"Massiver sexueller
Übergriff" durch Kuhn

Mezzosopranistin Oesch konkretisiert Anschuldigungen

In der Causa Erl hat eine der fünf Künstlerinnen, die schwere Vorwürfe gegen Gustav Kuhn erhoben hatten, nun ihre Anschuldigungen konkretisiert.

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Im Jahr 1999 habe es einen "massiven sexuellen Übergriff" durch Kuhn gegeben, sagte die Mezzosopranistin Julia Oesch Montagabend gegenüber der "ZIB 2" des ORF-Fernsehens.

Sexuelle Dienste als "Gegenleistung" für Rollen verlangt

Der "Maestro" habe sie zuvor zu einem Vier-Augen-Gespräch gebeten. Daraufhin habe ein Abendessen stattgefunden, bei dem auch die Eltern der Sängerin anwesend gewesen seien. "Besonders perfide" sei zudem gewesen, dass ihr Kuhn Rollen versprochen und als "Gegenleistung" sexuelle Dienste verlangt habe. Als sie, Oesch, Kuhn "abgewehrt" habe, sei sie im nächsten Sommer mit einer anderen Rolle als der zugesicherten "bestraft" worden.

Ihre Kollegin, die Sopranistin Mona Somm, berichtete indes im selben Interview davon, dass der "Maestro" eine gute Freundin von ihr bei einem Workshop belästigt habe. Kuhn habe dieser "zwischen die Beine gefasst". Ihre Freundin sei daraufhin aufgesprungen - und Kuhn sei ihr gefolgt, wollte sie "umarmen, küssen und fasste ihr unter ihren Rollkragenpullover". "Sie konnte sich mit großer Mühe dagegen wehren", so Somm.

»Man schämte sich dafür, dass man so angreifbar war«

"Man schämte sich dafür, dass man so angreifbar war", begründete Oesch die Tatsache, dass man jahrelang über die angeblichen Übergriffe geschwiegen hatte. Man habe stark sein wollen und sich nicht "die Würde nehmen lassen".

Kuhns Anwalt bestreitet Vorwürfe wehement

In der "ZIB 2" zu Wort kam auch Kuhns Anwalt, Ex-Justizminister Michael Krüger. "Die Vorwürfe stimmen mit Sicherheit nicht. Mein Mandant hat die Vorwürfe glaubwürdig bestritten", meinte Krüger. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck habe überdies bis dato keine Veranlassung gesehen, den künstlerischen Leiter Kuhn in den "Beschuldigtenstatus" zu heben. Es gebe nicht einmal einen Anfangsverdacht, so der Anwalt.

Auch Kuhn selbst meldete sich am Montag zu Wort - über Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner. "Im Auftrag von Dr. Kuhn darf ich Ihnen mitteilen, dass er - zumindest was die fünf in Rede stehenden Damen betrifft - jeden wie immer gearteten sexuellen oder erotischen Kontakt ausschließen kann", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme Haselsteiners gegenüber dem ORF.

Am heutigen Dienstag tritt der Stiftungsvorstand der Tiroler Festspiele Erl zusammen, um über die Causa und die weitere Vorgehensweise zu beraten.

SPÖ verlangt Konsequenzen

Unmittelbar vor der Sitzung des Stiftungsvorstandes der Tiroler Festspiele Erl in Wien hat auch die SPÖ den Druck auf den künstlerischen Leiter Gustav Kuhn erhöht. "Einfach zur Tagesordnung überzugehen, wie das bisher versucht wurde, geht nicht. Konsequenzen sind daher bis zu einer gänzlichen Aufklärung notwendig", erklärte die Tiroler Nationalratsabgeordnete Selma Yildirim in einer Aussendung.

»Einfach zur Tagesordnung überzugehen, wie das bisher versucht wurde, geht nicht«

Für Kuhn gelte die Unschuldsvermutung, aber: "Dennoch müssen die massiven Vorwürfe der KünstlerInnen und der Opferschutz ernst genommen werden." In Erl wie auch im Fall Nicola Werdenigg habe sich gezeigt, dass sich die politischen Entscheidungsträger nicht ernsthaft mit dem Thema Machtmissbrauch und sexueller Gewalt auseinandersetzen würden, so Yildirim. Dagegen vorzugehen sei Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) offensichtlich kein besonderes Anliegen, kritisierte die SPÖ-Politikerin eine ihres Erachtens unzureichende Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage.

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