asylwerber zerrten ihn vorerst von seinem Opfer weg. Der Angreifer konnte sich jedoch losreißen und stach dem Betreuer in die Brust. Anschließend flüchtete er mit einem gestohlenen Fahrrad. Von den zu Hilfe eilenden Asylwerbern wurden ebenfalls mindestens zwei Personen verletzt. Der Betreuer wurde mit schwersten Verletzungen in die Linzer Uniklinik geflogen und dort notoperiert. Laut Auskunft des Klinikums bestand Dienstagfrüh "akute Lebensgefahr". Drei Asylwerber wurden beim Verteidigungsversuch leicht verletzt.

Landwirt bei Flucht getötet

Zwei Stunden nach der Attacke fanden Polizisten in einer geöffneten Garage eines Bauernhofs unweit des Tatortes die Leiche eines 63-jährigen Mannes. Er war mit einem Messerstich in die Brust getötet worden, so die Polizei. Wie sich herausstellte, fehlte das Auto des Landwirts. Beim Haus wurde ein Fahrrad mit Blutspuren gefunden. Daher gingen die Beamten davon aus, dass der Verdächtige mit dem Pkw seine Flucht fortgesetzt hatte. Nach stundenlanger Fahndung wurde der Afghane schließlich in dem Auto im Stadtgebiet von Linz gesichtet und um 21.42 Uhr festgenommen. Er wurde in das Polizeianhaltezentrum Linz eingeliefert und soll am Dienstag einvernommen werden. Bei einer ersten kurzen Befragung unmittelbar nach der Verhaftung habe er sich zu den Vorwürfen nicht geäußert, vermeldete ein Polizeisprecher.

Verdächtiger wehrte sich bei Festnahme

Der 33-jährige Tatverdächtige hat sich in Linz bei seiner Festnahme zunächst "entsprechend gewehrt". Das sagte Landespolizeidirektor Andreas Pilsl bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Den Angaben zufolge war der Mann vor der Tat schon zweimal angezeigt worden.

Asylantrag abgewiesen

Der Verdächtige war am 11. Juli 2015 "schlepperunterstützt nach Österreich eingereist und hat noch am selben Tag Asylantrag gestellt", berichtete Pilsl. Nachdem dieser abgewiesen wurde, legte der Afghane Beschwerde ein. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Mann fiel wegen Kleindelikten auf

Der Mann fiel in der Vergangenheit polizeilich auf, weil er einmal auffällig aus dem Koran gelesen hat. Er gilt als streng gläubig, aber nicht als radikalisiert, sagte Pilsl. Zweimal wurde der Afghane angezeigt: Einmal nach einer Rauferei in einer Volkshochschule. Bei dem Streit um Trinken von Alkohol wurde der Mann selbst verletzt, die Angelegenheit mit einer Diversion erledigt, berichtete Philip Christl. Die zweite Anzeige erfolgte nach einer Sachbeschädigung in einer Fahrschule in Freistadt, nachdem der 33-Jährige bei der Prüfung durchgefallen war.

Heim wird geschlossen

Der Bürgermeister Hubert Koller (ÖVP) hat nach der Tat die Schließung der Unterkunft gefordert - und auch durchgesetzt. Darin sehe er die einzige Möglichkeit, dass in dem Ortsteil von Leopoldschlag wieder "Ruhe einkehrt und die Sicherheit hergestellt" werde, sagte er im Gespräch mit der APA. Das Rote Kreuz bestätigte die Schließung. Die verbleibenden 20 Asylwerber sollten ursprünglich im ersten Quartal 2020 in andere Quartiere umgesiedelt werden. Dies werde nun vorgezogen und bereits in der kommenden Woche erfolgen, so das Rote Kreuz in einer Aussendung.

In dem Heim waren bislang 20 Flüchtlinge untergebracht, in dem Ortsteil leben 60 Einwohner, schilderte der Bürgermeister. Das Haus direkt an der tschechischen Grenze hielt er auch deshalb nicht für ideal, da es nur eine schlechte Anbindung an den öffentlichen Verkehr gebe. An Wochenenden gebe es überhaupt keine Busverbindung.

Landessicherheitsrat wird einberufen

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) hat inzwischen noch für diese Woche die Einberufung des Landessicherheitsrats angekündigt. Sein blauer Stellvertreter Manfred Haimbuchner hatte dies bereits Montagabend gefordert. Beide wünschten am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz dem Betreuer, der in akuter Lebensgefahr schwebt, beste Genesung. Den Hinterbliebenen jenes 63-jährigen Landwirts, den der 33-jährige Asylwerber auf der Flucht mit einem Messer erstochen haben soll, sprachen sie ihr Mitleid aus. Die Polizei lobten die Politiker wegen des raschen Fahndungserfolg.

Stelzer-Appell: "Flüchtlinge nicht pauschal verdächtigen"

Gleichzeitig meinte Stelzer, er sei auch "zornig und erschüttert, weil ein Mann, dem unser Land Schutz und Sicherheit bietet, so etwas Bestialisches verbrochen haben soll". Im Zuge des Asylverfahrens gegen den verdächtigen Afghanen erhoffe sich Stelzer die "zweitinstanzliche Entscheidung beim Bundesverwaltungsgericht aufgrund von 'Gefahr im Verzug' vorzuziehen". Dennoch appellierte an "uns als Gesellschaft, Flüchtlinge nicht pauschal und undifferenziert zu verdächtigen oder gar zu verurteilen". Haimbuchner wünschte sich, dass "die seit Jahren stattfindenden Messerattacken und die Gewalt gegenüber der heimischen Bevölkerung ein Ende finden muss".

SPÖ-Landesgeschäftsführer Georg Brockmeyer zeige sich ebenfalls tief betroffen über die Tat. "Wir sind erleichtert, dass der Täter gefasst wurde. Der Dank dafür gebührt der Polizei", meinte er in einer Presseaussendung.