Metaller legen
heute Arbeit nieder

Gewerkschaften rufen 130.000 Mitarbeiter zu Warnstreiks auf Kollektivvertragsverhandlungen sind unterbrochen

In den laufenden Kollektivvertragsverhandlungen rufen die Gewerkschaften die 130.000 Mitarbeiter der Metallindustrie zu Warnstreiks auf. In den Betrieben wird es deshalb ab Montag österreichweit zu Arbeitsniederlegungen kommen. Firmen wie Andritz, Magna, Miba, Bosch oder Teile der voestalpine könnten betroffen sein.

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Vergangene Woche waren die KV-Verhandlungen nach fünf Runden unterbrochen worden. Die Gewerkschaften fordern, dass die Gehälter und Löhne heuer um fünf Prozent angehoben werden. Die Arbeitgeber bieten 2,7 Prozent an. Wann die Verhandlungen wieder aufgenommen werden, ist offen.

Während die Arbeitgeber die Streiks als "vorgeplant" bezeichnen, fühlen sich die Gewerkschafter nicht ernst genommen. Sie fordern ein Lohn-/Gehaltsplus von 5 Prozent. Die Arbeitgeber bieten nur knapp die Hälfte an. "Unser Vorschlag von 2,7 Prozent Lohn- und Gehaltserhöhungen deckt die Inflation der letzten zwölf Monate von rund 2 Prozent als auch den gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt von 0,7 Prozent praktisch zur Gänze ab", erklärte Fachverbandsobmann Christian Knill am Wochenende.

Rückendeckung sieht Knill durch den Lohnexperten des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo). "Gerecht wäre eine Abgeltung des Produktivitätsfortschritts und der Inflation", sagte Wifo-Ökonom Thomas Leoni in der "Wiener Zeitung" (Samstagsausgabe). Laut Wifo-Prognose liegt der Produktivitätszuwachs pro Stunde quer über alle Wirtschaftsbereiche hinweg 2018 bei 0,7 Prozent, die Inflation voraussichtlich bei 2,1 Prozent. Knill sieht sich durch das Wifo bestätigt, wie der Fachverband per Aussendung bekannt gab.

Regierung fordert "spürbaren" Lohnanstieg

Wifo-Chef Christoph Badelt erwartet hingegen "höhere Lohnerhöhungen" als früher, wie er Anfang Oktober sagte. Im Vorjahr betrug der KV-Abschluss 3 Prozent. Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny hatte die Forderung der Gewerkschaften nach 5 Prozent mehr Gehalt "als nicht besonders überschießend" klassifiziert. Auch von der ÖVP-FPÖ-Regierung gibt es den Appell an die Sozialpartner, einen "spürbaren" Lohnanstieg auszuverhandeln.

"Nicht politische Ersatzgefechte führen"

Montagmittag haben die ersten Warnstreiks bei den Metallern begonnen, nachdem die fünfte Runde der KV-Verhandlungen vorige Woche gescheitert war. Zeitgleich hat die Regierungsspitze an die Lohnverhandler appelliert, im Dialog zu bleiben. Streik sei zwar als letztes Mittel legitim, es gelte aber, aufeinander zuzugehen und "nicht politische Ersatzgefechte am Rücken von Arbeitnehmern und Betrieben zu führen", so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) in einem gemeinsamen schriftlichen Statement gegenüber der APA. Die beiden Politiker appellierten an die Sozialpartner nach den Worten Straches, "nicht den Weg des Widerstandes zu gehen, sondern den der Gemeinsamkeit und sich solange an einen Tisch zu setzen, bis es eine für beide Seiten zufriedenstellende Einigung gibt".

"Österreichs Wirtschaft entwickelt sich gut, steht aber auch im internationalen Wettbewerb vor großen Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund appellieren wir an die Verhandlungspartner, im guten Dialog einen fairen Gehaltsabschluss zu erzielen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen am Erfolg des Landes teilhaben und die Unternehmen weiter wettbewerbsfähig bleiben", so Kurz heute. "Streik ist ein absolut legitimes letztes Kampfmittel der Gewerkschaft, aber Konflikte lassen sich immer besser am Verhandlungstisch lösen, als auf der Straße", so Strache.

»Streik ist ein absolut legitimes letztes Kampfmittel der Gewerkschaft, aber Konflikte lassen sich immer besser am Verhandlungstisch lösen, als auf der Straße«

Schon vor Wochen war ein ähnlicher Appell nach einem fairen Abschluss bei den Metaller-KV-Verhandlungen von Kurz und Strache zum Teil auf heftige Kritik unter Sozialpartnern gestoßen.

Fronten wegen 12-Stunden-Tag verhärtet

Wegen der von der Regierung ausgeweiteten Höchstarbeitszeiten sind die Fronten zwischen den Sozialpartnern heuer besonders verhärtet. Die Arbeitnehmervertreter wollen sich in den KV-Verhandlungen "zurückholen", was ihnen "genommen worden" sei. Die Arbeitgeber fühlen sich dafür nicht zuständig.

Wann die Verhandlungen wieder aufgenommen werden, ist derzeit noch offen. In fünf weiteren kleineren Metallerbranchen, die gemeinsam rund 60.000 Mitarbeiter haben, gibt es in der kommenden Woche indes weitere Verhandlungsrunden.

Sind die 5% Lohnforderung gerechtfertigt?

Wenn heute erstmals seit 2011 wieder in Österreich gestreikt wird, dann geht es neben politischen Konflikten rund um die Arbeitszeitflexibilisierung vor allem um diese Frage. Die Inflationsrate lag im Vorjahr bei 2,1 Prozent, in der Gesamtwirtschaft stieg die Produktivität laut EU-Kommission um 0,9 Prozent. Doch die Metallbranche ist traditionell produktiver als andere Sektoren und das lässt sich auch an den vergangenen Abschlüssen ablesen, wie eine Grafik des Think-Tanks "Agenda Austria" zeigt.

