Hab Milch doch gern!

Während der Milchpreis fällt und fällt, boomen Sojadrinks und andere hochpreisige Ersatzprodukte. Immer mehr Konsumenten verzichten aus gesundheitlichen Gründen auf Milchprodukte. Ist das gescheit?

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Leben - Hab Milch doch gern!

Rund 28 Cent bekommt ein österreichischer Bauer für jeden Liter Milch, den er der Molkerei liefert. Geben seine Kühe Bioheumilch, schaut der Verkaufspreis mit derzeit 47 Cent pro Liter schon etwas besser aus. Reich wird man auch damit nicht. Für viele Landwirte in Österreich reicht der Verdienst nicht einmal, um den eigenen Hof zu erhalten, ohne nebenher noch einem anderen Beruf nachzugehen. Geklagt wurde schon oft über den niedrigen Milchpreis, doch heuer ist ein besonders mageres Jahr. Seit dem Wegfallen der EU-Milchquoten kann jeder Bauer so viel Milch liefern, wie er will. Viele haben daher ihre Produktionskapazitäten ausgebaut. Und drücken nun ihre eigenen Preise in den Keller.

Etwa 85 Cent kostet ein Liter einer Eigenmarken-Milch im Supermarkt. Unweit des Kühlregals nehmen die Milchersatzprodukte immer mehr Platz ein. Deren Produzenten plagen keine Tiefstpreissorgen. Ein Liter Mandelmilch kostet im selben Supermarkt stolze 2,99 Euro, ein Liter Sojamilch 1,79 Euro. Bedenkt man, dass der Durchschnittskonsument sieben Euro pro Monat für Milch ausgibt und pro Jahr 77 Kilogramm Milch konsumiert, wäre ein kompletter Umstieg ein teurer Genuss. Dennoch wuchs die Milchersatzbranche 2014 laut Zahlen aus Deutschland um 40 Prozent. Bei der Supermarktkette Spar meldet man, dass der Umsatz mit Milchersatzprodukten im Lebensmittelhandel schon knapp zehn Prozent des Milchumsatzes ausmache. Tendenz: stark steigend.

Nicht nur strikte Veganer kaufen Drinks aus Soja, Mandel, Hafer, Reis, Dinkel oder Kokosnuss. Auch gesundheitsbewusste Konsumenten oder Menschen, die Laktose oder Milcheiweiß nicht vertragen, greifen immer öfter zu, steht pflanzlich doch meist für gesunden Genuss.

Ernährungsexperten stehen diesen neuen Lebensmitteln freilich kritisch gegenüber. Heidi Szepannek, leitende Diätologin am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wien, sagt: "Ersatzprodukte wie Hafer-, Soja-oder Reismilch braucht man nicht für eine gesunde Ernährung. Früher waren diese Produkte vielleicht noch relevant, wenn jemand eine Laktoseintoleranz hatte. Aber heute gibt es eine große Auswahl laktosefreier Produkte, und diese 'Milch' aus Getreide ist daher sehr verzichtbar." In ihrem Krankenhaus hat man sich auf Erkrankungen des MagenDarm-Trakts spezialisiert und empfiehlt den Patienten, Milch und Milchprodukte in den Speiseplan einzubauen. "Milch ist prinzipiell gesund. Wir bezeichnen Milch aber nicht als Getränk, sondern als Lebensmittel, da sie sehr viele Kalorien hat. Das natürlich vorliegende Verhältnis von Fett, Vitamin D und Kalzium in Milchprodukten ist wichtig für die Knochengesundheit. Wir empfehlen einen Viertelliter Milch oder einen Becher Joghurt täglich. Zusätzlich sind fünf bis acht Deka Käse sinnvoll. Man braucht bei diesen Mengen auch nicht auf fettreduzierte Produkte zurückzugreifen", erklärt Szepannek.

Jenen rund 25 Prozent der Österreicher, die an einer Laktoseintoleranz leiden, empfiehlt die Diätologin, auf laktosefreie Produkte umzusteigen. Butter und Hartkäse sind sowieso laktosefrei. Aufpassen sollte man hingegen bei Fertigprodukten. Oft ist in ihnen Molkepulver verarbeitet, das besonders viel Laktose enthält. Schaf-, Ziegen-und Stutenmilch sind übrigens nur für jene Menschen eine Alternative, die an einer Molkeneiweißallergie leiden.

