Spitzentöne
Was ich mir von
Mülheim wünsche
Den jährlich seitens der Stadt Mülheim an der Ruhr vergebenen Dramatikerpreis sollte man nicht überschätzen
Den jährlich seitens der Stadt Mülheim an der Ruhr vergebenen Dramatikerpreis sollte man nicht überschätzen: Hier werden in der jeweiligen Saison uraufgeführte Theaterstücke gezeigt, bewertet und prämiiert; wobei die aus den inneren Kritiker-und Dramaturgenkreisen formierte Jury gern in den selbst gegrabenen Tunnel blickt. Das bedeutet: Man verpflichtet sich jener Avantgarde, die man selbst definiert hat. Ein im konservativen Sinn gut gebautes Stück hätte keine Chance auf den Preis, den man andererseits auch nicht unterschätzen sollte: Hier wurden auch in jüngerer Zeit bedeutende Autoren geehrt, etwa Handke, Jelinek, Schimmelpfennig und Palmetshofer. Heuer darf man wieder patriotisch frohlocken: Dem Oberösterreicher Thomas Köck, Jahrgang 1986, werden die 15.000 Euro für das Stück "paradies spielen (abendland. ein abgesang)" ausgehändigt. Globalisierung und Klimawandel werden da emotional und unter Verzicht auf Bobo-Pädagogik verhandelt, so wie schon im gelungenen Vorgängerstück, "paradies fluten" (2017 im Akademietheater). Von der Jury aber würde ich mir wünschen, dass sie der durch sie mitbefeuerten Uraufführungssucht etwas entgegensetzt. Stücke nachzuspielen, gilt seitens der Bühnen als unelegant. Deshalb produzieren auch große Dramatiker wie besessen, statt nachhaltig von ihren Erfolgen zu profitieren. Ein Preis für das beste nachgespielte Stück wäre hilfreich.