Nach Benko bricht ein Zacken aus der Krone

Am Rande der riesigsten Pleite aller Austro-Zeiten beginnt das Ringen um einen vergleichsweise kleinen Rest von René Benkos Signa. Ihr gehört fast ein Viertel von Österreichs größtem privatem Medienhaus rund um "Krone", "Kurier" und "Profil"

von Medien & Menschen - Nach Benko bricht ein Zacken aus der Krone © Bild: Gleissfoto

Mit "Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt" hat Peter Handke einen Titel geschaffen, der zeitlos über seinen Sinn nachdenken lässt, auch wenn man das Buch nicht gelesen hat. Aktuell passt er für die internen und externen Beziehungen der Mediaprint. Sie ist hinter dem Milliardenunternehmen ORF mit knapp 400 Millionen Euro das umsatzstärkste heimische Medienhaus. Das liegt vor allem an der "Krone", die sich mit dem "Kurier" diese Tochterfirma fifty-fifty teilt, aber Gewinne im Verhältnis sieben zu drei kassiert. Falls es sie gibt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr war es ein zweistelliger Millionenverlust.

Das muss einen Hälfte-Gesellschafter des Kleinstformats nicht besonders stören. Denn Christoph Dichand (58), seine Mutter Helga und die Geschwister Michael und Johanna, die je 12,5 Prozent des Blattes geerbt haben, erhalten einen schon von Vater Hans († 2010) ausgehandelten Vorabgewinn, für den im Zweifel die Partner aufkommen müssen. Das ist die Funke-Gruppe aus dem Ruhrpott. Sie hat wieder einmal vor einem Schweizer Schiedsgericht gegen diese Garantiesumme geklagt und hält sie seit Jahren zurück. Mittlerweile sollen so schon 40 Millionen blockiert sein.

Die Freude der Deutschen an ihrem Austro-Engagement ist insgesamt enden wollend. Also hat Funke-Chefin Julia Becker (51) 2018 nicht lang gefackelt, als René Benkos (46) Signa sich daran beteiligen wollte. Der damals noch Aufsteiger war mit seiner Warenhauskette Galeria Kaufhof gleich ums Eck. Auch ihre Zentrale ist in Essen. Die Ösis erwarben schließlich 49,5 Prozent der NKZ Austria-Beteiligung. Sie hat einen Gewinnabführungsvertrag mit der WAZ Ausland Holding. Das ist die Abkürzung für "Westdeutsche Allgemeine Zeitung". So hieß Funke bei ihrem Einstieg in die "Krone" 1987. Fast 40 Jahre später, am Höhepunkt des Polit-Hypes um Kanzler Sebastian Kurz (37), hätte die Signa gerne das gesamte Paket übernommen. Doch bei Mehrheitsabgabe der Deutschen gäbe es für die Dichands ein Vorkaufsrecht. Also beschieden sich Benkos Luftschlossherren mit knapp der Hälfte, die 80 Millionen Euro gekostet haben soll. Dass die gleiche Summe auf einem Sperrkonto zwecks Übernahme des Rests gelandet sei, dafür gibt es im Gegensatz zum Kaufpreis auch keine anonyme Bestätigung aus der Innenwelt des Mediaprint-Geflechts. Dass die Masseverwalter die Beteiligung umgehend zu Geld machen wollen, glauben aber ebenso alle Mitmischer, wie dass es keine Interessenten in der Außenwelt dafür gebe. Zumindest nicht mit Spielregeln, die ausschließlich Vorteile für die Dichands bringen. Sie hätten ohnehin gern alle Anteile, doch waren sie ihnen bisher zu teuer. Das könnte sich nun rasch ändern.

Wenn Funke das Match vor dem Zürcher Schiedsgericht erneut verliert, wäre eine naheliegende Dichand-Argumentation, mit den zurückgehaltenen Vorabgewinnmillionen sei ein Großteil des deutschen Anteils bezahlt. Dass heute noch die Signa-Preise erzielt werden können, ist wegen des Zeitdrucks für die Masseverwalter und auch der Branchenkrise nahezu auszuschließen. In diesen Preispoker zwischen Funke, Dichands und den Resteverwertern nach Benko könnte aber auch der finanzkräftigste Mediaprint-Gesellschafter eingreifen. Raiffeisen ist mit Hunderten Millionen von der Pleite rund um den Tiroler Kartenhauserbauer betroffen und hält mit 50,56 Prozent die Mehrheit am "Kurier". Der Rest gehört zur Funke-Auslandstochter mit Signa-Beteiligung.

Gegen diese Großkapitalverschiebungen wirken die bemerkenswerten aktuellen Personalia des Hauses geradezu mickrig. Seit 1. Dezember ist der Österreicher Michael Tillian (49) für die Deutschen Geschäftsführer von "Krone" und Mediaprint. Wie sein Gegenüber, der Dichand-Vertreter Gerhard Valeskini (57), kommt er ursprünglich aus der Styria, dem fast gleich großen Grazer Medienhaus. Für Raiffeisen bzw. den "Kurier" ergänzt noch Thomas Kralinger (63) bereits seit 16 Jahren das CEO-Trio.

Tillian gilt als harter Sanierer und war von 2012 bis 2014 Geschäftsführer der "Presse". Rainer Nowak (51) hat ihn dort in seinen ersten Jahren als Chefredakteur erlebt. Als Zukünftiger in dieser Funktion wird er seit Monaten für die "Krone" gehandelt. Vorab muss er sich jedoch ab Jahreswechsel als Chef der Innen- und Außenpolitik sowie Wirtschaft bescheiden. Und es gibt einen weiteren solchen Super-Ressortleiter. Christoph Budin (50) für In- und Auslandschronik sowie Gericht. Er feiert im Mai 2024 schon sein 30-jähriges Dienstjubiläum. Unterdessen verorten Kollegen Klaus Herrmann (61) den geschäftsführenden Chefredakteur (nominell ist und bleibt das wohl auch Dichand selbst) schon mehr in der heimatlichen Steiermark, wo er als Nebenjob die Bundesland-"Krone" schupft. Erste Reihe fußfrei in Graz für den Showdown in Wien. Quasi "die Außenwelt der Innenwelt der Außenwelt".