PORTRÄT von Fritz Verzetnitsch: Nach 19 Jahren an ÖGB-Spitze muss er Posten räumen

Übernahm Amt vom legendären Anton Benya Verzetnitsch in letzter Zeit des öfteren unter Druck

ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch muss die Spitze des Österreichischen Gewerkschaftsbundes verlassen. Am Wochenende hatte er einen Rücktritt als Konsequenz aus der Verstrickung in den Bawag-Skandal noch kategorisch abgelehnt. Nicht einmal 24 Stunden später war es Montagvormittag im erweiterten ÖGB-Präsidium dann aber doch soweit. Der 60-Jährige legte - nach 19 Jahren - seine Funktion als ÖGB-Präsident zurück. Die Amtsperiode hätte noch bis Herbst 2007 gedauert.

Verzetnitsch galt in der Vergangenheit bereits mehrmals als rücktrittsreif, etwa nach seinem ausdauernder Kanada-Urlaub während des Skandals um die Postgewerkschaft oder nach dem hinter seinem Rücken vorangetriebenen Fusionsprojekt von GPA und Metallern. Die aktuelle Bawag-Krise hat er nicht überstanden: Verzetnitsch hatte als ÖGB-Chef zugestimmt, dass zur Rettung der Bawag die Gewerkschaft die Haftung übernimmt. Damit wurde sogar der legendäre Streikfonds des Gewerkschaftsbundes aufs Spiel gesetzt - dass Mitglieder und Betriebsräte darauf nicht gerade humorig reagierten, war absehbar.

Zögerlichkeit oft kritisiert
Dabei galt eigentlich die Zögerlichkeit des obersten Gewerkschaftschefs als sein größtes Handicap. Zu konfliktscheu sei er, ewig ein "Jugendsekretär" geblieben, gegenüber dem jeweils amtierenden Wirtschaftskammer-Präsidenten zu nachgiebig - und in bester Innenstadt-Lage lebe er als Arbeiterführer auch noch - das übrigens nicht zufällig in einer Dachwohnung eines Bawag-Hauses.

In solchen in Gewerkschaftskreisen beliebten Lästereien über Verzetnitsch kam zum Ausdruck, dass er als Präsident keine Hausmacht hatte und letztlich als Kompromiss-Kandidat die Nachfolge des legendären Anton Benya anzutreten hatte. Dass er immerhin 19 Jahre das Amt besetzte, war also durchaus erstaunlicher. Von seiner Laufbahn her ist er freilich ein klassischer Gewerkschafter. Als gelernter Gas- und Wasserleitungs-Installateur setzte er mit 25 einen ersten kleinen Schritt in die Politik - als Angestellter im Jugendreferat des ÖGB. Von da an ging's steil bergauf - Jugendsekretär mit 28, Leitender Sekretär mit 38, Präsident mit 42 und Europäischer Gewerkschaftspräsident mit 45. Nebenbei nahm Verzetnitsch noch Mandate in Bundes- und Nationalrat mit, saß im ORF-Kuratorium und ließ sich im SPÖ-Präsidium nieder.

Respekt durch Anführer der "Abwehrstreiks"
Der eigentlich zu erwartende Respekt ihm gegenüber war - intern - trotzdem erstaunlich gering - allerdings nur, bis Schwarz-Blau kam. Die Pensionspläne der Koalition trieben den ÖGB und mit ihm die Arbeitnehmer auf die Straße. Verzetnitsch als Anführer der "Abwehrstreiks" konnte jetzt keiner mehr als Zauderer bezeichnen, entsprechend flaute die Kritik am begeisterten Radfahrer, Inline-Skater und Eisläufer damals ganz schnell ab. Und sogar von der Regierung und der Wirtschaftskammer wurde der Vater einer erwachsenen Tochter weiter gemocht, was ihn immer wieder medial zum Anwärter auf das Vizekanzleramt in einer allfälligen schwarz-roten Koalition machte.

Damit wird es jetzt wohl nichts werden, Verzetnitsch tritt nicht nur als ÖGB-Präsident zurück, sondern auch als SPÖ-Abgeordneter im Nationalrat. Offensichtlich soll er mit diesem Schritt nicht zu einer Belastung für die SPÖ im Wahlkampf werden.
(apa)