Warum Japans Züge
niemals verspätet sind

Ein Bahnunternehmen entschuldigte sich, weil ein Zug 25 Sekunden zu früh abfuhr

Japans Probleme möchten wir haben, dachten sich da wohl viele: Ein Eisenbahnbetreiber entschuldigte sich dort nun offiziell dafür, dass ein Zug nicht pünktlich abfuhr – sondern 25 Sekunden zu früh. Die Züge des Landes sind weltweit bekannt dafür, dass es keine Verspätungen gibt.

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Pünktlich - Warum Japans Züge
niemals verspätet sind

Es geht bergab mit Japans für seine Pünktlichkeit weltweit bekanntem Bahnsystem: Nachdem bereits im November ein Zug 20 Sekunden zu früh die Station verließ, fuhr vergangenen Freitag ein anderer gleich 25 Sekunden zu früh ab. Grund für den Fehler ist menschliches Versagen. Ein Zugführer in der Stadt Notogawa dachte, sein Zug müsse um 7:11 Uhr abfahren, während eigentlich 7:12 Uhr vorgesehen war. Er bemerkte er den Fehler noch, nachdem er die Türen geschlossen hatte. Doch da er keine wartenden Passagiere mehr am Bahnsteig sah, fuhr er einfach los. Es folgte prompt eine öffentliche Entschuldigung des Bahnbetreibers.

Verspätungszertifikate für den Arbeitgeber

In den sozialen Medien außerhalb Japans sorgt die Meldung wieder einmal für Belustigung, aber auch eine Frage steht im Raum: Wie machen die Japaner das nur? Ihre öffentlichen Verkehrsmittel gelten als die pünktlichsten der Welt. Während auch Österreich ein im großen und ganzen zuverlässiges Bahnsystem hat – die ÖBB sagen, im Jahr 2017 waren rund 96 Prozent ihrer Züge pünktlich – sind für Pendler bei uns Verspätungen von fünf oder auch zehn Minuten nichts Außergewöhnliches. Japaner berichten hingegen teilweise, jahrelang keine einzige Verspätung erlebt zu haben. Auch die Definition von "pünktlich" unterscheidet sich: Für die ÖBB gelten Züge mit weniger als fünf Minuten Verspätung noch als pünktlich. In Japan wäre das bereits so etwas wie eine mittlere Katastrophe.

Bereits bei Verspätungen von wenigen Minuten stellen japanische Bahnbetreiber sogenannte Verspätungszertifikate aus, die man beim Arbeitgeber oder in der Schule vorweisen kann. Und die Fahrer entschuldigen sich stets persönlich für jede aufgetretene Verzögerung. Dabei waren Japans Züge nicht immer so pünktlich. Als in den 20er Jahren erstmals die Menschen in Scharen in die Vorstädte zogen, waren große Verspätungen noch die Regel. Doch gerade weil Japans Mega-Städte von ihren Öffis so abhängig sind – in Tokio gibt es pro Jahr 2,3 Milliarden Fahrgäste – begann man, hart an der Pünktlichkeit zu arbeiten.

Sogar die Kieselsteinchen müssen weg

Was hat sich geändert? Fahrer müssen heute anspruchsvolle Tests und ausgiebiges Simulatoren-Trainig meistern und sind extrem gut darin, auch ohne technische Hilfsmittel die Geschwindigkeit ihres Zuges und die vergangene Zeit einzuschätzen. Züge und Strecken werden bestens in Schuss gehalten und eigene Teams suchen die Strecken rund um die Uhr nach möglichen Schwachstellen ab. Dabei geht es den Japanern auch auf Details: Lose Kiesel werden etwa von den Schienen gebürstet, lockere Steine umgesetzt. Außerdem setzt man auch in großem Ausmaß auf computergesteuerte Abläufe, die Züge sind oft semiautomatisch unterwegs. So hat man es geschafft, Verspätungen praktisch zu eliminieren.