Immobilien: "Wien ist
noch nicht überteuert"

Immobilienmakler Dominik Maitz spricht im Interview über den Immobilienmarkt in Wien, den Beruf als Makler und erklärt, warum man für Leistung zahlen sollte.

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Wem würden Sie heutzutage noch zu Eigentum raten?
Pauschal kann man das nicht beantworten. Das ist ein individuelles Rechenbeispiel, das jeder selbst durchrechnen müsste. Die Finanzierung ist derzeit günstig, das ist wohl wahr. Aber diejenigen, die in Eigentum investieren, binden sich aber auch langfristig an Kredite. Und hier sind Laufzeiten von 35 Jahren keine Seltenheit.

Sie haben es angesprochen; ein entscheidender Grund für den Immobilienboom ist das günstige Baugeld. Wann rechnen Sie mit einer Zinswende?
Diese Frage stellen sich viele. Man kann drei Experten fragen und wird vermutlich drei verschiedene Antworten bekommen. Meine persönliche Meinung ist, dass die Kaufpreise in Wien für Immobilien in den Ballungszentren eigentlich nicht so hoch sind. Sie werden aber als hoch empfunden und das zu recht.

»Für die Investoren ist vielmehr das Mietrecht abschreckend«

Wie meinen Sie das?
In Österreich sind die Einkommen mit den Wertsteigerungen am Immobilienmarkt nicht mitgezogen. Insbesondere mit den Kaufpreissteigerungen im Eigentumssegment. Die Mieten sind zwar auch gestiegen, aber deutlich geringer im Vergleich zum Kaufsegment, wobei hier vor allem der geförderte Wohnbau hineinspielt, welcher Mietzinsbeschränkungen mit sich bringt.
Ich habe viele internationale Kunden, Expats, die sich hier einmieten, Investoren, die hier einkaufen. Für die ist das Preisniveau nicht abschreckend. Für die Investoren ist vielmehr das Mietrecht abschreckend. Weil das Mietrecht als zu kompliziert, zu zersplittert und unflexibel, schlichtweg zu investorenfeindlich emfpunden wird. ist. Da lohnt sich aus Investorsicht dann eher der Blick über die Staatsgrenze nach Deutschland, was prinzipiell sehr schade ist.
Im internationalen Vergleich ist Wien eigentlich nicht teuer. Schauen Sie nach London, schauen sie in die Schweiz. Meine Kunden aus dem Ausland amüsieren sich teilweise über das Preisniveau. Wenn Sie eine 2-Zimmer Wohnung in Paris mieten, vergleichen Sie, was Sie für das Geld in Wien kriegen – mitunter schnell das Doppelte. Von der Qualität des Wohnraums ganz zu schweigen.
Das Preisniveau ist meiner Ansicht nach noch nicht überteuert. Das wird aber anders empfunden, eben weil das Lohnniveau nicht mitzieht und die Steuern- und Abgabenquote meines Erachtens sehr hoch ist. Es bleibt, wenn ich salopp forumlieren darf, nicht mehr viel im „Börserl“ übrig. Früher hat man gesagt, für das Wohnen soll ein Drittel des Einkommens zur Verfügung stehen, das ist heute kaum mehr der Fall, da müssen Sie die Hälfte oder noch mehr in die Hand nehmen.

»Wien hat eine große Durchmischung«

Was muss denn getan werden, damit auch Durchschnittsverdiener in den Städten wohnen können?
Das muss ein gemeinschaftliches Projekt sein. Die Politik ist insofern gefordert, als dass die Steuer- und Abgabenquote reguliert werden muss. Wir zahlen einfach sehr viel ein. Selbiges gilt für die Sozialversicherungsbeiträge.
Wenn Sie ihren Lohnzettel anschauen und die Abgaben anschauen, dann ist das schlichtweg enorm viel. Das ist Kapital, das fehlt, um zu konsumieren und zu reinvestieren, um die Wirtschaft anzukurbeln. Zudem kann man die Notwendigkeit einzelner Baunormen hinterfragen und auf tatsächliche Notwendigkeit überprüfen. Es kann Bauland mobilisiert werden, damit Bauträgergrundstücke zu wirtschaftlich vernünftigen Preisen zur Verfügung stehen. Da gäbe es viele Ansatzpunkte für Verbesserungen, anhand derer die Rahmenbedingungen optimiert werden könnten.

