Wie man vom Preiskampf
am Himmel profitiert

Die Billigairlines expandieren und die Preise für Flugtickets sind derzeit so günstig wie noch nie. Doch Vorsicht: Konsumentenschützer warnen vor versteckten Fallen, die das Reisevergnügen empfindlich verteuern können. Ein Überblick.

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Flugverkehr - Wie man vom Preiskampf
am Himmel profitiert

Rechtzeitig vor dem Sommer sind die Flugpreise so tief wie noch nie - vor allem, wenn Sie von Wien wegfliegen, können Sie das nicht selten zum Schnäppchenpreis tun. Denn in Österreichs Hauptstadt tobt ein brutaler Wettbewerb zwischen den Airlines, bei dem die Passagiere die Gewinner sind.

Zumindest auf den ersten Blick. Denn manches, was nach Superschnäppchen ausschaut, kann sich bei genauerem Hinsehen als Mogelpackung entpuppen: Wenn für Gepäck, Einchecken, Sitzplatz oder Essen und Getränke extra bezahlt werden muss, ist der ursprüngliche Superpreis womöglich plötzlich gar nicht mehr so super. Dennoch: Das aktuelle Flugangebot in Wien kann sich sehen lassen. Aktuell fliegen 76 Fluglinien von hier aus mehr als 200 Destinationen in rund 70 Ländern direkt an. 14 davon sind sogenannte Low-Cost-Carrier, die mit besonders günstigen Kostenstrukturen und ebensolchen Tarifen arbeiten.

Run ums große Geschäft

Die bekanntesten sind Laudamotion, Easyjet, Level, Wizz Air und Eurowings, die mit Kampfpreisen dem Platzhirschen AUA mächtig zusetzen. Rund die Hälfte der 101 Destinationen, die Austrian während des Sommers anfliegt, steuern auch die Billigairlines an. Dass dem so ist, hat vor allem mit der Pleite von Air Berlin und Niki 2017/18 zu tun: Dadurch wurde nämlich ein Potenzial von rund fünf Millionen Passagieren bzw. ein Marktanteil von 20 Prozent in Wien frei, worauf sich in der Folge die Low-Cost-Carrier stürzten: "Dazu kommt, dass die Reiseveranstalter zu geringe Sitzplatzkapazitäten hatten und es bei uns einen Nachzieheffekt gibt, weil der Anteil der Billigairlines in Europa oft viel höher ist", sagt Flughafen-Wien-Vorstand Julian Jäger. Eine Entwicklung die für den Flughafen, der von einem Rekord zum nächsten eilt, ebenso positiv ist wie für die Passagiere. "Für die gibt es mehr Angebot und bessere Preise als noch vor einem Jahr", so Jäger. Das gelte insbesondere für den Europaverkehr, aber auch auf bestimmten Langstrecken wie z. B. nach Bangkok habe der Wettbewerb stark zugenommen.

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Für die AUA ist die Situation freilich weniger erfreulich als für die Fluggäste: Die Lufthansa-Tochter ist auf Grund der enormen Billigkonkurrenz heuer im ersten Quartal tief in die roten Zahlen geflogen. "Wir halten aber voll dagegen und werden unsere führende Position im Markt mit Zähnen und Klauen verteidigen, bis es zu einer Marktbereinigung kommt", erklärt AUA-Finanzvorstand Wolfgang Jani. Schon jetzt gebe es erste Rückzugsaktionen der Low-Coster; Level oder Easyjet hätten z. B. bereits Destinationen wieder aufgegeben.

Ryanair-Tochter greift an

Die sehen das naturgemäß anders und kündigen gegenüber News vielmehr weitere Angriffe an. "Unser Ziel ist es, heuer die Nummer zwei in Wien hinter der AUA zu werden", sagt Laudamotion-Geschäftsführer Andreas Gruber. Die Ryanair-Tochter, die vor Kurzen alle Anteile von Gründer Niki Lauda übernommen hat und künftig unter Lauda firmiert, will schon diesen Winter von 36 auf 57 Destinationen aufstocken. Parallel dazu soll die Flotte von acht auf elf im Winter und 14 Flugzeuge 2020 wachsen. Laudamotion, im Juni 2018 mit 390 Mitarbeitern gestartet, halte jetzt bei 900 und werde auf "weit über 1.000 Mitarbeiter kommen"."Wir wollen eine perfekte Kombination von Städte-und Urlaubszielen anbieten", sagt Gruber, der überzeugt ist, mit einem attraktiven Produkt zu punkten: "Bei uns zahlt der Kunde nur das, was er will." Die Ticketpreise beginnen bei 9,99 Euro. Zusatzleistungen zu buchen sei "nicht kompliziert", versichert er. Und sollte es Probleme gebe, halte man sich "selbstverständlich an die geltenden Entschädigungsregelungen". Gruber: "Wir haben in Wien sogar ein 15 Mitarbeiter starkes Team aufgebaut, das sich um die Kunden kümmert."

