So viel kostet uns das
"freie Spiel der Kräfte"

Im Nationalrat hat fünf Tage vor der Wahl noch ein letztes Mal das "freie Spiel der Kräfte" regiert. Hohe Kosten im Budget verursachen die Mittwoch erwarteten Beschlüsse aber nicht mehr. Die Forderung nach einer "Schuldenbremse" und der Absicherung des Bargelds in der Verfassung haben eher symbolischen Charakter. Die zusätzlichen Ökostromförderungen werden direkt von den Stromkunden bezahlt. Unterm Strich bleibt dennoch einiges hängen.

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Nationalrat - So viel kostet uns das
"freie Spiel der Kräfte"

Weil das "freie Spiel der Kräfte" diesmal bereits vor der Sommerpause des Nationalrats begonnen hat, summieren sich die seither gefassten Beschlüsse im Jahr 2021 aber auf zumindest 1,5 Mrd. Euro. Schwer ins Gewicht fallen insbesondere die vorige Woche von ÖVP, FPÖ und teilweise auch den NEOS beschlossene Steuerreform mit Kosten von 631 Mio. Euro im Jahr 2021 und die außertourliche Erhöhung kleinerer Pensionen, die zusätzlich zur "regulären" Inflationsabgeltung weitere 400 Mio. Euro kostet.

Kosten der Pensionsreform noch nicht klar

Wie viel die vorige Woche ebenfalls beschlossene Pensionsreform kosten wird, ist noch nicht ganz klar. Die Abschaffung der einjährigen Wartefrist auf die erste Pensionserhöhung wird nach Informationen aus den Parlamentsklubs auf 30 Mio. Euro geschätzt, die Begünstigung von Nachtschwerarbeit auf 10 Mio. Euro. Bei der Hacklerregelung Neu werden es laut PVA zumindest 70 Mio. Euro jährlich für Arbeitnehmer und Selbstständige sein. Das Finanzministerium rechnete ursprünglich aber mit deutlich höheren Kosten.

Vergleichsweise günstig kommen dem Bund dagegen die am Mittwoch erwarteten Beschlüsse. Zwar werden durch das neue Ökostromgesetz in den kommenden Jahren 550 Mio. Euro mehr in erneuerbare Energien fließen. Dieses Geld kommt nach Angaben des Umweltministeriums aber nicht aus dem Budget, sondern direkt von den Stromkunden über eine höhere Ökostromabgabe. Ohnehin eher symbolischen Charakter haben die Verankerung des Bargeldes und der "Schuldenbremse" in der Verfassung. Letztere wird zudem voraussichtlich im Bundesrat scheitern, weil die SPÖ dagegen stimmt und daher in der Länderkammer die nötige Zweidrittelmehrheit fehlt. Und für die strengeren Strafen im Gewaltschutzpaket veranschlagt das Justizministerium 19.000 Euro Mehrkosten.

Außerordentlich langes Spiel

Bereits vor der Sommerpause haben die Abgeordneten außerdem die Fortsetzung des Ausbaus der Ganztagsschulen beschlossen: einstimmig um in Summe 750 Mio. Euro bis 2033. Ebenfalls einstimmig umgesetzt wurde die Valorisierung des Pflegegeldes (110 Mio. Euro Kosten 2021) und die volle Anrechnung von Karenzzeiten bei Gehaltsvorrückungen. Umstritten war die von SPÖ, FPÖ und JETZT verfügte Deckelung großer Parteispenden (7.500 Euro pro Spende und 750.000 Euro pro Partei). Und die Einführung des Rauchverbots in der Gastronomie ab November wurde gegen die Stimmen der FPÖ beschlossen.

Während das "freie Spiel der Kräfte" ansonsten nur kurz vor dem Wahltermin regiert, zogen sich die Beschlüsse mit wechselnden Mehrheiten diesmal über mehrere Monate. Denn anders als sonst üblich machte die türkis-blaue Regierung nach ihrer Aufkündigung durch Kanzler Sebastian Kurz nicht bis zum Wahltermin weiter. Stattdessen zog die FPÖ ihre Minister ab. Kurz wollte zwar mit einer ÖVP-Minderheitsregierung weiter machen, wurde aber per Misstrauensantrag von SPÖ, FPÖ und JETZT aus dem Amt gehoben.