Die Playmates
nannten ihn Nerd

Seine Mutter, Kimberley Conrad, war Playmate des Jahres 1989, der Papa Gründer des legendären Männermagazins. Seine Kindheit verbrachte Cooper Hefner in der Playboy-Villa in Los Angeles. Nun will er das Magazin mit revolutionären Ideen neu erfinden

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Wenn Cooper Hefner sich an seine Kindheit erinnert, wird es speziell. "Als meine Klasse Ausflüge machte, kam sie in unseren privaten Zoo. Wir hatten Pfauen und Flamingos. Aber die größte Attraktion war vermutlich das lebensgroße Nacktbild meiner Mutter in der Bibliothek", erzählt das jüngste von Hugh Hefners vier Kindern. Hefner junior spricht im Londoner Playboy-Club in Mayfair über seine Erinnerungen, umgeben von stolz strahlenden Playboy-Häschen samt weiß-flauschiger Adjustierung an Kopf und Popo. Drei auffällige Transgenderfrauen in Badeanzügen im Leopardenlook schwirren über die Tanzfläche. Ein paar Meter weiter diskutiert Hefners Verlobte, die Schauspielerin Scarlett Byrne, mit Transgenderfrau Ines Rau über Feminismus. Rau war 2017 als erste Transgender-Vertreterin das Playmate des Monats November. Cooper Hefner, der kurz vor dem Tod seines Vaters im September 2017 Chief Creative Officer von Playboy Enterprises wurde, wollte es so.

Hefner junior unterscheidet sich stark vom legendenumrankten Vater. Sein Auftreten ist zurückhaltender. Er lebt monogam. Nur schwer kann man sich diesen Mann in der berühmten Grotte der Playboy-Villa vorstellen. Die Playmates, die einst als seine Babysitter fungierten, bezeichneten ihn schon früh als eigenartig, weil er gerne Geschichtsbücher las. Hefner spricht sehr diplomatisch über sie: "Sie waren reizend und gaben mir einen einzigartigen Einblick in die Welt der Frauen."

Hin und wieder würdigt der 26-Jährige das Erbe des Vaters und zeigt sich zu speziellen Anlässen im purpurfarbenen Seidenpyjama. Es darf als Verneigung vor der Vergangenheit verstanden werden, denn tags darauf macht er im schwarzen Anzug und zugeknöpften Hemd klar, dass er den "Playboy" modernisieren möchte. "Meine Interessen sind anders als die meines Vaters. Ich habe eine großartige Verlobte und bin sehr glücklich darüber. Mit sechs Frauen rumzusitzen, war nie mein Ding. Dad liebte das. Es war ein Abbild seines Lebenstraums."

Kein Altherrenclub

Kritik am Vater oder dem Unternehmen, das dieser vor 65 Jahren gegründet hat, würde nie über Hefners Lippen kommen. Er bewundert ihn. "Ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht, was unsere Marke auszeichnet und wie wir dieses Erbe sinnvoll in die nächste Generation tragen können", sagt er. "Geschlechterrollen ändern sich, und Diskussionen über Sexualität entwickeln sich weiter. Deshalb war es richtig, eine Transgenderfrau zum Playmate zu machen. Ines Rau ist eine wunderschöne, spektakuläre Person und war die perfekte Wahl." Bei den LGBT-Awards in London, wo herausragende Beiträge zur Gemeinschaft der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender ausgezeichnet werden, wurde das Magazin "Playboy" 2018 dafür mit einem Preis bedacht.

Aber Hefner muss auch zugeben, dass die Abbildung der nackten Transgenderfrau Rau für gemischte Leserreaktionen gesorgt hat. Das Ziel müsse nun sein, den "Playboy" weiterzuentwickeln und die Stammleser auf diesem Weg in die Zukunft mitzunehmen, erklärt er. "Natürlich ging es bei der Marke Playboy früher vor allem um die Bedürfnisse heterosexueller Männer. Aber die Marke stand auch immer für das Recht jedes Einzelnen, seine Sexualität frei ausleben zu dürfen. Deshalb haben wir den Slogan von ,Entertaiment für Männer' in ,En ertainment für alle' geändert. Wir sind kein Altherrenclub aus vergangenen Zeiten", hält er fest. Sollte dann nicht auch der Titel geändert werden? "Ich glaube nicht daran, die Vergangenheit zu verleugnen. Bevor es den 'Playboy' gab, wagte es niemand, das Diktat der traditionellen Familie zu hinterfragen. Mein Vater tat genau das: Er glaubte nicht daran, dass alle Menschen mit nur einem Partner das ganze Leben verbringen wollen. Er glaubte, dass es Leute gibt, die experimentieren wollen. Und genauso lebte er sein Leben - mit Ausnahme einiger Momente wie der Zeit der Ehe mit meiner Mutter (Playmate Kimberley Conrad, Anm.)."

Als das Paar sich 1998 nach neun Jahren trennte -die Scheidung erfolgte erst nach 20 Ehejahren -, kaufte Hugh Hefner für Kimberley ein Haus neben der Playboy- Villa. Cooper Hefner und sein ein Jahr älterer Bruder, Marston Glenn, wuchsen in beiden Häusern auf. "Ich würde nicht sagen, dass meine Eltern normal waren, aber sie versuchten, uns so normal wie möglich aufwachsen zu lassen", erzählt Hefner über seine Kindheit. So sei er nie nackt herumgelaufen, auch wenn seine Eltern oft nur spärlich bekleidet waren. "Es war ihr Statement gegen die damals in den USA vorherrschende Prüderie. Sie fühlten sich mehr wie Nordeuropäer, und bei uns gab es auch viele Aktbilder im Haus."