Level, die zur IAG-Group (British, Iberia, Aer Lingus, Vueling) gehört, startete Mitte 2018 in Österreich gar mit einer Ein-Cent-Ticketaktion. Aktuell beginnen die Tarife bei 27,99 bzw. 29,99 Euro. Geschäftsführer Krassimir Tanev will damit "sowohl Freizeit-als auch Geschäftsreisende" anziehen, verspricht dennoch ein "hochwertiges Produkt" und will sich so gegenüber der Konkurrenz durchsetzen.

Ähnlich die Argumentation bei Easyjet, bei der momentan Tickets ab Wien bei 34,99 Euro beginnen. "Je mehr Plätze auf einem Flug gebucht werden und je näher das Abflugdatum rückt, desto höher wird der Preis", so eine Sprecherin.

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Die ungarische Wizz Air, die bisher ein sehr hohes Expansionstempo an den Tag gelegt hat, wiederum startet mit Ticketpreisen ab 9,99 Euro. Mit "günstigen Preisen, neuen Maschinen, freundlichem Personal und höherer Pünktlichkeit" sieht Wizz-Air-Chef József Váradi "in Wien noch viele Chancen". Binnen fünf Jahren soll die hier stationierte Flotte auf 15 Flugzeuge verdreifacht und die Zahl der Destinationen auf rund 70 ausgebaut werden. Váradi: "Wir sind gekommen, um zu gewinnen."

Bei der zur Lufthansa-Gruppe gehörenden Eurowings gehen die Ticketpreise bei "wirtschaftlich vertretbaren" 29,99 Euro los. Und zwar "je nach Nachfrage", so Österreich-Geschäftsführer Robert Jahn, der die Position als Nummer zwei in Wien "mit attraktiven Preisen, gutem Produkt und einer Aufstockung der Frequenzen unbedingt verteidigen" will. "Wir haben für jeden das richtige Angebot. Egal, ob jemand nur fliegen oder ein Rundum-sorglos-Paket haben will", so der Chef der Airline, die sich im Konzern -und somit auch mit der AUA -bei Destinationen weitgehend abstimmt. Bei der AUA hat man angesichts der Konkurrenz übrigens die Ticketpreise je nach Notwendigkeit auf "ab 39 Euro" gesenkt. Damit sei aber die "Schmerzgrenze erreicht", so Finanzchef Wolfgang Jani.

Generell gilt: Die günstigsten Tarife sind meist nur auf wenige Sitze beschränkt und die Passagiere müssen zudem zeitlich flexibel sein, um in deren Genuss zu kommen. An Wochenenden oder in Ferienzeiten steigen in der Regel automatisch die Preise.

Steigende Beschwerden

Und: So sehr die Airlines mit ihren Kampfpreisen bei den Kunden reüssieren, so häufig gibt es auch Beschwerden. Sei es über "versteckte" Zusatzkosten, Verspätungen oder überhaupt ersatzlos gestrichene Flüge. Trotz der Beteuerung, die Ticketangebote seien übersichtlich und transparent, sei der Dschungel an kostenpflichtigen Zusatzleistungen für Reisende nur schwer zu durchschauen, sagt Barbara Forster vom Europäischen Verbraucherzentrum. Das beginne damit, dass wenn nicht online eingecheckt wird, am Flughafen extra bezahlt werden müsse und setze sich z. B. bei kostenpflichtigen Sitzplatzreservierungen fort. "Wenn jemand mit seinem Partner zusammensitzen will, muss er dafür zahlen", so Forster. Bei Laudamotion etwa zwischen vier und 15 Euro, je nach Nachfrage. Sonst wird der Sitzplatz mittels Zufallsprinzips zugeordnet. Für Familien besteht gar eine Reservierungspflicht.

Handgepäcks-Chaos

Auch beim Handgepäck ist es unübersichtlich: Häufig darf beim günstigsten Tarif nur Handgepäck mit an Bord genommen werden darf. Bei den meisten Fluglinien betragen die Maximalmaße 55 mal 40 mal 23 Zentimeter inklusive Räder -so groß sind auch die handelsüblichen Handgepäckstrolleys. Deren erlaubtes Maximalgewicht liegt meist bei acht Kilogramm, was auch kontrolliert wird. Bei manchen Carriern wie Level oder Vueling darf das Gepäckstück aber nur 30 Zentimeter tief, bei Air France und KLM nur 30 Zentimeter breit sein. Und bei Laudamotion, Ryanair oder Wizz Air darf das Handgepäck maximal 40 mal 20 mal 25 Zentimeter groß sein und es muss unter den Sitz passen -etwa eine Handoder Laptoptasche. Für ein zusätzliches größeres Handgepäckstück muss schon die nächstteurere Ticketkategorie gebucht werden. Ist das Handgepäck zu groß oder zu schwer bzw. hat man zu viel dabei, kann es dann am Gate teuer werden: Manche Airlines veranschlagen bis zu 75 Euro für das nachträgliche Einchecken von Gepäck, das nicht den Bestimmungen entspricht.

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Airline-Expertin Forster rät daher Passagieren, vor dem Buchen unbedingt die unterschiedlichen Ticketklassen auf der Homepage der jeweiligen Airline genau zu studieren: "Jeder soll sich vorher überlegen, welche Leistungen er braucht und was im jeweiligen Tarif inkludiert ist. Und den mit jenem von traditionellen Airlines zu vergleichen."