Causa Schwarz:
8 Fragen für den Visitator

Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner hat in Klagenfurt mit der Prüfung der Causa Bischof Schwarz begonnen. Doch kirchenintern wächst die Besorgnis vor einer Vertuschungsaktion.

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8 Fragen für den Visitator

Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner ist ein honoriger und verdienter Kirchenmann. Als Metropolit von Salzburg leitet er eine von zwei Kirchenprovinzen in Österreich - also einen Verband mehrerer benachbarter Diözesen. Und als solcher ist er auch für die Diözese Gurk-Klagenfurt zuständig, in der bis Ende Juni 2018 Bischof Alois Schwarz 17 Jahre lang ein umstrittenes Regime führte. Zahlreiche Vorwürfe rund um dessen Führungs-und Lebensstil, sein enges Verhältnis zu seiner Vertrauten Andrea E., kolportierter Machtmissbrauch und Mobbing, Bespitzelung von Kritikern, mögliche Vertuschung von Missbrauchsfällen, teure Investitionen und vermutete Misswirtschaft führten schließlich zu einer externen Prüfung der wirtschaftlichen Gebarung der Ära Schwarz. Und deren Ergebnis fiel so vernichtend aus, dass die Veröffentlichung des Berichts vom Vatikan am 10. Dezember kurzfristig untersagt wurde. Schwarz, der seit 1. Juli Bischof in St. Pölten ist, interpretierte das umgehend als Reinwaschung. Deshalb veröffentlichte die kirchliche Interimsführung in Kärnten unter Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger eine Woche später den Bericht dennoch. Seitdem gehen intern und öffentlich die Wogen hoch.

Erzbischof Lackner soll nun auf päpstliches Geheiß die Causa nochmals unter die Lupe nehmen. Doch das sorgt nicht nur unter Katholiken für Irritationen, zumal bis dato noch immer nicht klar ist, was genau und zu welchem Zweck geprüft werden soll. Zudem sind Lackner und Schwarz eng bekannt. "Eigentlich liegt alles auf dem Tisch. Daher wächst die Befürchtung, dass hier in Wirklichkeit eine Vertuschungsaktion stattfinden soll", sagt ein Kircheninsider, der nicht genannt werden will. Die Spitzen des Klerus würden einander decken. Und das "System Schwarz" sei "Ausdruck des absolutistischen klerikalen Systems", unter dem die katholische Kirche in Österreich leide, so der Kritiker.

Seitens der Diözese Gurk- Klagenfurt heißt es zur Visitation, es gebe noch "Klärungsbedarf bezüglich des Inhalts und des Ablaufs der Prüfung, der Form der Berichterstattung an Rom und der Befugnisse des Visitators". Lackner holt sich für die Visitation Unterstützung beim Vorarlberger Bischof Benno Elbs. Dieser ist auch ausgebildeter Psychotherapeut und soll schon im Spätherbst bei der Bischofskonferenz ein Gespräch zwischen Schwarz und Guggenberger moderiert haben - allerdings ohne Erfolg. Zudem werden dem Prüfteam der Münchner Kirchenrechtler Helmuth Pree, der Moraltheologe Josef Spindelböck aus St. Pölten sowie der Wirtschaftsexperte Christian Lagger, Chef des Grazer Elisabethinnen-Krankenhauses angehören.

Lackner selbst hält sich auf News-Anfrage weitgehend bedeckt, versichert aber, er werde "Sorge tragen, dass die apostolische Visitation in großer Objektivität stattfinden wird".

Gerade deshalb gibt ihm News acht Fragen mit auf den Weg, die bei der Prüfung der Causa Schwarz nicht ausgeblendet bleiben dürfen.

1. Wird es eine objektive Prüfung geben?

Erzbischof Franz Lackner und Bischof Alois Schwarz sind nicht nur als klerikale Kollegen und Mitglieder in der Bischofskonferenz miteinander gut bekannt, sondern auch persönlich. So haben beide etwa gemeinsam das Fußball-Cupfinale in Klagenfurt im Mai 2018 besucht, was durch ein Foto dokumentiert ist, auf dem Lackner und Schwarz einträchtig mit Fanschals von Sturm Graz posieren. Der Erzbischof soll auch immer wieder Gast auf der herrschaftlichen Jagdresidenz von Bischof Schwarz im Felfernigtal auf der Flattnitz gewesen sein. Dort habe die Vertraute des Bischofs, Andrea E., Hof gehalten, heißt es. Und mit der intern "Frau Bischöfin" Genannten sowie Schwarz soll Lackner auch einer gemeinsamen Whatsapp-Gruppe angehören.

