Das waren die
besten Filme des Jahres

Von "La La Land" über "Wilde Maus" bis zu "Manchester by the Sea"

Ein aufregendes Kinojahr mit zahlreichen Highlights neigt sich dem Ende zu. Im Folgenden ein kleiner Überblick der besten Filme des vergangenen Jahres:

von Wilde Maus Hader © Bild: Filmladen

La La Land

Eines der großen Highlights ist gleich zu Jahresbeginn gestartet: Der preisgekrönte Musicalfilm „La La Land“ (dem fälschlicherweise der Oscar als „bester Film“ zugesprochen wurde) mit Emma Stone und Ryan Gosling. Authentisch erzählt „La La Land“ von einem jungen Paar und seinen Problemen im modernen Los Angeles – und bewahrt dennoch stets Magie. So tanzen die beiden im Planetarium, um dann am Sternenhimmel zu schweben. Und diese Mischung aus Realität und Träumerei funktioniert perfekt in Damien Chazelles Hollywoodmusical.

Manchester by the Sea

Preisgekrönt, 2016 bereits bei der Viennale und dieses Jahr endlich den Weg in die österreichischen Kinos schaffte „Manchester by the Sea“ von Kenneth Longergan mit Casey Affleck in der Hauptrolle, der dafür mit einem Oscar als bester Schauspieler ausgezeichnet wurde. „Manchester by the Sea“ vermag es bis ins Mark zu erschüttern – und auch danach nicht loszulassen. Lonergans außergewöhnliches Drehbuch strotzt vor wahrhaftigen Dialogen, Liebe zum Detail und kleinen, zarten Momenten, die ein Leben ausmachen. Es geht um Heimkommen wider Willen, komplexe Familienverhältnisse, den sich tief einnistenden Schmerz von Schuld und die damit verbundene Sprachlosigkeit, den Verlust des eigenen Seins. Der Film gleitet dabei - abgesehen von der etwas überstrapazierten Barockmusik - nie ins Melodramatische ab und behält trotz seiner Schwere und Ernsthaftigkeit auch Humor und Casey Affleck liefert damit die Performance seiner Karriere ab.

Manchester by the Sea
© © Viennale

Wilde Maus

Seit Jahren überzeugt Josef Hader auf der Bühne und auch vor der Kamera, 2017 überzeugte er das Publikum auch hinter der Kamera, mit seinem Regiedebüt „Wilde Maus“ über einen Kulturjournalisten, der erst seinen Job, dann sein Ego und in weiterer Folge jegliche Kontrolle über sein gutbürgerliches Leben verliert. Pechschwarz, voller Überraschungen und höchst unterhaltsam ist Hader (der auch die Hauptrolle spielt) das gelungen – gemeinsam mit seiner Partnerin Pia Hierzegger, die im Film den kongenialen Gegenpart zu Haders Figur gibt.

T2 Trainspotting

1996 landete Danny Boyle mit "Trainspotting" einen Überraschungshit. Drastisch in der Darstellung von Drogensucht, legendär in der Musikauswahl und rasant im Schnitt, wurde die Groteske um junge Heroinsüchtige in Schottland zum Kultfilm der 90er. Dementsprechend groß war die Erleichterung, dass auch das 21 Jahre später erschienene Sequel – mit allen Originalstars - wirklich gut ist. Boyle ist eine stimmige, bittersüße Fortsetzung gelungen, die nichts an Kompromisslosigkeit und Räudigkeit eingebüßt hat - und deren Protagonisten man trotz allem irgendwie mag.

