Wie ist das, wenn man die Macht verliert?

Peter Schröcksnadel & Clemens Hellsberg: Der Ex-Philharmoniker-Vorstand und der Ex-ÖSV-Präsident im Doppelinterview.

von Wie ist das, wenn man die Macht verliert? © Bild: Ricardo Herrgott/News

Clemens Hellsberg, der ehemalige Chef der Wiener Philharmoniker, legt eine Biografie über Ex-ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel vor. Nun sprechen die beiden ungleichen Freunde im Doppelinterview erstmals über Schröcksnadels brutale Kindheit - und darüber, wie sie mit dessen Image als "Ski-Diktator" zusammenhängt.

Die aufwühlendste Frage zuerst: Stimmt es, dass Peter Schröcksnadel Marcel Hirschers Wechsel zum niederländischen Verband abwenden musste?
Hellsberg: Nein, nein, ich habe nur geschrieben, dass es, wie bei Marc Girardelli, ein Thema hätte werden können. Aber es war dann letztendlich keines, ich darf Sie beruhigen.
Schröcksnadel: Die Möglichkeit, dass jemand mit Eltern unterschiedlicher Herkunft den Verband wechseln möchte, besteht natürlich immer. Aber: Ich hätte alles aufgebracht, um ihn zu halten, zum Glück war es nicht notwendig. Dennoch bin ich sicher, dass mir das mit dem Girardelli so nicht passiert wäre.

Hirscher als Niederländer - im Vergleich dazu hätten sich all unsere derzeitigen Regierungsumbildungen wohl ziemlich läppisch ausgenommen. Dennoch, wie erklären Sie als international bestens vernetzte Persönlichkeiten Menschen aus dem Ausland derzeit Österreich?
Schröcksnadel: Stichwort Bananenrepublik - das alles ist längst unerklärbar und unvorstellbar, das darf nicht passieren. Unsere Corona-Strategie hat unseren Ruf sehr stark beschädigt. Mein guter Freund und BioNTech-Mitbegründer Christoph Huber sagte mir: "Der jüngste Lockdown hat weltweit so einen Wirbel gemacht, dass Österreich das letzte Land ist, wo man heutzutage hinfahren will." Wir testen 25-mal mehr als die Deutschen, deswegen haben wir auch so eine hohe Inzidenz, und sogar Bulgarien mit seinen 300 Toten stuft uns als Hochrisikoland ein. Ich verstehe nicht, dass man den Test der Impfung gleichgesetzt hat, sodass sich jeder raustesten kann, das ist der gravierendste Fehler - aber lassen wir das, das ärgert mich wirklich! Wir beide, du in der Musik, ich im Sport, haben immer versucht, Österreich auf ein Podest zu heben - und von dem werden wir jetzt wieder runtergestoßen.
Hellsberg: Was ich nicht nachvollziehen kann: In der EU gibt es Verordnungen über die Federung von Traktorensitzen, von der normierten Bananenkrümmung ganz zu schweigen. Warum ist es in zwei Jahren nicht möglich, einheitliche statistische Standards für Tests und Impfungen zu schaffen, wozu haben wir bitte eine EU?

Clemens Hellsberg schrieb gemeinsam mit Josef Metzger unter dem Titel "Schröcksnadel"* eine Biografie über den legendären ÖSV-Chef. Seifert Verlag, 25,95 €, Detailinfos unter seifertverlag.at

Die mit Sternchen (*) gekennzeichneten Links sind Affiliate-Links. Wenn Sie auf einen solchen klicken und über diesen einkaufen, bekommen wir von dem betreffenden Online-Shop oder Anbieter eine Provision. Für Sie verändert sich der Preis nicht.

