EuGH lehnt Schrems-
Sammelklage gegen Facebook ab

Gerichtshof: Aber Schrems kann in Österreich wegen eigener Ansprüche klagen

Der EuGH lehnt die vom österreichischen Datenschutz-Aktivisten Maximilian Schrems eingeforderte Sammelklage gegen Facebook ab. Der Europäische Gerichtshof verwies in seinem Urteil (C-498/16) am Donnerstag darauf, dass Schrems aber in Österreich wegen eigener Ansprüche klagen kann.

von
Datenschutz - EuGH lehnt Schrems-
Sammelklage gegen Facebook ab

"Hingegen kann er nicht als Zessionar von Ansprüchen anderer Verbraucher den Verbrauchergerichtsstand in Anspruch nehmen, um die abgetretenen Ansprüche geltend zu machen", heißt es. Bereits der Generalanwalt hatte im November 2017 erklärt, Schrems könne in Österreich klagen, doch sei eine solche Verbraucherklage immer "auf die konkreten Parteien des speziellen Vertrags beschränkt. Daher könne Schrems mit seiner Klage in Österreich nicht auch Ansprüche geltend machen, die ihm andere Österreicher abgetreten habe.

Schrems nicht enttäuscht von EuGH-Urteil

Schrems hat sich vom EuGH-Urteil nicht enttäuscht gezeigt. Er werde vor dem Landesgericht Wien klagen, obwohl dies der Justiz keine besondere Freude mache, weil die Angelegenheit "zäh" sei. Generell bleibe jedenfalls das Problem von "Streuschäden" bestehen, so Schrems.

Die Definition des Verbrauchers sei eine "unglaublich einschränkende". Wenn vom selben Problem auch andere Personen betroffen seien, müssten diese selber klagen. Dies wiederum bedeute aber hohe Verfahrenkosten und eine europäische Sammelklage wäre hier zielführender, sagte Schrems.

Jedenfalls habe der EuGH festgesellt, dass die österreichischen Gerichte zuständig seien. Die Schwierigkeit liege eher darin, dass es Facebook "vollkommen wurscht ist, ob es um 25.000 oder einen" Betroffenen gehe. Facebook wolle das generell vor keinem Gericht haben, meinte der Datenschützer.

Facebook erfreut über EuGH-Ablehnung

Facebook hat sich erfreut über die Ablehnung des EuGH. "Die heutige Entscheidung unterstützt zwei vorangegangene, wonach die Forderung von Maximilian Schrems nach einer Sammelklage in Österreich für andere Konsumenten nicht ausgeführt" werden könne, erklärte eine Sprecherin. Jedenfalls freue sich Facebook auf eine Lösung.

Der Datenschützer hatte in Österreich Klage gegen Facebook Irland erhoben. Er wirft Facebook zahlreiche Verstöße gegen datenschutzrechtliche Regelungen im Zusammenhang mit seinem privaten Facebook-Konto und den Konten von sieben weiteren Nutzern vor, die ihm ihre Ansprüche zwecks Klageerhebung abgetreten haben. Bei den anderen Nutzern soll es sich um Verbraucher handeln, die in Österreich, Deutschland und Indien wohnen.

Schrems begehrte von den österreichischen Gerichten insbesondere die Feststellung der Unwirksamkeit bestimmter Vertragsklauseln sowie die Verurteilung von Facebook zur Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Daten zu eigenen Zwecken bzw. zu Zwecken Dritter sowie zur Leistung von Schadenersatz.

Unterschiedliche Reaktionen auf EuGH-Urteil

Der Klubobmann der Liste Pilz, Peter Kolba, bemängelte, dass der EuGH endgültig klargestellt habe, dass eine Sammelklage nach österreichischem Recht bei grenzüberschreitenden Massenschäden scheitere. Dagegen habe zuvor der EuGH-Generalanwalt eine Sammelklage als begrüßenswert bezeichnet. Es sei jedenfalls Aufgabe der EU-Kommission, eine europäische Sammelklage rechtspolitisch voranzubringen, so Kolba in einer Aussendung.

Er kündigte an, im Nationalrat einen Initiativantrag auf Schaffung einer österreichischen Verbandsmusterfeststellungsklage nach dem niederländischen Vorbild einzubringen. Auch für Europa und Österreich müsse gelten, dass sich Unrecht nicht lohnen dürfe, so Kolba.

