CSU drängt CDU zu
raschem Führungswechsel

Der angekündigte Rückzug von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer in Deutschland belastet das Verhältnis zur bayerischen Schwesterpartei CSU. Führende CSU-Politiker drängten am Dienstag zu einer rascheren Klärung der offenen Personalfragen.

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Fehlende Spitze - CSU drängt CDU zu
raschem Führungswechsel

Als "abwegig" und "nicht umsetzbar" kritisierte der Chef der CSU-Abgeordneten im Deutschen Bundestag, Alexander Dobrindt, das Vorhaben Kramp-Karrenbauers, erst in einigen Monaten über Kanzlerkandidatur und Vorsitz bei den Christdemokraten zu entscheiden. In der CDU gewinnt unterdessen eine Kursdebatte an Fahrt: Lebhaft diskutiert wird die Abgrenzung der Partei nach links und nach rechts.

Kramp-Karrenbauer hatte am Montag einen Zeitplan für die Klärung ihrer Nachfolge vorgestellt und dafür die Billigung des CDU-Präsidiums erhalten. Im Sommer soll zunächst der Kanzlerkandidat der Union gekürt werden, dem sie dann auch den Parteivorsitz übergeben will - beim Bundesparteitag im Dezember. Die CSU warnt, dass dieser langwierige Prozess ein Machtvakuum in der CDU herbeiführt.

"Krisenhafte Situationen bewältigt man nicht durch das Zelebrieren der Krise, sondern durch Handeln", mahnte Dobrindt. Es gebe bei der CDU eine "offene Führungsfrage", die einer schnellen Klärung bedürfe. Die Partei müsse "jetzt die Entscheidung treffen, ob sie die Kraft hat, sich zu erneuern". Je länger die Findungsphase dauere, desto länger sei die Partei der "Häme" des politischen Gegners ausgeliefert.

Auch CSU-Chef, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der selbst als ein möglicher Kanzlerkandidat der Union gehandelt wird, drängt die Schwesterpartei, ihre Führungsfrage zügig zu klären. Die Entscheidung müsse "früher als nur im Laufe des Jahres" fallen, sagte er im Bayerischen Rundfunk. "Jetzt da möglicherweise einen Schönheitswettbewerb zu machen, wer wann wo besser ist, wird nicht mehr Stabilität bringen."

CDU stresst sich nicht

Kramp-Karrenbauer machte aber klar, dass sie sich nicht drängen lassen will. Bis spätestens Jahresende solle die CDU "inhaltlich, personell und organisatorisch fit" für den Bundestagswahlkampf 2021 sein, sagte sie dem Sender ARD. Sobald ein Kanzlerkandidat oder eine -kandidatin benannt sei, "macht es Sinn, die Ämter auch wieder zusammenzuführen", sagte sie mit Blick auf den Parteivorsitz.

Der Parlamentsgeschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), mahnte Unterstützung für Kramp-Karrenbauer an. "Solange sie im Amt ist, hat sie die volle Geschäftsfähigkeit", sagte er. Die CDU müsse die Personalfragen "jetzt vernünftig in Ruhe überlegen".

Nachfolge zurückhaltend

Potenzielle Nachfolgekandidaten hielten sich auch am Dienstag mit Wortmeldungen zurück. Ex-Fraktionschef Friedrich Merz, der als möglicher nächster CDU-Chef und Kanzlerkandidat gehandelt wird, will zunächst die Abstimmung mit anderen Interessenten suchen: "Friedrich Merz wird sich natürlich mit allen Beteiligten abstimmen und sich zu gegebener Zeit äußern", sagte sein Sprecher Armin Peter der Nachrichtenagentur AFP. Zuvor hatte das Magazin "Focus" berichtet, Merz führe bereits Gespräche mit möglichen Konkurrenten: Gesundheitsminister Jens Spahn und dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet.

Die CSU wollte sich am Dienstag nicht Kramp-Karrenbauers Empfehlung zu eigen machen, CDU-Vorsitz und Kanzlerkandidatur in eine Hand zu legen. "Es gibt keine fixe Regel, die sagt, es müsse immer in einer Hand sein", sagte Dobrindt.

Debatte über Werteunion

In der CDU kochte unterdessen eine Diskussion über den Umgang mit der rechtskonservativen Parteigruppierung Werteunion hoch, die einen Vorgeschmack auf die Richtungsdebatten der kommende Monate geben könnte. Der CDU-Arbeitnehmerflügel (CDA) forderte einen formellen Unvereinbarkeitsbeschluss."Die Werteunion tritt mit der Forderung nach einer Zusammenarbeit mit der (in Teilen als rechtsextrem geltenden) AfD die Werte der CDU mit Füßen", erklärte die CDA.

Werteunion-Chef Alexander Mitsch wehrte sich energisch gegen Kritik aus der CDU. Der Vorwurf, die Werteunion spalte die CDU und schade der Partei, sei "offensichtlich unbegründet und im Ton einer christlichen Partei unwürdig", sagte Mitsch AFP.

Auch die Abgrenzung zur Linkspartei sorgt weiter für Debatten - mit angestoßen hatte das Thema der schleswig-Holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), der eine Tolerierung von Linken-Regierungen für möglich erklärt hatte. CDU-Vizechefin Julia Klöckner erinnerte am Dienstag im Deutschlandfunk an den Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linkspartei und mahnte dessen Einhaltung an.