Indien: Frauen in Kuhmasken als Protest gegen Vergewaltigung

Haben Kühe mehr Rechte als Frauen? Ein Fotoprojekt setzt Frauen Kuhmasken auf.

Für ein Fotoprojekt von Sujatro Ghosh posieren indische Frauen in Kuhmasken. Hintergrund der Aktion ist die provokante Frage: Ist eine Kuh in Indien sicherer als eine Frau?

von Frauenrechte - Indien: Frauen in Kuhmasken als Protest gegen Vergewaltigung © Bild: Sujatro Ghosh/ Instagram

Laut einer Polizeistatistik aus dem vergangenen Jahr wird in Delhi durchschnittlich alle zwei Stunden eine sexuelle Belästigung gemeldet und alle vier Stunden eine Frau vergewaltigt. Seit der Gruppenvergewaltigung einer Studentin vor fünf Jahren ist sexuelle Gewalt in Indien national und international zwar ein Thema, doch wenig hat sich bis heute verändert.

Etwa zeitgleich nahm in Indien die Gewalt von radikalen Hindus, die sich selbst als Beschützer von Kühen sehen, an religiösen Minderheiten, für die Rinder eine normale Nahrungsquelle ist, zu. In einem Fotoprojekt stellt der indischen Fotograf Sujatro Ghosh jetzt die Frage: Ist Indern die Kuh wichtiger als die Sicherheit ihre Frauen? An alltäglichen Orten posieren in seinen Fotos indische Frauen mit Kuhmasken und wollen auf die politischen Verhältnisse in einem Land aufmerksam machen, in dem mehr über die Bedeutung der Kuh gesprochen wird als über die Rechte von Frauen.

Gewalt von „Kuhbeschützern“ steigt

In Indien sind Kühe heilig. In der hinduistischen Religion ist der Schutz der Kuh bis in die heutige Zeit ein wichtiges Element und so ist das Tier für viele Hindus unantastbar. Dieser Schutz geht so weit, dass es in den letzten Jahren zu einem Anstieg der Gewalt von radikalen Hindus gegenüber religiösen Minderheiten und Hindus in niedrigeren Kasten kam. In Indien lebende Muslime, für die Rindfleisch ein normales Nahrungsmittel ist, werden zur Zielscheibe der selbsternannten „Kuhbeschützer“.

In Dadri, einer Stadt östlich von Neu Delhi, wurde im vergangenen Jahr ein Mann von einem Mob ermordet, weil Gerüchte umgingen, dass sein Familie Rinder schlachte und das Fleisch lagere. Dass dies nicht zutraf interessierte die Täter wenig. Es reicht mittlerweile bereits kommerziell mit Rindvieh zu tun zu haben, um zur Zielscheibe zu werden: Anfang April lynchte ein aufgebrachter Mob im westindischen Rajasthan einen Milchbauern. Und auch wenn eine Person keine direkte Verbindung zu dem Fleisch hat, lebt es sich als Moslem gefährlich: Zuletzt wurde ein 16-jähriger in einem Zug als „Rindfresser“ beschimpft und dann erstochen, weil er eine Taqiyah – eine muslimische Kappe - trug.

Die Spannungen zwischen Hindus und Moslems sind in Indien nicht neu, haben sich jedoch seit dem Wahlsieg der hindunationalistischen Partei Narendra Modi 2014 verschärft.

"Not in my name": Protest gegen Gewalt

Die Zunahme der Gewalt an religiösen Minderheiten führt in Indien zunehmend zu Protest. Tausende gingen in der Hauptstadt auf die Straße und äußerten sich in sozialen Medien unter dem Hashtag #NotinMyName, der ursprünglich von Muslimen verwendet wurde, um sich vom islamischen Terror zu distanzieren.

„Meine Kunst ist eine Form des Protests“, erläutert der Fotograf Sujatro Ghosh auf Instagram, der seit dem das Projekt online ist bereits Morddrohungen von radikalen Hindus erhalten hat. Das Fotoprojekt zeigt bewusst Frauen mit Kuhmasken in Alltagssituationen. Denn an jedem dieser Orte könnte ein gewalttätiger Übergriff stattfinden. Um sein Projekt weiterzuführen sucht der Fotograf über Social Media nach indischen Frauen die sich mit einer Maske fotografieren und so den Protest fortführen.