Auch der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer kritisierte die Entscheidung: "Das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshofes stärkt leider die Position von Facebook und nicht den Schutz der Privatsphäre", so Weidenholzer. "Europaweite Sammelklagen wären ein wichtiges Instrument, um besseren Datenschutz für alle EuropäerInnen durchzusetzen."

»Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes stärkt die Position von Facebook und nicht den Schutz der Privatsphäre«

Für den Verein für Konsumenteninformation (VKI) zeigt das Urteil des EuGH "eklatante Rechtsschutzdefizite für Verbraucher" auf. "Es ist hoch an der Zeit, die Gruppenklage im Interesse der österreichischen Bevölkerung endlich umzusetzen", so Petra Leupold, Leiterin der VKI-Akademie, in einer Stellungnahme. Der Wettbewerb werde massiv verzerrt, wenn ausländische Konzerne nicht mit Sanktionen rechnen müssen. Dies treffe nicht nur die geschädigten Konsumenten, sondern auch die heimischen Unternehmer.

Der Grüne Europa-Abgeordnete Michel Reimon begrüßte hingegen das Urteil des EuGH und bezeichnete es in einer Aussendung als "richtungsweisend". "Eine Musterklage im eigenen Mitgliedsland ist ein gute Entscheidung, um die Rechte der Verbraucher*innen gegen Großkonzerne zu stärken. Kaum eine Privatpersonen aus Österreich würde wegen einer Datenschutzklage nach Irland vor Gericht ziehen." Zugleich forderte er von der EU-Kommission "mutige politische Schritte", um "dominante amerikanische Plattformen" zu regulieren.

Auch nach Ansicht von Niki Scherak, stellvertretender NEOS-Klubobmann und Datenschutzsprecher, könne mit einer Musterklage in Österreich "ein überaus wichtiger Schritt im Kampf für mehr Datenschutz und Rechtssicherheit der Bürgerinnen und Bürger gelingen". Der Fall zeige überdies, wie wichtig zivilgesellschaftliches Engagement sei, so Scherak in einer Aussendung. Von der europäischen Politik forderte er, sich in Zukunft "mit mehr Mut und Entschlossenheit für die Grund- und Freiheitsrechte" der Bürger einzusetzen.

Mehrheit der Österreicher bezweifelt ausreichenden Schutz der Daten

Zwei Drittel der Österreicher bezweifeln, dass ihre persönlichen Informationen innerhalb und außerhalb des Internets ausreichend geschützt sind. Fast genauso viele (60 Prozent) haben das Gefühl, keine Kontrolle über ihre Daten im Internet zu haben. Gleichzeitig sind sich so gut wie alle Österreicher (92 Prozent) einig, dass der Schutz persönlicher Daten sehr oder eher wichtig ist.

Das geht aus einer Umfrage des Instituts Integral anlässlich des für den kommenden Sonntag vom Europarat ausgerufenen "Europäischen Datenschutztages" hervor. Befragt wurden dafür im Dezember 503 Personen repräsentativ für die österreichische Bevölkerung zwischen 16 und 69 Jahren.

Nur 27 Prozent glauben, dass dem Datenschutz mittlerweile eine zu hohe Wichtigkeit beigemessen wird. Die Verantwortung für den Datenschutz wird aber gerne abgegeben: So finden nur 47 Prozent, dass der Nutzer selbst hauptsächlich für den Schutz der persönlichen Daten verantwortlich ist. 84 Prozent wünschen sich hingegen, dass der Staat für den Datenschutz sorgen möge.

Facebook, Twitter & Co gehören für viele zum Alltag. Drei Viertel (74 Prozent) nutzen mindestens ein Social-Media-Angebot. Um gleichzeitig nicht allzu viel von sich preiszugeben, haben 90 Prozent der Social-Media-Nutzer in zumindest einem Portal die Privatsphäre-Einstellungen ihres Profils angepasst. Anders hingegen bei in Laptops integrierten Webcams. Nur 31 Prozent der Laptop-Nutzer misstrauen dem elektronischen Auge und haben die integrierte Kamera daher abgeklebt. Diese Schutzmaßnahmen setzen eine gewisse Online-Kompetenz voraus. 60 Prozent behaupten von sich, über die wichtigsten technischen Entwicklungen im Internet Bescheid zu wissen.

Am 25. Mai 2018 tritt nach jahrelangen Verhandlungen die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung in Kraft. Damit wird das Datenschutzrecht innerhalb der EU vereinheitlicht. Damit beschäftigt sich die breite Bevölkerung jedoch kaum: Nur 22 Prozent wissen darüber Bescheid.

Kommentare