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Wird das Nebeneinander von teuren und günstigen Wohnungen Eigentümern und Mietern erhalten bleiben, oder wird Wien in ein paar Jahren so aussehen wie Paris oder London?
Wien hat im Unterschied zu diesen Städten den sozialen Wohnbau sehr weit vorangebracht. Das ist der große Unterschied. Wien hat somit auch für eine große Durchmischung gesorgt. Sie finden in ganz Wien, auch in nobleren Gegenden, soziale Wohnbauten. Und das ist gut so. Eine Ghettoisierung, wie sie zum Beispiel in Paris - Stichwort Banlieu und Satelitenstädte - stattgefunden hat und die zu gravierenden Problemen geführt hat, wird es in Wien nicht geben. Sozialer Wohnbau sollte noch weiter vorangetrieben werden. Der Staat muss hier mehr eingreifen und auch die sogenannte „Treffsicherheit“ sollte verbessert werden, damit dieser Wohnraum jenen zur Verfügung steht, die ihn auch wirklich benötigen. Was ich immer wieder höre und in dieser Diskussion anklingt ist, dass die Investoren und diejenigen, die Wohnraum schaffen, ein wenig dämonisiert werden. Dabei sind sie es, die mit hohem Kapitaleinsatz und entsprechenden Risiken für die Neuschaffung von Wohnraum Sorge tragen. Eine gute soziale Mischung - um nochmals darauf zurückzukommen - ist notwendig. Was die Mietzinsregularien betrifft, so muss ja nicht gleich völliger Liberalismus herrschen, es kann und soll schon ein Reglement geben, das ist völlig in Ordnung. Aber so wie es jetzt ist, ist es nicht zielführend. In Altbauten können schwer jene Erträge erwirtschaftet werden, die zum Erhalt nötig sind. Ich finde, man sollte gerade die Sanierung dieser wunderbaren Gebäude fördern, denn sie repräsentieren den Glanz unserer architektonisch ansprechenden Hauptstadt.

„Für junge Menschen ist Eigentum die beste Maßnahme gegen Altersarmut“: So hat Sebastian Kurz im Wahlkampf argumentiert, warum er Immobilienkäufern künftig Geld ersparen will. Sein Plan: Für das „erste Eigenheim“ sollen bis zu einer Obergrenze von 20.000 Euro alle Gebühren und Steuern entfallen. Was sagen Sie dazu?
Ich halte das für durchaus sinnvoll. Denn hier wird unmittelbar keine Leistung erbracht, es handelt sich beispielsweise nur um einen Eintrag in das Grundbuch. Es braucht mehr solcher Vorschläge. Die Abschaffung der Mietvertragsvergebührung bei Wohnraummiete war ein erfreulicher Anfang.

»Geheimtipp? Ich finde den 20. Bezirk sehr spannend«

Die Preise für Immobilien in den Metropolen kennen keine Grenze nach oben. Welche Rendite bringen Immobilien in den Großstädten Investoren eigentlich noch?
Die Grundregel ist, je höher der Kaufpreis, desto geringer die Rendite. Aktuell erzielen Immobilien in Innergürtel-Lage nur mehr sehr geringe Renditen, rund zwei Prozent. Im Vergleich zu anderen Finanzprodukten ist dies zwar nicht gänzlich uninteressant, es ist aber bei Weitem nicht mehr das was es einmal war. In den letzten Jahren war zu beobachten, dass Lagen gekauft wurden, die vorher eigentlich nicht so im Fokus standen, Bezirke wie Simmering, Favoriten – außerhalb des Gürtels. Hier kann man noch mit etwas Glück zu vergleichsweise günstigen Preisen einkaufen und eine höhere Rendite erzielen.

Haben Sie einen „Geheimtipp“, in welchen Bezirk kann man denn noch gut investieren?
(lacht) Einen Geheimtipp…Ich finde den 20. Bezirk sehr spannend. Seine Nähe zur inneren Stadt macht ihn durchaus attraktiv.

