Wie ansteckend ist
das neue Coronavirus?

Nicht so ansteckend wie Masern, aber ansteckender als SARS

Mit inzwischen über 20.000 Erkrankten weltweit ist die Zahl der mit dem Coronavirus 2019-nCoV offiziell infizierten Personen am Mittwoch enorm gestiegen, aber wie ansteckend ist das neue Virus überhaupt? "Wir gehen davon aus, dass man über einige Zeit Kontakt auf einer Entfernung unter einem Meter haben muss", meint der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, Bernd Salzberger.

von Neues Virus - Wie ansteckend ist
das neue Coronavirus? © Bild: iStockphoto.com

Dazu gehöre zum Beispiel eine Unterhaltung am gleichen Tisch. Er beruhigt aber auch: "Das Virus ist sicherlich nicht so ansteckend wie die Masern." Bisher wird vermutet, dass das neuartige Coronavirus mit Tröpfcheninfektion übertragen wird. Der erste Fall in Bayern Anfang der Woche sei dennoch "äußerst beunruhigend", meint der Medizinprofessor an der Norwich Medical School an der Universität von East Anglia, Paul Hunter. Denn zum einen war es eine der ersten Mensch-zu-Mensch-Übertragungen außerhalb Chinas. Zum anderen steckte sich der Mann wohl bei der Chinesin an, noch bevor sie Symptome zeigte. Wenn sich das Virus aber schon zu dieser frühen Zeit ausbreite, mache das die Standardkontrollstrategien weniger wirksam.

Genau das unterscheidet das Virus auch vom SARS-Erreger, meint Salzberger. Das neue Coronavirus ist demnach zwar ansteckender als der SARS-Erreger. Allerdings sei bei dem Schweren Akuten Respiratorischen Syndrom (SARS) die Rate von schweren Krankheitsverläufen höher gewesen. Nach Einschätzung von Experten verläuft die neue Lungenkrankheit offenbar in den meisten Fällen mild, zum Teil sogar ohne Symptome.

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Wie lange genau das Virus auf Oberflächen bleibt, ist bisher unklar. "Wenn man in die Hand hustet oder niest und dann eine Türklinke anfasst oder sein Telefon anfasst und weiterreicht, kann das Virus so übertragen werden. Aber eine halbe Stunde später sollte das kein Problem mehr sein", meint der WHO-Sprecher Christian Lindmeier. Deswegen sollte man die gleichen Schutzmaßnahmen ergreifen wie bei der Grippe: Händehygiene und für die Erkrankten eine gewisse Hustenetikette, sagt Martin Hoch, Leiter der Task-Force Infektiologie am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Ein Mundschutz sei nicht sinnvoll. Auch das Robert Koch-Institut schätzt die Gesundheitsgefahr weiterhin als gering ein.

Bereits bei sehr leichten Symptomen übertragbar

Das Coronavirus ist offenbar bereits bei sehr leichten Symptomen übertragbar. Das berichteten das Institut für Virologie der Berliner Charite und das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr am Dienstag nach regelmäßigen Untersuchungen der in der Münchner Klinik Schwabing betreuten Patienten.

Die Labors beider Institute stellten demnach in mehreren Fällen fest, dass infektiöse Viren aus dem Nasen- und Rachenraum von Menschen mit geringen Symptomen in Zellkulturen angezüchtet werden können. Die Krankheitszeichen der untersuchten Patienten ähnelten dabei eher einer harmlosen Erkältung als einer schwerwiegenden Lungenentzündung.

Zugleich fanden die Forscher Hinweise darauf, dass sich das neuartige Coronavirus unabhängig von der Lunge auch im Nasen- und Rachenraum sowie im Verdauungstrakt vermehrt. Über eine mögliche Verbreitung über das Verdauungssystem hatten bereits chinesische Experten berichtet.

»Übertragbarkeit des Virus bereits bei milder oder beginnender Erkältungssymptomatik«

"Diese Beobachtungen sind deutliche Hinweise für eine Übertragbarkeit des Virus bereits bei milder oder beginnender Erkältungssymptomatik", schrieben die Virologen aus München und Berlin. Dazu zählen demnach Halsschmerzen, Zeichen einer akuten Nasennebenhöhleninfektion oder ein leichtes Krankheitsgefühl ohne Fieber.

Bereits zuvor hatte unter anderem das Robert-Koch-Institut von einzelnen Fälle berichtet, in denen sich Menschen bei Betroffenen ansteckten, die noch keine Symptome zeigten.

Die Experten der Charite und des Bundeswehrinstituts wiesen ihren Befunden eine große Bedeutung für die Kontrolle der Ausbreitung des Virus zu. Daher seien die Erkenntnisse noch vor dem endgültigen Abschluss der wissenschaftlichen Untersuchungen sofort an die Gesundheitsbehörden gegeben worden.

Trotz der massiven Schutzvorkehrungen konnte die Ausbreitung des Coronavirus in China bisher nicht gebremst werden. Nach Regierungsangaben infizierten sich inzwischen mehr als 20.000 Menschen mit dem Erreger. 425 Menschen in Festlandchina starben daran. Außerhalb Chinas gab es bisher jeweils einen Todesfall in Hongkong und in der philippinischen Hauptstadt Manila.