Acht Fäuste gegen Radikalisierung:
Kampfsportler besuchten Schüler

Projekt bringt Vorbilder zu Jugendlichen - Ziel: Keine Foreign Fighters mehr

Der Kampf beginnt in der Schule. "Gekämpft wird nur im Ring" heißt das Projekt, das Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund abhalten soll, auf die schiefe Bahn zu geraten. Das Geschütz gegen Radikalisierung, mit dem die NGO "Not in God's Name" dabei aufwartet sind Kampfsportler und für die Schüler so etwas wie Helden. Am Donnerstag besuchten dabei vier Sportler eine Schule in Wien-Neubau.

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© Video: APA

Vorwiegend Mixed Martial Arts beherrschen die vier Kämpfer, die vor Schülern der "PTS Im Zentrum" sitzen. Den 15- bis 16-jährigen vorwiegend Burschen sind sie so bekannt, wie Marcel Hirscher oder David Alaba einem gelernten Österreicher. "Es war noch nie so leise", bemerkt ein Schüler, ein anderer beschwert sich, dass zu wenig Zeit für die Zusammenkunft mit ihren Helden sei. Knapp 50 Minuten bleiben, um die drängendsten Fragen - vorwiegend jene zur sportlichen Karriere - zu stellen.

Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht Arbi Agujev, ein Austro-Tschetschene, der am Samstag beim "MMA Kampfsport Event ACB 52" im Hallmann Dome in Wien-Favoriten in den Ring steigen wird. Daher hat sich "Not in God's Name" für den Schulbesuch mit dem russischen Organisator des Events zusammengetan. Aus diesem Grund sitzen diesmal nicht nur jene zwei Sportler, die regelmäßig mit der NGO zusammenarbeiten, im Klassenzimmer, sondern gleich vier.

Die Botschaft von "Gekämpft wird nur im Ring" dürfte bald jedem klar gewesen sein: "Jeder Mensch kann alles schaffen. Jeder Mensch ist gleich geboren", drückte es etwa Kickboxer Foad Sadeghi aus. Er ist im Alter von vier Jahren aus dem Iran nach Österreich geflüchtet. Der mehrfache Welt- und Europameister ist auch erfolgreicher Unternehmer, die Jugendlichen hängen ihm und seinen Kollegen an den Lippen. Und wollen etwa wissen: "Wie oft trainiert ihr am Tag?"

"Man muss hart arbeiten, um etwas zu verdienen", gab Mairbek Taisumov das Motto aus. Der gebürtige Tschetschene und Moslem machte auch gleich klar, dass im Sport Religion nicht zähle, denn: "Es gibt auch Christen im Team." Womit auch die zweite Botschaft bei den Schülern angekommen wäre. Auf den Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt angesprochen, meinte sein Kollege Karim Mabrouk: "Man muss einfach an die Menschen denken, damit man weiß, dass so etwas nicht sein kann."

Aber auch Straßenkämpfe gehörten nicht zum Alltag eines professionellen Kampfsportlers, wie diese ihren Fans klar machten. "Das bringt nur Probleme, das ist nichts für mich", meinte etwa Agujev und ohnedies: "Um 8 Uhr bin ich im Pyjama." Abschließende Botschaft an die Schüler: "Lernen und immer auf die Freunde schauen. Immer schauen, mit wem man unterwegs ist", richtete Mabrouk den Jugendlichen, davon mehrheitlich Burschen, aus.

»"Wir wollen die Zahl der Foreign Fighters auf null minimieren"«

"Not in God's Name" wurde als Antwort auf die Terroranschläge in Paris gegründet. Das langfristige Ziel ist ambitioniert: "Wir wollen die Zahl der Foreign Fighters auf null minimieren", so Initiator Alexander Karakas. Unterstützer sind dabei etwa der Bezirk Wien-Donaustadt und die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ). "Mit anderen Institutionen, wie dem Innenministerium oder dem Integrationsministerium stehen wir seit einem Jahr im Gespräch und warten auf Antwort", so Karakas.

Für die gebotene Aufmerksamkeit wurden die Schüler mit Tickets für das Kampfsport-Event belohnt, ein Aufsatz über das Gehörte vorausgesetzt. Enttäuschte Gesichter gab es, als auf das Mindestalter von 16 Jahren hingewiesen wurde. Dennoch, einige blieben hartnäckig: "Ich bin kein Terrorist. Bekomme ich eine?"

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