Ermittlungen
gegen BVT

Das Justizministerium schaltet sich in die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Beamte des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung ein.

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Justizministerium überprüft - Ermittlungen
gegen BVT

Das Justizministerium schaltet sich in die Ermittlungen der WKStA gegen Beamte des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung ein. Generalsekretär Christian Pilnacek bestätigte Donnerstag die Überprüfung der Hausdurchsuchungen im Rahmen der Fachaufsicht. BVT-Chef Peter Gridling dürfte vor der Ablöse stehen, demnächst soll - zumindest interimistisch - ein neuer BVT-Chef verkündet werden.

»Die Situation wird von uns derzeit eingehend geprüft«

"Die Situation wird von uns derzeit eingehend geprüft", erklärte Pilnacek laut einer gemeinsamen Aussendung von "Profil" und "Standard". Es werde überprüft, ob die Ermittlungsmaßnahmen verhältnismäßig waren. Das Justizministerium übe seine Fachaufsicht über die WKStA - in Zusammenarbeit mit der Oberstaatsanwaltschaft - aus, erklärte er im ORF-"Abendjournal".

Vom Justizministerium untersucht wird laut "Standard" (Freitag-Ausgabe), warum die - vom FPÖ-Gewerkschafter und -Politiker Wolfgang Preiszler geleitete - Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität mit den Hausdurchsuchungen beauftragt waren. Schwerbewaffnete Beamte dieser Einsatzgruppe marschierten demnach am Mittwoch mit schusssicheren Westen im BVT ein und haben auch Privatwohnungen Beschuldigter durchsucht. Die finale Entscheidung dazu sei von dem - von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) installierten - Generalsekretär Peter Goldgruber gekommen. Auskunft darüber gaben dem "Standard" weder er noch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft - weil es sich um eine Verschlusssache handle.

Weiters prüfe das Justizministerium laut Pilnacek, dass von der Straßenkriminalitäts-Einsatzgruppe bei den Hausdurchsuchungen nicht nur Unterlagen der Beschuldigten mitgenommen wurden, sondern auch die Festplatte einer Referatsleiterin für Extremismus, Sibylle Geißler. Sie wird allerdings nur als Zeugin geführt wird. Auf ihrer Festplatte findet sich der gesamte Extremismus-Ermittlungsstand des BVT zurück bis ins Jahr 2006, darunter auch Erkenntnisse des Verfassungsschutzes zu Burschenschaftern und Identitären.

BVT-Chef Gridling auf Urlaub

BVT-Chef Gridling ist unterdessen laut "Standard" in Urlaub gegangen. Am 20. März läuft sein alter Vertrag aus - und an diesem Tag soll laut der Zeitung zumindest interimistisch ein neuer BVT-Chef verkündet werden. Gridlings Vertrag sei aber im Herbst de facto verlängert worden, denn er erhielt nicht die sechs Monate vor Funktionsende übliche Information über die Nichtverlängerung.

Am 20. März werden sich auch Parlamentarier mit der Causa beschäftigen - in der Sitzung des (vertraulich tagenden) ständigen Unterausschusses des Innenausschusses zur Kontrolle der Nachrichtendienste. Bis dahin soll der Bericht des Justizministeriums laut Pilnacek vorliegen.

Auf jeden Fall das Innenministerium verlassen wird ein langjähriger hochrangiger Mitarbeiter: Michael Kloibmüller wird auch seine Funktion als Leiter der Präsidialsektion zurücklegen und in die Privatwirtschaft wechseln. Laut Innenministerium tut er dies auf eigenen Wunsch, berichtete das ORF-"Abendjournal". Kloibmüller hatte seine Karriere im Kabinett von Ernst Strasser gestartet, war zwischenzeitlich auch im Gesundheitsministerium tätig - und wurde im Februar 2017 von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) zusätzlich zu seiner Funktion als Kabinettschef auch zum Leiter der Präsidialsektion bestellt. Dass er diese Doppelbelastung wieder aufgab, begründete er Oktober auch mit gesundheitlichen Gründen.

Goldgruber spricht von "Fake News"

Innenministeriums-Generalsekretär Peter Goldgruber nennt Medienberichte zur Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) "Fake News". Dass sich das Innenministerium "durch eine von einem FPÖ-Mitglied geführte Einheit Zugang zu Rechtsextremismus-Daten" verschaffen habe wollen, wies er als "medial konstruierte Geschichte" zurück.

Moser erwartet Bericht Anfang nächster Woche

Zu der umstrittenen Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) erwartet Justizminister Josef Moser (ÖVP) einen Bericht Anfang nächster Woche. Der Sachverhalt und die in der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Argumente und Umstände "machen es erforderlich, umgehend sich berichten zu lassen", sagte Moser am Freitag vor einem EU-Ministerrat in Brüssel.

Deshalb sei ein Berichtsauftrag an die Staatsanwaltschaft ergangen, nach allen Richtungen darzustellen, warum Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden und ob das Verhältnismäßigkeitsprinzip eingehalten worden sei. "Ich erwarte mir den Bericht Anfang nächster Woche", sagte Moser.

Der Justizminister will sich erst weiter zu dem Vorfall äußern, wenn Daten und Fakten vorliegen, und keine Vorverdächtigungen anstellen, wie er sagte. Er versicherte, "dass ich mit aller Akribie daran gehen werde, Transparenz in die Sache zu bringen, auch die Öffentlichkeit zu informieren." Die bekannt gewordenen Umstände würden eine "volle Aufklärung" erfordern. "Dafür wird das Justizministerium auch Sorge tragen."

Dass angeblich auch eine Festplatte einer Referatsleiterin mitgenommen wurde, auf der sich der Extremismus-Ermittlungsstand des BVT bis ins Jahr 2006 befindet, sei ein Umstand, wo man sich das Verhältnismäßigkeitsprinzip anschauen müsse, sagte Moser. "Das gehört aufgeklärt, ist absolut sensibel, und dafür werde ich sicherlich Sorge tragen."

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