Ursula Pabst von der Ernährungsberatung Resize empfiehlt gesunden Menschen, auf den richtigen Mix in der Ernährung zu achten. "Es spricht überhaupt nichts dagegen, etwas Kuhmilch im Kaffee zu genießen, dazwischen ein Sojajoghurt zu löffeln und Käse aus Schaf-oder Ziegenmilch aufs Brot zu geben. Wer den süßeren Geschmack der laktosefreien Milch mag, kann sie ohne Probleme trinken, auch wenn keine Laktoseunverträglichkeit vorliegt." Sie hat beobachtet, dass immer mehr Menschen glauben, Milchprodukte seien schlecht für ihre Gesundheit. Die Annahme, dass Ersatzprodukte oder laktosefreie Milch automatisch besser seien, stimme aber so nicht, sagt Pabst.

Die Vor-und Nachteile der pflanzlichen Milchalternativen erklärt sie so: "Handelsübliche Sojadrinks sind der Kuhmilch vom Eiweißgehalt her sehr ähnlich. Sojadrinks sind von Natur aus laktosefrei und, sofern sie pur sind, sehr zuckerarm. Den meisten Produkten wird allerdings aus geschmacklichen Gründen Zucker zugesetzt. Bis zu einem Gehalt von etwa vier Gramm Zucker pro hundert Milliliter finde ich das vertretbar, weil auch normale Kuhmilch diese Zuckermenge aufweist. Der Fettgehalt von Sojadrinks ist üblicherweise im Bereich einer Halbfettmilch angesiedelt. Der Energiegehalt liegt pro hundert Milliliter zwischen 35 und 50 Kalorien."

Auf Inhaltsstoffe achten

Genauer hinschauen sollte man bei Sojaprodukten mit Geschmack, erklärt die Ernährungsexpertin. "Sobald Vanille, Schokolade oder andere Geschmäcker mit ins Spiel kommen, enthalten die Produkte meist reichlich Zucker und sind als Süßigkeiten einzustufen." Wer ganz auf Sojaprodukte umsteigt, muss darauf achten, dass die Vitamin-und Kaliumzufuhr passt. Man sollte zu Bioprodukten greifen, weil diese nicht gentechnisch verändert sein dürfen. Hauptanbaugebiet für Soja ist China. Ist einem auch die Ökobilanz des Sojadrinks wichtig, sollte man daher beim Kauf einen Blick auf die Herkunft werfen.

Neben Sojadrinks nehmen solche aus Hafer, Reis, Dinkel, Mandeln oder Kokos immer mehr Raum im Lebensmittelregal ein. Hier kann zugreifen, wer Getreide und Nüsse verträgt. Pabst weist jedoch auf die Inhaltsstoffe dieser Produkte hin: "Ersetze ich ein Glas Kuhmilch, das mir pro Glas ganze zehn Gramm Eiweiß liefert, durch ein Glas Reisdrink mit 0,5 Gramm Eiweiß, habe ich zwar optisch ein ähnliches Produkt, nicht aber von den Nährstoffen für den Körper. Vielen Milchalternativen werden Nährstoffe wie Kalzium, Vitamin B2 und B12 künstlich zugesetzt, da sie in diesen Produkten nicht natürlich vorkommen. In Bezug auf Nährwerte gibt es allerdings keine Standards für diese Produkte. Das heißt, jeder Hersteller darf im Grunde machen, was er will, solange er das Produkt richtig deklariert. Wer also wissen möchte, was er trinkt, kommt nicht darum herum, die Zutatenliste zu lesen. Häufig enthalten diese Drinks Zusatzstoffe wie Stabilisatoren, Verdickungsmittel oder Aromen. Wer dem entgehen möchte, greift besser zu Bio, denn in Bioprodukten werden in der Regel weniger Zusätze verwendet."

Bei Getreide-und Reismilch sollte man zudem den Kaloriengehalt beachten, sagt Pabst. "Hundert Milliliter Reismilch haben 50 Kalorien, mehr als Cola." Bei Nussdrinks liege der Anteil an Nüssen oft nur bei zwei Prozent. "Die guten Inhaltsstoffe von Nüssen erhält man weitaus besser, wenn man die ganzen Nüsse isst." Trotzdem kommt sie zu dem Schluss: Dem ausgewogenen Speiseplan zugesetzt, sind die Ersatzmilchprodukte kein Fehler.

Glückliche Kühe?