2. Kann das Visitationsteam unabhängig agieren?

Wird diese persönliche Verbindung das Team von Erzbischof Lackner bei der Visitation beeinflussen? Benno Elbs gehört so wie Lackner und Schwarz der Bischofskonferenz an. Und diese war über die Vorgänge in der Diözese Gurk-Klagenfurt informiert, hat aber geschwiegen, um Ruhe zu bewahren und dem Ansehen der Kirche nicht zu schaden. Eine Strategie, die von vielen Katholiken kritisch gesehen wird und das Streben nach Transparenz unterminiert.

3. Warum mauern die Spitzen des Klerus seit Jahren?

Entgegen anderslautenden Beteuerungen waren der mit Ende Dezember in den Ruhestand getretene päpstliche Nuntius Peter Stephan Zurbriggen und der einflussreiche Wiener Kardinal Christoph Schönborn seit rund einem Jahrzehnt über die Vorwürfe gegen Bischof Schwarz informiert. Dazu existieren u. a. viele anonyme und persönlich gezeichnete Schreiben. Doch die Spitzenkleriker mauern in der Causa bis heute. Kritiker nennen mögliche Interessenskonflikte als Grund dafür.

4. Schickt der Vatikan einen Aufpasser?

Ein Visitator ist als Beauftragter des Papstes mit umfassenden Befugnissen ausgestattet. Die Untersuchten sind laut Kirchenrecht verpflichtet, "vertrauensvoll" mit ihrem Kontrolleur zusammenarbeiten. Der Visitator überprüft die gesamte Amtsführung des Diözesanbischofs bzw. die der Interimsführung und sämtliche diözesanen Strukturen. Nicht nur in Kärnten wird nun befürchtet, der Vatikan wolle den aufmüpfigen Diözesanadministrator Guggenberger an die Kandare nehmen. Laut Insidern wird auf diesen kirchenintern momentan enormer Druck ausgeübt.

5. Was wird genau geprüft werden?

Gerüchtehalber soll Lackner nur die Amtsführung des seit 1. Juli 2018 tätigen Diözesanadministrators unter die Lupe nehmen wollen. Der hatte diverse Entscheidungen von Bischof Schwarz rückgängig gemacht. Der umstrittene, zunächst verbotene Bericht des externen Wirtschaftsprüfers hatte aber die Gebarung des Bistums Gurk, zum Thema. Und dort hatte Schwarz die alleinige Verfügungsgewalt. Das Bistum schrieb zuletzt 1,9 Millionen Euro Verlust. Das dazu gehörende Bildungshaus Stift Georgen, das die Bischofsvertraute Andrea E. leitete, fuhr binnen vier Jahren 3,9 Millionen Euro Verlust ein. Die Personalfluktuation betrug dort 60 Prozent.

6. Wie lange wird die Prüfung dauern?

Erzbischof Lackner sagt zu News, die Visitation werde bis in die Fastenzeit hinein dauern. Doch das ist ein dehnbarer Begriff. Je länger die Prüfung dauert, desto mehr Raum gibt es für Spekulationen und Unruhe.

7. Was passiert mit den Prüfergebnissen?

Der Ruf nach Transparenz in katholischen Kreisen wird immer lauter. Nach der ersten versuchten Unterdrückung des externen Prüfberichts herrscht die Sorge, das Ergebnis der Visitation könnte entsprechend der bisherigen Strategie im Vatikan unter der Decke gehalten werden.

8. Welche Konsequenzen wird es geben?

Bischof Schwarz war zuletzt mit massiven Rücktrittsforderungen konfrontiert. So hat ihn die Ex-Präsidentin der katholischen Aktion, Gerda Schaffelhofer, aufgefordert, "im Sinne der Glaubwürdigkeit der Kirche" seine Ämter vorerst ruhen zu lassen, bis er sich entschieden habe, wie er sein Leben weiter gestalten wolle. Offen ist auch der Ausgang von Untreueermittlungen der Staatsanwaltschaft Graz gegen Schwarz und Andrea E., zu denen es im Zuge eines Arbeitsgerichtsprozesses gekommen ist.

Der Beitrag ist ursprünglich in der Printausgabe von News (Nr. 1-2/2019) erschienen.