Zitat Schröcksnadel: "Und wenn du dann aufhörst und die Macht verlierst, dann kommen die Feinde aus den Löchern heraus." Zunächst bitte ich um eine spontane Assoziation: Macht, was bedeutet das für Sie?
Hellsberg: Visionen, Fantasie, das ist für mich Macht. Ich habe immer die Kunst als Macht anerkannt und mich dadurch von ihr beschützt gefühlt. Meine Vision war, dass die Philharmoniker einmal im Jahr für wirklich alle da sind. Zuerst dachte ich an ein Konzert auf Schloss Hof, bin zum damaligen Kanzler Schüssel, um ihm die Idee zu unterbreiten. Er sagte: "Macht das - aber in Wien." Und so kam es zu den Sommernachtskonzerten in Schönbrunn.
Schröcksnadel: Macht ist etwas, was man sich erarbeiten muss. Bei Diktatoren ist das etwas anderes, aber wenn jemand in einem freien Land Macht hat, so hat er sich die erarbeitet. Ohne Zustimmung keine Macht.
Hellsberg: Meine Orchestertätigkeit lehrte mich: Die Menschen verlangen einerseits Freiheit, sie wollen gehört werden - aber auch Führung.
Schröcksnadel: Und Management. Im Orchester ist es wie bei unseren Athleten: Jeder ist selbstständig, ein Unternehmer für sich, dem du eigentlich nichts anschaffen kannst. Du kannst nur die Fahne nehmen, mit ihr vorauslaufen und schauen, dass sie dir hinterherlaufen. Aber dafür müssen sie an dich glauben.
Hellsberg: Aber zunächst musst du selbst an etwas glauben. In meinem Falle ist das eben die Kunst.

Und in Ihrem?
Schröcksnadel: An den Sieg im Spitzensport. Das ist nichts anderes, als würdest du ein Solo spielen
Hellsberg: Und dabei die Grenzen stets ein wenig nach oben verschieben.

Wie verschiebt man Mozart nach oben?
Hellsberg: Karajan sagte einmal sinngemäß: Wenn alles optimal läuft, so gleicht das Orchester einem Schwarm von Zugvögeln: Die wissen nicht, warum sie genau so fliegen, wie sie fliegen, aber sie tun es - und kommen dadurch dem, was der Komponist wohl meinte, oft entscheidend näher.

© Ricardo Herrgott/News

Das ist dann so was wie absolute Sinnlichkeit, gibt es die im Sport auch?
Schröcksnadel: Haha, Sinnlichkeit - denken Sie nur an die Skilehrer! Heute ist das nicht mehr so, aber früher waren das die Figuren. Aber im Ernst: Die Ästhetik der Bewegung, etwa im Riesentorlauf
Hellsberg: die ist wie Bach: diese weiten Schwünge und Linien.

Herr Hellsberg, dass Sie ein Intimverhältnis zur Musik haben, ist ja evident. Und Sie, Herr Schröcksnadel?
Schröcksnadel: Ich trommle mit Kopfhörern im Keller - an meinem Schlagzeug. Rock, Soul, Blues, nur der Klassik bin ich früh abhandengekommen: Als Kind wollte ich eine Gitarre. Warum ich auf meinen Wunschzettel dennoch eine Violine zeichnete, ist mir bis heute schleierhaft. Also habe ich vier Jahre lang Geigenunterricht bekommen. Wie ich verdorben wurde? Mein Vater spielte selbst Cello, und immer, wenn im Radio ein Konzert lief, rief er: "Peter Paul, hast du schon Geige geübt?" Seit damals habe ich mit der Klassik abgeschlossen.

Während Sie, Herr Hellsberg, im noblen Schottenstift maturierten, besuchte Schröcksnadel das Lienzer Konviktsgymnasium samt Internat, das von ehemaligen Schülern aus den Fünfzigern und Sechzigern immer wieder als "KZ" beschrieben wird.
Hellsberg: Ja, aber der Peter selbst hat das nie so formuliert, ich zitiere im Buch nur andere Quellen. Aber schon in den Aufnahmepapieren mussten die Eltern bestätigen, dass sie "die Erziehungsgewalt" kraft Unterschrift an die Internatsleitung übergeben.
Schröcksnadel: Es stimmt schon, viele Zöglinge haben von einem KZ gesprochen. Und die Verhältnisse dort waren wirklich schlimm. Mein bester Freund und ich sind als Teenager abgehaut, setzten uns in einen Zug, wollten über Italien zurück nach Innsbruck fahren - da hat die Polizei uns zwei Buben rausgefischt, und wir mussten für zwei Tage ins Gefängnis. Es war eine schlimme Zeit - und natürlich prägt einen so eine Zeit.