Moonlight

Es war die große Überraschung der Oscars: Mit "Moonlight" hat sich ein 1,5-Millionen-Dollar-Film über einen schwulen, afroamerikanischen Heranwachsenden in der Kategorie "Bester Film" gegen den Favoriten "La La Land" durchgesetzt (auch wenn fälschlicherweise im ersten Moment verkehrt herum verkündet). Regisseur Barry Jenkins erzählt darin ungemein einfühlsam, berührend und fast schmerzlich intim davon, wie entscheidende Begegnungen und Momente unsere Persönlichkeit formen, wie sehr das soziale Umfeld unsere Selbstwahrnehmung beeinflusst und wie lange die erste Liebe nachwirkt. All das ist für Zuseher universell nachfühlbar - unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe oder sexueller Orientierung. Zugleich aber ist "Moonlight" - und das macht den Film nicht nur wirklich schön, sondern vor allem auch wichtig - ein Mutmacher für homosexuelle (schwarze) Jugendliche, die sich in einem wenig aufgeschlossenen Umfeld dazu gezwungen sehen, sich zu verstellen und zurückzuziehen. Und: Nach Vorlage von Tarell Alvin McCraneys Theaterstück "In Moonlight Black Boys Look Blue" führt Jenkins eindringlich die Realität einer Kindheit als Schwarzer in ärmlichen Verhältnissen in einer amerikanischen Großstadt vor Augen.

Die Migrantigen

"Die Migrantigen" (ein grandioser Titel, der auch im Englischen funktioniert: "Migrumpies") von Arman T. Riahi zeigt spielerisch, aber im Kern höchst relevant, wie aufgeheizte Stimmung und Parallelgesellschaften entstehen. Fremdenfeindliche Zuschreibungen, Schubladisierungen und Klischeebilder werden humorvoll aufgegriffen und korrigiert; pointierte Medien- und Gesellschaftskritik sowie die Botschaft, Vorgefertigtes zu hinterfragen, sind in rasantes Tempo und markige One-Liner verpackt, die Figuren durchwegs naiv, aber äußerst liebenswert und vielschichtig gezeichnet. Im Laufe von 90 kurzweiligen, höchst unterhaltsamen Minuten werden nicht nur diese eines Besseren belehrt - sondern der Zuschauer gleich mit.

Riahi, der das Drehbuch gemeinsam mit seinen beiden Hauptdarstellern basierend auf eigenen Erfahrungen geschrieben hat, füllte so eine Lücke im österreichischen Kino, da hier bis dato (anders als etwa in Deutschland oder Frankreich) Menschen mit Migrationshintergrund und deren Geschichten kaum oder nur in immer gleichen, problematisierten Narrativen präsent. "Die Migrantigen" jedoch ist gelebte Diversität vor und hinter der Kamera - und zeigt Prominente wie Josef Hader, Margarethe Tiesel, Rainer Wöss und Dirk Stermann ausnahmsweise mal in (großartigen) Nebenrollen.

Die Migrantigen
© Die Migrantigen

The Party

Bitterböse und sehr komisch, ein absolutes Highlight dieses Jahr, ist die Tragikomödie „The Party“ von Sally Potter. Stars wie Ganz, Patricia Clarkson, Kristin Scott Thomas und Timothy Spall nehmen in dem bissigen pointierten Drama an einer Dinnerparty teil, die zunehmend eskaliert. Bisher unausgesprochene Ängste, aufgestaute Konflikte, Verletzungen und Vorurteile - all das bricht aus den sonst so überlegt agierenden Figuren heraus. Potter entlarvt in diesem in Schwarz-Weiß gedrehten Werk die Schwächen ihrer Protagonisten präzise und mit sehr schwarzem Humor. "The Party" überrascht so als rasanter und amüsanter Mix aus Komödie und Satire, der keine Minute zu lang ist.

Die beste aller Welten

"Die beste aller Welten" von Adrian Goiginger ist ein berührender deutsch-österreichischer Film über eine Mutter-Kind-Beziehung mit einer drogensüchtigen Mutter, die auch schlimmste Situationen übersteht. Natürlichkeit und Dichte in der Darstellung zeichnet die Schauspieler aus, allen voran den jungen Jeremy Miliker (als junger Adrian). Dadurch wird der latent schwelende Konflikt des Suchtgiftmilieus mit der "sauberen" Welt rundum beklemmend spürbar. Verena Altenberger als Mutter spielt intensiv die Gratwanderung einer heroinkranken Frau, die auch im Junkie-Biotop nur das Beste für ihr Kind will, aber angesichts der Unvereinbarkeit zweier unterschiedlicher Welten ihre Kraft verliert.