3,5 Millionen Tonnen Milch wurden 2014 in Österreich gemolken. Ein Drittel davon wird exportiert, der Rest im Land zu Milch, Joghurt, Butter, Käse und weiteren Milchprodukten verarbeitet und verspeist. Wer tierische Produkte isst, sollte sich zumindest ein paar Gedanken über die Tierhaltung machen. Auf landschafftleben.at, einer neuen Informationsplattform, auf der die Entstehung bäuerlicher Produkte unabhängig recherchiert wird, ist auch der Milch ein Kapitel gewidmet.

Dort wird beschrieben, dass und wie die Milchkühe enthornt werden, damit sie sich gegenseitig oder die Bauern nicht verletzen. Bei Kälbern in konventionellen Betrieben darf das ohne Narkose geschehen, auf Biobauernhöfen nur mit Betäubung. Ein Kritikpunkt für Tierschützer ist auch, dass Kühe und Kälber früh, oft schon am ersten Tag, getrennt werden. Für Veganer und Tierschützer sind das wichtige Argumente für die pflanzliche Milch. Natürlich würde jeder Konsument "seine" Milchkühe lieber auf der Weide sehen als angebunden im Stall, wie es oft der Fall ist. Nur 15 bis 20 Prozent der Kühe befinden sich in Weidehaltung, das heißt, dass sie je nach Witterung einen Teil des Jahres auf einer freien Fläche grasen dürfen. Immerhin: Bei einer Durchschnittsgröße von 17 Kühen pro Betrieb kennen Österreichs Milchbauern ihre Tiere noch persönlich.

Susi 1 und Maxi 2

Wenn Herbert Masaniger, Qualitätsmanager und Laborleiter bei Kärntnermilch, Milchproben ins Labor bekommt, stehen da noch Namen drauf wie Susi 1 oder Maxi 2. "Die Bauern kennen ihre Tiere. Von einer industriellen Landwirtschaft sind wir in Österreich weit entfernt." Dennoch hat er in 45 Jahren Milchwirtschaft beobachtet, wie sich die Meinung der Konsumenten ändert: "Heute gibt es eine emotionale Bindung ans Tier, die Konsumenten reagieren auf dieses Thema viel stärker als früher und verstehen oft nicht mehr, dass die Kuh ein Nutztier ist und ihre Haltung eine harte, reale Tätigkeit. Davon lebt der Bauer. Heute glauben viele, die Tierhaltung sei wie ein Streichelzoo. Und in der Werbung lässt man die Tiere über grüne Wiesen galoppieren."

Ja, mit Milchersatzprodukten verdiene die Ernährungsindustrie viel Geld. "Doch in keinem anderen Nahrungsmittel sind so viele wichtige Nährstoffe in Bioverfügbarkeit enthalten wie in Kuhmilch. Ein Erwachsener könnte sich sehr lang nur von Milch ernähren", sagt Masaniger. Der Mensch habe in 8000 Jahren Nutztierhaltung seine Verdauung an die Milch angepasst, erklärt er. "Doch heute sagen viele Ärzte von Haus aus: 'Trinken Sie keine Milch!', wenn jemand Probleme hat. Nicht die Zahl jener, die Milchunverträglichkeiten haben, sondern deren Wahrnehmung nimmt zu", lautet seine Diagnose.

Die Kärntnermilch ist inzwischen Österreichs größter Hersteller von laktosefreier Milch und laktosefreiem Käse. Rund acht Prozent der Produktion entfallen auf diese Produkte. Bei Menschen, die an Laktoseintoleranz leiden, produziert der Darm zu wenig Laktase, das ist jenes Enzym, das den Milchzucker bei der Verdauung aufspaltet. Bei laktosefreien Produkten wird der Milch dieses Enzym in der Molkerei zugesetzt und die Laktose aufgespalten.

Es gibt aber eine schlechte Nachricht für Naschkatzen: Nougat, Milchschokolade oder Eiscreme sind echte Laktosebomben. Ob das allen bewusst ist, die sich den Einkaufswagen mit Sojamilch und Schokoriegeln füllen?

Kommentare

fuerTiere
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Die Tierhaltung, und damit der Konsum tierischer Produkte, ist einer der Hauptverursacher für die größten Probleme unserer Zeit: vom Klimawandel über die Rodung der Wälder, bis hin zur Ressourcenverschwendung und Trinkwasserproblematik. Wenn Ihnen etwas an unserem Planeten liegt, leben Sie vegan.

