Rezeptfreie Schmerzmittel: Das
sind die unbekannten Risiken

Bei plötzlich auftretenden Rücken-, Kopf- oder Zahnschmerzen wird häufig zu einem rezeptfreien Schmerzmittel gegriffen. Doch auch diese schnelle Hilfe sollte gezielt und überlegt eingesetzt werden. Was sollten Schmerzgeplagte bei der Einnahme beachten? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

von Selbstmedikation - Rezeptfreie Schmerzmittel: Das
sind die unbekannten Risiken © Bild: Liderina

Knapp jedes dritte Produkt, das in Österreichs Apotheken verkauft wird, ist ein rezeptfreies. Rund 450 Millionen Euro wird mit jenen rezeptfreie Medikamente (OTC/"Over The Counter") umgesetzt - ein lukratives Geschäft. Dabei hilft nicht jedes Schmerzmittel gegen jeden Schmerz. Und Kaum jemand kennt die Gefahren, die eine unkontrollierte Anwendung dieser Medikamente bergen kann.

Was soll ich bei der Einnahme von Schmerzmittel beachten?

Es gibt viele verschiedene Arzneistoffe in unterschiedlichen Kombinationen. Bei leichteren Beschwerden helfen sogenannte nicht-opioide Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure (ASS), Paracetamol oder niedrig dosiertes Diclofenac, Ibuprofen oder Naproxen.

"Ich empfehle, nicht mehr als 1.200 Milligramm Ibuprofen am Tag einzunehmen, erklärte Gunnar Gislason, Kardiologe am Universitätskrankenhaus in Gentofte in einer Presseaussendung. Diclofenac, den riskantesten Wirkstoff, sollten auch herzgesunde Menschen meiden.

Wichtig:Schon mehrere Analysen sogenannter Nicht-steroidaler Entzündungshemmer (NSAID), zu denen neben Ibuprofen und Diclofenac etwa auch Naproxen, Rofecoxib und Celecoxib zählen, haben gezeigt , dass diese Arzneistoffe mit kardiovaskulären Risiken verbunden sind. Soll heißen: Die Einnahme bestimmter Schmerzmittel erhöht das Risiko für einen Herzstillstand.

Wie wähle ich das richtige Schmerzmittel aus?

Den Großteil aller rezeptfreien Schmerzmittel machen fünf Wirkstoffe aus: Ibuprofen, Diclofenac, Acetylsalicylsäure (ASS), Naproxen und Paracetamol. Sie alle können Schmerzen lindern und Fieber senken. Ibuprofen ist laut dem IMS-Health-Bericht von 2016 der meistverkaufte Schmerzmittel-Wirkstoff in Deutschland, und hat das breiteste Einsatzgebiet – es wirkt von Zahn- und Kopfschmerzen bis hin zu Gelenkbeschwerden.

Naproxen zeigt sich ebenfalls vielfältig und sei speziell für Regelschmerzen zugelassen. Diclofenac reichert sich besonders gut in entzündetem Gewebe an und eignet sich deshalb gut für Sportverletzungen und Gelenkschmerzen mit Schwellungen.

Bei der Auswahl der richtigen Arznei sollten Patienten auch die Wirkdauer bedenken: ASS lindert Schmerz für etwa vier Stunden, Ibuprofen wirkt etwa sechs Stunden, Naproxen dagegen bis zu zwölf. Praktisch bedeutet das: Für eine kurze Kopfschmerzattacke eignen sich ASS oder Ibuprofen. Bei lang andauernden Kreuzschmerzen ist Naproxen besser.

Wie kann ich gefährliche Übermedikation vermeiden?

Geben Sie beim Arztbesuch ganz genau sämtliche Medikamente an, die Sie regelmäßig einnehmen, auch die rezeptfreien. Nur so kann sich ihr Hausarzt einen Überblick verschaffen. Dabei zählt natürlich nur absolute Ehrlichkeit, damit auch wirklich alle Wirkstoffe erfasst werden.

Gibt es einen Gewöhnungseffekt bei Schmerzmittel?

Ja! Der längere Gebrauch von Schmerzmitteln ohne ärztlichen Rat kann zu einem Gewöhnungseffekt führen – und birgt viele gesundheitliche Risiken. Statt Beschwerden mit Schmerzmitteln dauerhaft zu unterdrücken, ist es besser, ihren Ursachen auf den Grund zu gehen und diese gezielt zu behandeln.

Wie lange darf ich Schmerzmittel einnehmen?

Bei Schmerzen, deren Ursachen klar sind, gilt die Faustregel: Längstens drei Tage hintereinander und höchstens zehn Tage im Monat ohne ärztlichen Rat. Das ist zum Beispiel bei Regelbeschwerden der Fall. Bei längerer Einnahme erhöhen einige rezeptfreie Schmerzmittel bei vorbelasteten Patienten das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall

Gibt es süchtigmachende Schmerzmittel?

Die Opioid-Krise in den USA verdeutlicht diese Gefahr: In den Amerika sind nach Behördenangaben zwischen 1999 und 2017 fast 400.000 Menschen an den Folgen von Opioid-Missbrauch gestorben. Der Oxycontin-Hersteller und andere Firmen sollen in aggressiven Marketingkampagnen die Risiken süchtigmachender Schmerzmittel bei längerem Gebrauch verharmlost haben.

Im Vergleich zu der Opioid-Tragödie in den USA hat Österreich auf diesem Gebiet bisher mit wenig Problemen zu kämpfen. Das liegt an der vorsichtigen Verschreibungspraxis für Opioid-Schmerzmittel durch die Ärzte und den gesetzlichen Regelungen.