Licht

Nach fünf Jahren legte Barbara Albert 2017 mit „Licht“ ein neues Werk vor. Sie widmet sich in ihrem barocken Zeitbild erneut einem Frauenschicksal und schildert die wahre Geschichte der blinden Pianistin Maria Theresia Paradis. Albert stellt dabei weniger die gegenseitige Abhängigkeit zwischen der Patientin und ihrem auf Erfolg sinnenden Arzt ins Zentrum der Aufmerksamkeit, sondern schafft ein Zeitbild des Rokoko. Dabei ist „Licht“ kein Historienkitsch, sondern zeigt die harten gesellschaftlichen Realitäten einer Klassengesellschaft, die vor allem die Frauen in ein enges Korsett presst.

Detroit

Nach dem oscarprämierten "Tödliches Kommando - The Hurt Locker" zur Arbeit von Bombenentschärfern im Irak und dem erfolgreicheren "Zero Dark Thirty" über die Ermordung Osama Bin Ladens hat Kathryn Bigelow sich 2017 düsteren Kapitel der USA angenommen: Die Aufstände und Unruhen in Detroit vor 50 Jahren und die seit Jahrzehnten andauernde brutale Gewalt durch Polizisten gegen Schwarze. Es dauert keine fünf Minuten und die Zuschauer sind hineingezogen in einen beklemmenden Konflikt; bis zum Ende des 143-minütigen Dramas bleibt die Anspannung extrem hoch. Dennoch wurde der Film in den USA kein Erfolg – vermutlich eine Frage des Sujets. Gerade für internationale Zuschauer ist es abererhellend, wie das packende Thriller-Drama seinen Blick auf noch immer nicht verheilte Wunden eines komplexen Landes richtet - 2016 töteten Polizisten in den USA offiziellen Angaben zufolge mehr als 1.000 Menschen.

Helle Nächte

"Helle Nächte" als Sternstunde von Georg Friedrich: Es war letztlich eine Überraschung, wenn auch eine verdiente, als der Wiener Schauspieler heuer bei der Berlinale für seine Rolle eines in Berlin lebenden, geschiedenen Österreichers, dessen Vater soeben in Norwegen gestorben ist, mit dem Silbernen Bären als bester Darsteller ausgezeichnet wurde. „Helle Nächte“ folgt einem Vater (Friedrich), der mit seinem halbwüchsigen Sohn Luis (Tristan Göbel) zum Begräbnis nach Norwegen fliegt. Die beiden Männer wissen jedoch wenig voneinander, hinzu kommen die Pubertät des Sohnes und das Nicht-Kümmern des Vaters bisher um sein Kind. Zögerlich aber doch kommen sich die beiden bei dem Roadtrip näher. Regisseur Thomas Arslan bezieht die überwältigende Landschaft Norwegens mit ein und lässt sich Zeit und so wird „Helle Nächte“ ein starkes Stimmungsbild der Annäherung dieser beiden Menschen.

A Ghost Story

Selten wurde das Vergehen von Zeit, wenn man in ihr gefangen ist, eindringlicher dargestellt als in David Lowerys "A Ghost Story". Mit Casey Affleck und Rooney Mara hat der US-Regisseur erneut jenes Duo vor die Kamera geholt, mit dem er bereits 2013 für "Ain't Them Bodies Saints" arbeitete. Und auch wenn ein Geist die Hauptrolle spielt, gruselig ist es nie. Lowery stellt mit diesem fragilen Beziehungs- und Existenzdrama vielmehr grundsätzliche Fragen, ohne nach Antworten zu suchen. Doch lässt er sein Publikum auch schmunzeln, etwa wenn ein zweiter Geist in Erscheinung tritt. Es ist ein Film über Menschen, Hoffnungen und Ausweglosigkeit, der nicht zuletzt durch seinen poetischen Soundtrack von Daniel Hart eine weitere Ebene gewinnt, die bezaubert.