Mehr Forschung zu "seltener Erkrankung":
In Österreich gibt es ca. 400.000 Betroffene

Leichterer Zugung zu Diagnose & Therapie gefordert Datenbanksystem speichert neue Informationen ab

Von Herzinfarkt, Brustkrebs und Diabetes wird häufig gesprochen. Doch allein in Österreich leben rund 400.000 Menschen, die direkt oder indirekt von sogenannten "seltenen Erkrankungen" betroffen sind. In Europa sind es 25 Millionen. Sie fordern jetzt anlässlich des "Tages der seltenen Erkrankungen" mehr Forschung und leichteren Zugang zu Diagnose und Therapien.

Mehr Forschung zu "seltener Erkrankung":
In Österreich gibt es ca. 400.000 Betroffene

"Seltene Erkrankungen werden in der EU dadurch definiert, dass weniger als eine Person auf 2.000 Einwohner ein solches Leiden hat. Erfasst sind bisher mehr als 5.000 solcher Erkrankungen. Schätzungen über ihre Zahl gehen auf 6.000 bis 8.000", erklärte Till Voigtländer vom Klinischen Institut für Neurologie an der Wiener Universitätsklinik (AKH).

Unter den Leiden finden sich Morbus Gaucher genauso wie Mucopolysaccharidosen, zystische Fibrose, Glasknochenkrankheit oder Epidermolysis bullosa ("Schmetterlingskinder"), was aber noch die bekanntesten sind.

"Seltene Erkrankungen"
Voigtländer: "Etwa 75 Prozent dieser Erkrankungen basieren auf einer genetischen Störung. Häufig liegt ein monogenetischer Defekt vor, die Störung beruht also auf der Mutation eines bestimmten Gens. Zu dieser Gruppe gehören beispielsweise Stoffwechselerkrankungen und neurologische Erkrankungen. Komplexe genetische Defekte finden sich zum Beispiel bei seltenen Krebsformen wie den Hirntumoren. Aber auch bestimmte Erkrankungen des Immunsystems, Infektionskrankheiten und Erkrankungen durch Umweltgifte gehören zu den 'seltenen Erkrankungen'".

Späte Diagnose
Ein wesentliches Problem liegt darin, dass durch die Vielzahl der "seltenen Erkrankungen" und ihrer Erscheinungsbilder trotz oft schwerwiegender, fortschreitender und lebensverkürzender Folgen die Diagnose häufig erst spät erfolgt. Bis die Betroffenen zu Spezialisten kommen, vergeht viel Zeit. Es gibt niemanden, der alle diese Krankheiten überschauen kann.

Deshalb wurde 1996, nach jahrelangen Vorarbeiten durch die französische Expertin Segolene Ayme, ein Datenbanksystem ( www.orpha.net ) installiert, in das kontinuierlich alle vorhandenen Informationen über die seltenen Krankheiten aufgenommen werden. Dazu gibt es Listen von Spezialkliniken, Fachleuten etc.

Forderung nach therapeutischen Maßnahmen
Doch es geht nicht nur um Informationen. Voigtländer: "Es gibt viele Bereiche, in denen es Probleme gibt. Sie betreffen die Pflege der Betroffenen, das Ausfindigmachen von Ärzten, die sich auskennen. Es gibt auch Probleme mit den Krankenkassen. Manche Therapien sind extrem teuer. Und bei Therapien, die auf einer speziellen Diät beruhen, geht es manchmal schlicht um Nahrungsergänzungsmittel, welche die Patienten dann benötigen - und die nicht bezahlt werden."

Deshalb eine der Forderungen: Wenn ein Patient an einer in einem EU-weiten Katalog aufgeführten "seltenen Erkrankung" leidet, sollte ein Recht auf freien Zugang zu allen notwendigen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen samt Rezeptgebührenbefreiung und anderen Erleichterungen Platz greifen. Der Experte: "Die Behandlungskosten sollten auch aus dem Krankenkassensystem ausgegliedert werden." Ähnliches wäre auch in der Forschung notwendig, da man mit Projekten in Sachen "seltener Erkrankungen" bei den Forschungsfonds oft scheitere. (apa/red)