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Den Planeten wird man durch Veganismus nicht retten. Natürlich kann die Erde leichter 10 Milliarden Veganer als 10 Milliarden Fleischesser ernähren. Aber, wenn 10 Milliarden Veganer gut ernährt werden, hat man in ein paar Jahrzehnten 20 Milliarden davon, und das globale Problem ist genauso da mit der doppelten Anzahl Betroffener. Veganer betreiben Psychohygiene, nicht Weltenrettung.

strizzi1949
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Es werden heutzutage Wälder gerodet, um Felder anzulegen! Und die Felder und die Gemüseplantagen müssen künstlich bewässert werden! Wo also wäre die Ressourcenersparnis, würden sich alle vegan ernähren? Ich denke, dass die Landwirtschaft mehr Wasser benötigt, als die Tierzucht!

David Richter
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So ein Schwachsinn diese Milch-ist-gesund Propaganda!
Als seit 20 Jahren vegan lebender Mensch und Vater von 3 lebenslang vegan ernährten Kindern weiß ich aus eigener Erfahrung, dass der Mensch im Nicht-Säuglingsalter die Muttermilch einer anderen Tierart absolut nicht braucht!
Gentec: schlecht recherchiert!! Es GIBT KEINE GENTECHNIK-Sojalebensmittel für Menschen in Österreich. Tierfutter schon.

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Nur weil man etwas nicht braucht heißt noch lange nicht, dass es nicht gesund sei. Ansonsten kann man auch auf diese Art gegen Veganismus-ist-gesund Propaganda argumentieren. Da der Mensch Veganismus nicht braucht ist also die Veganismus-ist-gesund Propaganda ebenso Schwachsinn ? Oder nicht doch nur diese Argumentationsschiene ? :)

strizzi1949
strizzi1949 melden

Wenn sich der Mensch nur vegan ernähren sollte, hätte er ein anderes Gebiß und auch einen anderen Verdauungstrakt! Nachdem das Gebiß aber ein Allesfressergebiß ist und der Magen alles verdauen kann, ist dieses "vegan-ist-gesund-Gefasel" genauso ein Blödsinn wie das "Milch-ist-gesund-Gefasel"! Dass Mancher Manches nicht verträgt hat nix damit zu tun, ob es gesund ist oder nicht!

Michael Dantine
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Mein jüngerer Bruder bekam mit 43 (!) Morbus Alzheimer (lange als Alterskranheit bekannt!) und starb mit 44 - kein Jahr später! WAHRSCHEINLICH vermißte sein Körper die wichtigen Vitamine und Mineralstoffe, die NUR in der Milch und deren Produkten enthalten sind! Er trank weder Milch, noch aß er Produkte, wie Butter, Käse, Joghurt und dgl. mehr - also keine Milchprodukte!
Man darf NACHDENKEN!

strizzi1949
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Es gibt Regionen auf unserer Welt, wo keine Milch getrunken wird und die Menschen dort trotzdem steinalt werden, z.B. in Teilen Chinas! Die Gesundheit der Milch ist eine einzige Komerzlüge! Und wenn Sie einmal sehen, wie unsere Milch heutzutage erzeugt wird, vergeht Ihnen der Appetit auf diese Milch!

strizzi1949
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Ich lass mir noch sagen, dass die ganz frische Kuhmilch unmittelbar nach dem Melken eine gewisse Gesundheit bietet, aber die industriell hergestellte Milch, aus dem Supermarkt ist doch nur mehr eine zusammenesetzte, weisse Flüssigkeit, die mit frischer Milch nicht mehr viel gemeinsam hat!

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Ich denke, dass es durch Genuss "frisch gemolkener Milch" schon mehr akute Erkrankungen gab als durch industriell verarbeitete. Natürlich gehen mit der industriellen Verarbeitung teilweise wertvolle Inhaltsstoffe verloren, aber der hygienische Aspekt darf bezüglich Gesundheit nie vernachlässigt werden.

strizzi1949
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Und deshalb sind früher, als es noch frische Kuhmilch vom Bauern gab, mehr Menschen gestorben, als heute!? Schwachsinn! Es gab früher Milchbauern in Wien und ich habe mit Begeisterung die frische Kuhmilch getrunken und wurde nicht krank! Ein heutiger Stadtmensch verträgt diese Milch nicht mehr! Da sieht man, wie degeneriert wir schon sind!

Martin Urschal
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So ein Schwachsinn wie David Richter von sich gibt. Ich esse auch seit 20 Jahren kein Gemüse und bin nie krank oder habe irgendwelche Mangelerscheinungen. Daraus lässt sich wohl auch schliessen das wir essen das in der Erde und auf Pflanzen wächst auch nicht brauchen.

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