»Ich habe immer schon die Sprache der Frauen gesprochen und kann sie sehr gut«

Peter Schröcksnadel über seine Art von Einfühlungsvermögen

Wie prägte Sie beispielsweise der sogenannte "Trockenskikurs"? Da ging es darum, sich mit im Knie rechtwinkelig gebogenen Beinen an einen Kasten anzulehnen und die Hände waagrecht auszustrecken, wobei beim Absinken der Hände mit einem Stock auf die Finger geschlagen wurde.
Schröcksnadel: Ach, da musste ich noch viel schlimmere Sachen machen. Einmal, da war ich zwölf, musste ich zur Strafe für eine Kleinigkeit "Häschenhüpfen", also mich in der Hocke hüpfend vorwärts bewegen - und zwar über dreieinhalb Kilometer. Sobald ich umgefallen bin, bekam ich einen Tritt in den Hintern - und weiter, immer weiter. Um das durchzustehen, habe ich mir innerlich immer wieder vorgesagt: "Das ist fürs Skifahren eine gute Übung, das ist fürs Skifahren eine gute Übung " Und wenn man so was dann den Eltern erzählt hat, hieß es: "Der Bua lügt." Das konnte eben keiner glauben. Watschen haben wir natürlich auch bekommen, eh klar.
Hellsberg: Und der zuständige Direktor mit dem beziehungsvollen Namen Pappenscheller schrieb deinen Eltern sinngemäß: Es habe "erfahrungsgemäß" keinen Sinn, wenn einer wie du auch noch die Oberstufe besuche, auch wenn er zugibt, dass er sich in solchen Fällen bereits "zu seiner Freude geirrt" habe.
Schröcksnadel: Ich bin dann mit 15 Jahren, aus eigenem Antrieb und ohne zu fragen, endgültig raus aus der Schule, hatte dann bis zur Matura Kost und Logis bei einem Bauern, wo ich den Stall ausmistete und den Kindern dafür Nachhilfe in Englisch gab.

Als was kommt man aus so einer Einrichtung raus, was hat das alles mit Ihnen gemacht?
Schröcksnadel: Das, was ich heute bin. Aber auch einen, der weiß, dass man immer zusammenhalten muss - weil einer alleine ohne den Zusammenhalt der Gruppe nicht überlebt. Das Wort des anderen muss gelten, darauf musst du dich verlassen können. Ich glaube, du kommst da als einer raus, der gefestigt ist - wenn du es überstehst, ohne daran zu zerbrechen. Für mich war das ein echter Überlebenskampf. Was du natürlich auch lernst, ist eine gewisse Härte. Aber eher gegenüber sich selbst, nicht gegenüber anderen.

Härte gegenüber sich selbst: Die braucht man doch als Weltklassemusiker auch, oder?
Hellsberg: Es gibt am Instrument auch rein physische Bewegungsabläufe, die so automatisiert werden müssen, dass sie zu jeder Tages-und Nachtzeit funktionieren, dafür bedarf es einer gewissen Hartnäckigkeit. Das ist wie der perfekte Schwung beim Skifahren. Bei mir ging es aber stets darum, etwas zu erreichen, beim Peter ging es zunächst ums Überleben, das ist etwas ganz anderes. Ich war zwar als Soldat beim Jagdkommando, das war auch ziemlich hart, aber es war nie Schikane.

Herr Schröcksnadel, wenn Sie heute mit 80 Jahren zurückblicken: Hat Ihnen das alles geschadet?
Schröcksnadel: Letzten Endes hat es mir nicht geschadet - vielleicht hat es mich beeinflusst, das ja. Aber ich habe Menschen gesehen, die daran zerbrochen sind.

Vieles von dem, was Sie geworden sind, verdanken Sie ganz offensichtlich Ihrer Disziplin. Diesem Wort haftet heute etwas Ewiggestriges, Reaktionäres an - zu Recht?
Schröcksnadel: Ich musste lernen, was Disziplin bedeutet. Und ich glaube, Disziplin an sich ist schon ein Wert, weil sie dir hilft, dich selbst zu kontrollieren und Dinge einzuschätzen. Ab einem gewissen Zeitpunkt habe ich mich dann aber genau ins Gegenteil entwickelt, ich wollte kreativ sein, Dinge entwickeln, da war das Korsett der Disziplin dann oft weg.
Hellsberg: Manches, was man sich erträumt, kann man nur durch Disziplin erreichen: Ich habe während der Studienzeit eben nicht dreimal pro Woche auf eine Party gehen können.