© Agenda Austria

Die Tarifabschlüsse waren für die Metaller seit 2005 mit einem Plus von 38 Prozent deutlich höher als die Inflationsrate von 2005 bis 2017. Aber auch die Produktivität der wesentlichen Metallerbranchen war auf Basis von Zahlen der Statistik Austria mit rund 21 Prozent sehr hoch. In der Vergangenheit ist ein großer Teil des Produktivitätszuwachses abgegolten worden. Würde die volle Produktivität des Vorjahres (1,6 Prozent) plus die Inflation (2,1 Prozent) an die Arbeitnehmer gehen, läge man heuer unter 4 Prozent Lohnabschluss.

Echtes Angebot oder es wird "richtig ernst"

Im Lichte der begonnenen Warnstreiks in der Metalltechnischen Industrie hat der Arbeitnehmerverhandler Rainer Wimmer (PRO-GE/FSG) mit noch ernsteren Maßnahmen gedroht, sollte es davor nicht ein "substanzielles Angebot" von der Arbeitgeberseite geben. Gibt es keine Verhandlungsrunde mit einem solchen Angebot "wird es am 19. November richtig ernst", so Wimmer im Gespräch mit der APA. Dann werde nicht zwei, drei Stunden gestreikt wie dieser Tage, so Wimmer, der davon sprach, dass womöglich "eine wichtige Aktion gestartet wird", ohne sich zu sehr in die Karten schauen zu lassen. APA-Informationen zufolge wird eine ganze Schicht von acht Stunden ausfallen, gibt es bis zum 19. November keine substanziellen Verhandlungsfortschritte.

Man sei aber sehr wohl gesprächsbereit, sagte Wimmer. "Wir werden in Verhandlungen treten, wenn die Arbeitgeber bereit sind, ein substanzielles Angebot zu machen. Wir lassen uns nicht wieder - wie die vergangenen vierzig Verhandlungsstunden - an der Nase herumführen." Derzeit - von heute bis Mittwoch - finden mehr als 200 Warnstreiks in ganz Österreich statt. Heute war in Wien beispielsweise die Collini GmbH betroffen, deren Geschäftsführer, Johannes Collini, auf Arbeitgeberseite den Metaller-KV mitverhandelt.

Nur "eine Masche" der Regierung

Dass sich heute die Regierungsspitze neuerlich zum Metaller-KV äußerte, goutierte Wimmer nicht. Das sei nur "eine Masche": Jene, die die Warnstreiks nun indirekt kritisieren würden, seien auch jene, die nach einem ordentlichen Abschluss gerufen hätten, so Wimmer in Richtung Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ).

Der Rückhalt für die (Warn-)Streiks sei groß unter den Beschäftigten, sagte Wimmer. Viele würden sagen "endlich rührt sich etwas". Tausende Menschen würden dieser Tage die Arbeit für zwei, drei Stunden niederlegen.

Vorige Woche war die fünfte Runde im Metaller-KV - der streng genommen aus sechs einzelnen KV besteht - gescheitert. Konkret scheiterten die Gespräche für die Metalltechnische Industrie, in der 130.000 von insgesamt 190.000 Metallern arbeiten. Bisher orientierten sich die Abschlüsse in den fünf anderen Bereichen bis auf minimale Details gänzlich am KV für die Metalltechnische Industrie. Das will Wimmer, wie er heute bekräftige, auch "mit aller Kraft verteidigen".

Heute, morgen und am Mittwoch gibt es KV-Gespräche in den kleineren Metaller-Bereichen. Abschlüsse werde es hier erst nach einem Abschluss bei der Metalltechnischen Industrie geben, so Wimmer. Heute seien die Gespräche in der Fahrzeugindustrie auch "konstruktiv" gelaufen, sagte er. Warnstreiks gibt es dort keine. Wie es in den einzelnen Metaller-Teilbereichen weitergehe, wisse man erst ganz am Ende so Wimmer.

Kommentare

na freilich, sowas gehört unterstützt. Die Armen verdienen ja viel zu wenig. Andere Berufe verdienen auch nicht mehr und haben noch dazu Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit. Polizisten zum Beispiel, riskieren TAGTÄGLICH ihre Gesundheit und ihr Leben. Fragen sie einmal was die verdienen. Dabei ist die Verbrechensquote um mehr als 7% (Dank der Willkommenspolitik) gestiegen.

street

5 Prozent sind in jeder Weise gerechtfertigt. Die Exportquote stieg um 7 Prozent und die Arbeitsbedingungen sind nicht einfach. Ich unterstütze die Metallergewerkschaft, obwohl ich nicht aus der Metallbranche komme. Nötigenfalls bin ich auch bei einem Streik unterstützend dabei.

Diese roten Zottel können nur streiken! Haben ihren Abgang nocht nicht verkraftet! Die Arbeiter lassen sich aufhussen statt nachzudenken!! 5% sind eine bodenlose Frechheit!!

Es ist schon komisch - solange die SPÖ regiert hat, hat man sich immer einigen können - WEIT UNTER DEN FORDERUNGEN UND OHNE STREIK !! Jetzt droht die Gewerkschaft mit Streik. Wir hatten bis jetzt DIE 50 STUNDEN WOCHE. Ich erinnere mich nicht, dass deswegen jemals solche idiotischen Argumente (wie sie jetzt die Gewerkschaft aus dem Hut zaubert) ins Spiel brachte.

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