Woher kommen die Investoren?
Nicht nur aus dem Ausland. Selbstverständlich gibt es auch österreichische Investoren. Betrachtet man aber jene aus dem Ausland, dann kommen die überraschenderweise nicht aus Deutschland oder der Schweiz; obwohl man sich denken könnte, dass sich das anbieten würde, alleine von der Sprache, von der Verständigung her und vom Kulturkreis. Aber dafür ist der deutsche Markt und das Mietrecht dort einfach viel interessanter. Es wird viel aus dem Osten investiert, Chinesen sind in Teilen Wiens sehr stark auf dem Markt vertreten, ein Trend, der zu beobachten ist.

Es ist fast schon ein Klassiker, die Frage nach der Immobilienblase…
Der Markt ist angespannt, die Bauträgergrundstücke sind oftmals schlichtweg zu teuer, um wirtschaftlich vernünftig tätig sein zu können. Da muss knapp kalkuliert werden.
Es gibt viele Schrauben, an denen man vernünftiger Weise drehen kann um die Situation zu verbessern. Beispielsweise die Baukosten senken, indem man die Vorschriften lichtet. Derzeit haben wir eine enorme Flut an Regularien. Bauträger müssen hier Normen einhalten, die deren Sinnhaftigkeit überdacht werden muss.
Auch das Mietrecht ist seit Ewigkeiten in Diskussion. Es hat von mancher Seite auch wirklich gute Vorschläge gegeben, politischer Natur. Nur wenn ich mir die Diskussion der letzten Regierungsperiode anschaue, dann sind hier Vorschläge präsentiert worden, die wirtschaftlich einfach nicht durchsetzbar sind.

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Wie zum Beispiel?
Der Vorschlag, dass nur mehr unbefristete Mietverträge abgeschlossen werden dürfen. Das ist eine faktische Enteignung. Zumindest nach dem heutigen Mietrechtsgesetz. Eine faktische Enteignung des Vermieters. Der Vermieter kann nicht mehr entscheiden, was er mit dem Objekt machen will. Der Vermieter hat investiert, das ist sein Eigentum, das muss man respektieren. Wichtig ist hierbei zu verstehen: Eine Immobilie ist ein kleines Unternehmen, das hat Einnahmen, das hat Ausgaben, dafür gebührt ein Entgelt.

Zur Immobilienblase zurück…
Der Gedanke der Immobilienblase kommt auf, weil die Preissteigerungen in den letzten zehn bis 15 Jahren sehr stark waren. Aber was ist nicht teurer geworden? Auch die Betriebskosten sind gestiegen, der Wasserbezug. Das Kaltwasser wurde von der Stadt Wien vor einigen Jahren eklatant angehoben, 30% auf einen Schlag. Die Kosten für Energie haben sich verändert, Dienstleister sind teurer geworden. Und diese Betriebskosten sind auch ein Bestandteil der Gesamtmiete. Man sollte nicht dem Tenor verfallen, nur auf ein Thema zu fokussieren oder nur Kritik an den Investoren zu üben.

Kommen wir auf ein anderes Thema zu sprechen: Makler. „Der sperrt mir nur die Wohnung auf und verlangt dann die Provision“, verstehen Sie, wenn der ein oder andere solch ein Bild von einem hat?
Mir ist so etwas noch nie passiert. Ich finde das sehr bedauerlich, wenn man solche Erfahrungen machen musste. Die Maklerbranche hat sicher Verbesserungsbedarf, was ihren Ruf anbelangt. Es stellt sich natürlich auch die Frage, was erwartet man sich von einem Makler, was darf man sich erwarten? Meine Meinung dazu ist, dass man sich einen Mehrwert, zum Beispiel die detaillierte Aufarbeitung sämtlicher Informationen und Unterlagen, die Bereitstellung einer ausgewogenen Vermarktungsstrategie, einen großen Kundenkreis etc. erwarten darf. Das sollte selbstverständlich sein. Und dann ist eine monetäre Leistung, die man einem Makler zu zahlen hat auch gerechtfertigt.

