Kennedy-Geheimakten werden veröffentlicht: Was noch unklar ist

Heute müssen alle Dokumente zum Anschlag auf John F. Kennedy veröffentlicht werden

54 Jahre nach der Ermordung von US-Präsident John F. Kennedy in Dallas ranken sich nach wie vor viele Verschwörungstheorien um den Anschlag. Aufgrund eines Gesetzes müssen heute, 25 Jahre nach deren Archivierung, auch die bisher als "geheim" eingestuften Akten zum Fall Kennedy veröffentlicht werden. Welche offenen Fragen sie beantworten könnten.

von
JFK-Anschlag - Kennedy-Geheimakten werden veröffentlicht: Was noch unklar ist

Kaum ein Kriminalfall der Weltgeschichte wurde intensiver aufgearbeitet als die Ermordung von John F. Kennedy. Der US-Präsident wurde am 22. November 1963 erschossen, als er in einer offenen Limousine durch Dallas fuhr. Parallel zu mehreren offiziellen Untersuchungen und ihren Ergebnissen wurde es seither zu einer Art amerikanischen Volkssport, das Rätsel mit alternativen Theorien selbst lösen zu wollen. Tausende Bücher zum Kennedy-Anschlag sind erschienen, hunderte Dokumentationen gedreht worden. Insbesondere Verschwörungstheoretiker griffen die Ereignisse begierig auf. Umfragen zeigen, dass viele Amerikaner von der offiziellen Darstellung nicht überzeugt sind.

Zehntausende Seiten waren bisher noch geheim

Sie alle hoffen, ab heute deutlich mehr über die "wahren Hintergründe" des Anschlags erfahren und die Tat endlich wirklich aufklären zu können. Aufgrund eines 1992 beschlossenen Gesetzes muss die Regierung bis heute nämlich sämtliche Kennedy-Akten veröffentlichen. Damals wurden alle mit der Ermordung in Zusammenhang stehenden Dokumente (rund fünf Millionen Seiten) an das Nationalarchiv übergeben. 88 Prozent wurden sofort zur Gänze öffentlich gemacht, bei 11 Prozent wurden "sensible Stellen" entfernt und etwa ein Prozent blieb ganz im Dunkeln. Auch diese zehntausenden Seiten müssen allerdings innerhalb von 25 Jahren veröffentlicht werden, wurde damals festgelegt. Die Frist läuft heute ab. Etwas anderes anordnen kann nur der Präsident. Donald Trump hat aber bereits angekündigt, die Veröffentlichung nicht zu blockieren.

Was also war für die US-Regierung sensibel genug, um es so lange geheimzuhalten? Die offizielle Version des Geschehens ist folgende: Der Kommunist Lee Harvey Oswald erschoss den Präsidenten vom sechsten Stock des nahegelegenen Schulbuchlagers aus. Er war ein Einzeltäter und nicht Teil einer in- oder ausländischen Verschwörung. Innerhalb einer Stunde nach dem Anschlag tötete er auch noch den Polizisten JD Tippit, kurz darauf wurde er verhaftet. Zwei Tage später wurde Oswald auf der Polizeistation von Dallas vom Nachtclubbesitzer Jack Ruby erschossen. So steht es im Bericht der von Kennedys Nachfolger Lyndon B. Johnson eingesetzten Warren-Kommission. Ein Panel von vier Ärzten 1968 und die Rockefeller-Kommission 1975 bestätigten diese Ergebnisse weitgehend.

Zweiter Schütze oder sowjetische Verschwörung?

Ein Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses 1979 schloss sich dem Warren-Bericht zwar ebenfalls großteils an, urteilte aber zugleich, es gäbe "eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass zwei Schützen auf Präsident Kennedy schossen". Der "zweite" oder überhaupt ein anderer Schütze ist eine der populärsten Alternativtheorien zur offiziellen Darstellung. Er soll von einem kleinen Grashügel nahe des Fahrzeugs, und damit von vorne, nicht wie Oswald von hinten, auf Kennedy geschossen haben. Argumentiert wird oft mit einem Video der Ermordung, das zeigt, wie Kennedys Kopf nach hinten gedrückt wird. Medizinische Modelle haben aber gezeigt, dass das nicht wirklich ungewöhnlich ist.

Noch heftiger bestritten werden die Ermittlungsergebnisse zu den Hintergründen der Tat. Dass Oswald ein bloßer Einzeltäter war, der ohne jede Unterstützung handelte, scheint vielen unwahrscheinlich. Er war Marxist und lebte von 1959 bis 1962 in der Sowjetunion, weil er selbst erklärte, die USA abzulehnen. Dort heiratete er auch die Nichte eines Oberst des KGB. Als er angeblich von der Sowjetunion enttäuscht war, kehrte er mit seiner Frau und einem Kind in die USA zurück. Zwei Monate vor dem Anschlag besuchte er allerdings noch einmal die sowjetische und kubanische Botschaft in Mexiko City. Was er dort gemacht hat, ist unklar. War Kennedys Ermordung eine von langer Hand geplante Operation des sowjetischen Geheimdienstes? Viele Kennedy-Forscher warnen jedoch vor zu hohen Erwartungen an die neuen Dokumente. Würde sich darin eine wirklich "Bombe" finden, wäre sie schon längst bekannt geworden.