© Ricardo Herrgott/News

Nie gekifft, nicht getrunken?
Hellsberg: Nein, aber ich habe das nicht als Verzicht gesehen. Gut, auf eine Party wäre ich ab und zu schon gerne gegangen, aber meine Eltern haben sehr genau auf mich geschaut, und es waren noch andere Zeiten
Schröcksnadel: Na geh, das waren die Zeiten! Die Sechziger, die Zeit der Revolution.

"Ski-Diktator" Schröcksnadel ist ein geflügeltes Wort. Will man denn als Chef nicht eher geliebt werden?
Schröcksnadel: Liebe? Eigentlich willst du Zustimmung, ja, das willst du schon. Natürlich kannst du auch Management bei Mistrust betreiben und jeden überwachen - oder das Gegenteil, eben mit Vertrauen. Und ich habe es immer mit Vertrauen gemacht. Und auch wenn es immer wieder "der Diktator" hieß: Ich weiß nicht, woher das kommt, in den Führungsgremien wurde immer alles abgestimmt. Ich war nie ein Diktator, sondern immer nur der, der mit der Fahne vorausgelaufen ist. Aber die, die mich so nennen, sind mir eigentlich wurscht. Ich bin in deren Augen ja auch ein "Macho" und ein "Frauenfeind".

Schätzen Sie eigentlich den Altpräsidenten Heinz Fischer?
Schröcksnadel: Ja, sehr.

Der schrieb nämlich in einem Vorwort über Sie: "In Bezug auf Frauenbewegung und Gleichberechtigung war manchmal ein bisschen Nachhilfe notwendig." Richtig oder falsch?
Schröcksnadel: Falsch, wirklich falsch. Sonst hätte ich ja nicht all das gemacht, was ich nun einmal gemacht habe: Ich habe mit Professor Martina Leibovici-Mühlberger eine Expertin für Organisationsmanagement für den ÖSV engagiert und mit Petra Kronberger eine Frauenbeauftragte. Okay, vielleicht war es unklug von mir, zu sagen: "Was geht's mich an, was vor 50 Jahren war?"

Aber bestand nicht genau darin das Hauptproblem: nämlich dass Nicola Werdenigg sich als Opfer sexualisierter Gewalt im ÖSV outete und Sie meinten, Sie hätten damit nichts zu tun?
Schröcksnadel: Das hatte ich ja auch nicht. Und ihr ist auch vieles entgangen, was sich seit ihrer Zeit weiterentwickelt hat. Na, wie sollte ich denn reagieren?

Der Vorwurf, auch jener Ihrer Kommunikationsberaterin Heidi Glück, war der: Sie sagten nicht sinngemäß: "Schlimm, dass so was passieren konnte", sondern: "Also damit haben wir nix zu tun."
Schröcksnadel: Schauen Sie, dass kann natürlich damit zusammenhängen, dass ich als junger Mensch selber sehr viel erlebt habe. Wenn du im Internat aufgewachsen bist wie ich, hast du viele Dinge erlebt, die danach nicht an die Öffentlichkeit gehen.
Hellsberg: Du musstest für eine Zeit Stellung beziehen, für die du nicht zuständig warst. Ich kenne das, ich weiß, wie das ist: Ich habe die NS-Vergangenheit unseres Orchesters aufarbeiten müssen. Ich konnte nicht sagen: "Das geht mich nichts an, die Uraufführungen von Sinfonien Bruckners, Brahms' oder Mahlers, das waren schon ,wir', aber während der NS-Zeit, das waren ,die damals'." Man steht dann mit blutendem Herzen vor dieser Institution, die einem so viel bedeutet, und muss sich eingestehen: "Ich habe etwas damit zu tun, auch wenn ich damals noch gar nicht auf der Welt war." Und das schmerzt.
Schröcksnadel: Was mich wirklich ärgerte, war, dass man so tat, als wäre das im Verband heute auch noch alles so und der Schröcksnadel wäre daran schuld. Dieser Vorwurf: "Heute ist es ja nicht anders."

»Alter, weißer Mann: Natürlich ist das despektierlich gemeint, aber das lasse ich nicht an mich heran«

Clemens Hellsberg über Typisierungen und ihre Folgen

Sie sagten einmal: "Wenn Männer Frauen trainieren, ist das immer eine schwierige Geschichte, die Sprache des Mannes ist eine andere als die Sprache der Frau."
Schröcksnadel: So ist es auch.