Welche Interessen vertritt denn der Makler?
Er versucht den Interessenausgleich zwischen den Vertragspartnern herzustellen. Er fungiert praktisch als „Doppelmakler“. Er muss sich bewusst sein, dass er ein Vermittler ist und hat die Interessen beider Kunden gleichwertig zu vertreten. Sein Ziel muss es sein, einen ordentlichen Konsens zwischen den Vertragspartnern herzustellen.

»Ich glaube, es handelt sich um ein Missverständnis, was den Arbeitsumfang betrifft, den ein ordentlicher Makler leistet«

Viele suchen heutzutage eine Immobilie über das Internet. Da werden dann einschlägige Plattformen durchsucht und am Ende stellt sich heraus, das Objekt wird über einen Makler vertrieben. Übernimmt der Kunde da nicht Arbeit, die eigentlich der Makler tätigen sollte und ist es dann gerechtfertigt die volle Provision zu bezahlen?
Es steht ihnen frei, einen Makler zu kontaktieren und ihm einen Suchwunsch mitzuteilen, sodass dieser Makler für Sie passende Angebote zur Verfügung stellt.
Ich glaube, es handelt sich um ein Missverständnis, was den Arbeitsumfang betrifft, den ein ordentlicher Makler leistet. Da entsteht oft der Eindruck, ich hab ein paar Bilder, hab ein bisschen Text, gebe es ins Internet und die Sache ist erledigt und dann halte ich nur noch die Hand auf. Wenn es so einfach wäre, wären viel mehr Leute, viel erfolgreicher. In Wahrheit ist es aber ein Beruf, der sehr zeitintensiv ist, der guten Umgang mit Menschen, Einfühlungsvermögen abverlangt. Man muss ein guter Netzwerker sein. Wichtig zu betonen ist aber auch, dass der Beruf kapitalintensiv ist. Und zwar in der Form, als dass man in Vorleistung tritt, obwohl man nicht weiß, ob man dafür überhaupt noch Geld generieren kann. Sie haben Nebenkosten, die entstehen: Sie müssen eine Maklersoftware kaufen, eine Homepage betreiben, Plattformen buchen. Bis es überhaupt zu einem Geschäftsabschluss kommt, sind sie in die Vorleistung getreten. Und nun kann es jederzeit sein, dass sie ihr mögliches Geschäft unter Umständen verpufft. Das muss doch ausgeglichen werden. Ich wünschte wäre reglementiert, dass wenn Leistungen erbracht werden, diese auch verrechnet werden.

Könnten Sie sich vorstellen, dass diese Teilleistungen in Zukunft bezahlt werden müssen vom Kunden?
Das wäre durchaus sinnvoll, ja. Aber es ist nicht Marktusus. Ich glaube aber, dass es einen Trend dahin geben wird, Teilleistungen zu bezahlen.

In Deutschland wurde im Juni 2015 das Bestellerprinzip bei Vermittlungen eingeführt. Heißt, den Makler muss derjenige bezahlen, der als Erstes bei ihm „anklopft“ – also entweder der Verkäufer oder der Käufer. Wäre das für Österreich eine Option?
Das wird auch in Österreich seit einiger Zeit diskutiert. Das Beststellerprinzip greift meiner Ansicht nach zu kurz. Die Verteilung der Provision ist meiner Meinung nach nicht gerecht, weil beide Seiten Leistungen empfangen und nur eine zahlt.

Was könnten Sie sich in puncto Provision für den österreichischen Markt vorstellen?
Interessante Konzepte kommen diesbezüglich aus dem anglo-amerikanischen Raum. Die heißen MLS – „Multiple Listing System“. Sowohl der Abgeber als auch der Mieter oder Käufer beauftragen einen Makler. Diese treffen sich auf der Plattform und versuchen ein Angebot zu finden, das auf beiden Seiten Zuspruch findet. So werden Leistungen auf beiden Seiten gezahlt, das finde ich sehr spannend.

Kommentare

Dieter Prohaska

Da die Immobilienmakler noch nicht genug Gewinn machen - so wie die Investoren - ist Wien noch nicht überteuert!

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