Und sprechen Sie mittlerweile auch die Sprache der Frauen?
Schröcksnadel: Die habe ich immer schon gesprochen und kann sie sehr gut, nur viele unserer Trainer können sie nicht. Aber es ist eine andere Sprache.

Inwiefern?
Schröcksnadel: Nehmen wir eine gemeinsame Autofahrt. Der Mann sagt: "Bleiben wir stehen, ich muss aufs Häusl." Die Frau sagt: "Schatzi, wir fahren schon so lange, wollen wir nicht wo einen Kaffee trinken?" Das ist nun einmal der Unterschied, und Feministinnen hauen mich dafür. Aber man muss die Frauen eben verstehen, sie sind nun einmal andere Wesen als die Männer. Aber es stimmt schon: Vielleicht habe ich durch die Internatszeit eine gewisse Härte gelernt und drücke mich verkürzter aus als andere - und umschreibe dabei die Sachen nicht so sehr, das ist schon möglich. Dass jeder einzelne Missbrauch eine schlimme Geschichte ist, steht ja außer Zweifel. Aber mit mir hat ja keiner geredet, man hat mich immer nur interpretiert. Wir haben mit dem Projekt "Optimal Sports" wirklich vieles auf den Weg gebracht. Warum bin ich jetzt der Frauenfeind? Die Geschichte mit dem Schminkkurs, da hat man mich ja auch total zerrissen.

Erzählen Sie.
Schröcksnadel: Es ging um die Lindsey Vonn, von der ich sagte: "Die richtet sich als Frau her und verkauft das." Wenn du gut hergerichtet bist, hast du einfach mehr Chancen, etwa, um Sponsoren zu gewinnen. Das ist nun einmal so und auch nichts Schlimmes - obwohl es gar nicht von mir gekommen ist. Die Petra Kronberger ist zu mir gekommen und fragte: "Wir haben zufällig eine Visagistin da und morgen frei - würdest du einem Schminkkurs zustimmen?" Ich sagte: "Klar, jederzeit, das zahlen wir." Dann hieß es plötzlich, dem Schröcksnadel wären die Frauen zu schiach.

"Alter, weißer Mann" - das ist gegenwärtig eine Art Kampfbegriff. Herr Hellsberg, haben Sie mit Ende 60, Herr Schröcksnadel, haben Sie mit Anfang 80 Verständnis für diese Zuschreibung?
Hellsberg: Sie ist natürlich despektierlich gemeint, aber ich lasse sie nicht an mich heran. Ich habe Menschen kennengelernt, die waren selbst nach 40 Dienstjahren junggeblieben, und andere, die als Junge schon eher an angehende Pensionisten gemahnten.
Schröcksnadel: Wenn die sagen würden: "weiser Mann", wäre das was anderes. Aber leider, so ehrlich muss man sein, bin ich nicht einmal das.

Was fehlt Ihnen denn zur Weisheit?
Hellsberg: Die Gelassenheit.
Schröcksnadel: Stimmt. Ich habe, auch wenn das manchen nicht passt, noch immer eine unglaubliche Ausdauer - aber keine Geduld.

ZUR PERSON

Peter Schröcksnadel

Der am 30. Juli 1941 in Innsbruck geborene Schröcksnadel war von 1990 weg 31 Jahre lang Präsident des Österreichischen Skiverbands, kurz ÖSV. Vor seiner Verbandskarriere gründete er die Firma Sitour, die Österreichs Pistenleitsysteme auf völlig neue Beine stellte. Heute halten Schröcksnadels Firmen hohe Beteiligungen an Skigebieten und Tourismusunternehmen, die zu den wichtigsten im Lande gehören. Schröcksnadel ist einer von vier Vizepräsidenten des internationalen Skiverbands FIS.

Clemens Hellsberg

Der Weltklasseviolinist Hellsberg, geboren am 28. März 1952 in Linz, war von 1997 bis 2014 Vorstand der Wiener Philharmoniker. Der vierfache Vater, der es in einem Jagdkommando des Bundesheeres zum Fähnrich brachte, erwarb sich wesentliche Verdienste in der Aufarbeitung des NS-Vergangenheit der Philharmoniker.

Das Interview ist ursprünglich in der Printausgabe von News Nr. 49/2021 erschienen.