Papa war ein Romantiker

Hefner denkt nicht, dass Sex vor Kindern versteckt werden sollte. "Es ist essenziell, dass junge Menschen über Sex sprechen. Viele der Probleme, die sie damit haben, liegen daran, dass wir nicht mit ihnen darüber sprechen. Sie wissen nicht, was okay ist und was nicht. Sex jagt ihnen Angst ein. Viele verzichten auf Sex, weil die Erwartungshaltung so hoch ist und die Onlinepornos sie verstören. Wenn Eltern und die Gesellschaft darüber schweigen, ist das ein Fehler", führt Hefner aus.

Der junge Magazinmacher ist der Überzeugung, dass Kinder viel über Sex und Beziehungen lernen sollten. "Es geht um Respekt und einen Dialog, darum, die Bedürfnisse des Partners zu kennen und zu verstehen. Ich hatte das Glück, mit Erwachsenen aufzuwachsen, die einander respektierten, wie sie waren. Im Gegensatz zu vielem, was oft behauptet wird, war mein Vater ein Romantiker und Gentleman." In Sachen Sex lehrten Mutter und Vater Cooper Hefner, was sich gehört.

"Das ist einfach: berühre niemanden, außer er fordert dich dazu auf. Höre auf damit, sobald der andere sich unwohl fühlt. Es darf keinen Druck geben. Denke nicht, dass du jemanden einfach küssen kannst, ohne um Erlaubnis zu fragen. Das sind wichtige Gespräche für Mütter und Väter mit ihren Söhnen. Wir hatten sie oft", sagt Hefner.

Überhaupt verbrachte der Vater viel Zeit mit den Kindern, erzählt Hefner junior. "Er war nicht die Art Vater, der nach den Hausaufgaben fragt. Aber wir spielten Domino, Schach, Karten und andere Spiele. Wir schauten zusammen die 'Simpsons' im Fernsehen, und es war für uns immer klar, dass er die Zeit mit uns sehr genießt", beschreibt der Sohn.

Die Zukunft des Playboy sieht Hefner klar: Ein feministisches Unternehmen möchte er daraus machen. "Mir geht es darum, dass jede Frauen sich frei entscheiden können muss, welches Leben sie führen möchte, egal, ob das ein Leben als Karrierefrau oder Mutter oder Schauspielerin oder Model bedeutet."

Er glaubt nicht, dass die Metoo-Debatte sich negativ auf das Playboy-Unternehmen auswirken könnte, obwohl in der berühmten Villa jahrelang ältere, reiche Männer mit deutlich jüngeren Frauen Partys feierten. "Ich halte die Metoo-Bewegung für sehr wichtig. Aber dabei geht es doch mehr um Macht als um Sex. Wir dürfen nicht den Sex zum Feind machen. An einvernehmlichem Sex ist nichts Falsches. Falsch ist, Sex als Waffe zu verwenden, Frauen zu erniedrigen oder Sex als Zahlungsmittel zu verstehen."

Zum beruflichen Vorbild wurde über die Jahre seine Halbschwester Christie aus Hefners erster Ehe mit Mildred Williams. Die nun 65-Jährige war von 1988 bis 2009 CEO der Playboy Enterprises und seine Inspiration, schon zu Studentenzeiten ins Familienunternehmen einzusteigen. Seitdem hat er es nur einmal kurz verlassen - 2016 aus Protest gegen den Beschluss, keine Nacktfotos mehr zu veröffentlichen. "Ich habe mich intensiv mit der Geschichte des 'Playboy' beschäftigt. Wie können wir eine Marke sein, die für die sexuelle Revolution des 20. Jahrhunderts mitverantwortlich ist, und dann genau diese Qualität, die den 'Playboy' einzigartig macht, einstellen? Nacktheit zu verdecken, kam mir vor, als würden wir zugeben, einen Krieg verloren zu haben", erklärt er seine Entscheidung.

Das Wort Krieg mutet eigenartig an in diesem Zusammenhang, doch Hefner meint, Sex habe die Welt gespalten. "In manchen Regionen werden Frauen versteckt, und in anderen gibt es einen extremen Anstieg an Onlinepornos. Nichts an Sex ist im Moment normal. Meine Generation war die erste, die mit Onlinepornos aufwuchs. Die Videos, die ich mit 14 gesehen habe, waren ekelhaft und schockierend. Sie formen eine ungesunde Erwartungshaltung, worum es bei Sex gehen sollte." Genau deshalb will er das Magazin weiter publizieren. "Der 'Playboy' hat die wichtige Aufgabe, zu definieren, was eine gesunde Einstellung zu Sex ist. Wir können Heranwachsenden erklären, was normal ist."

Er selbst erinnert sich diesbezüglich an den lieb gemeinten Rat der Mutter. "Ich war 14, und sie legte eine Packung Kondome in unser Badezimmer. Ich habe mich sehr geschämt, aber sie sagte nur: Ich frage dich nichts, ich will nur, dass du sicher bist, wenn es so weit ist", so Hefner.

Aus für die Playboy-Villa

Seit drei Jahren ist Cooper Hefner nun mit der Schauspielerin Scarlett Byrne verlobt. Die Anbahnungszeit war lang: Er sah sie in der Rolle der Pansy Parkinson in den Harry-Potter-Filmen und schickte ihr eine Nachricht. Jahre später trafen sich die beiden in Köln auf einen Kaffee. "Wir waren zufällig beide zum Arbeiten dort. Als Scarlett nach Los Angeles zog, war ich der glücklichste Mensch der Welt." Dass die Verlobte auch für den "Playboy" posierte, stört ihn gar nicht. "Es war ihre Idee, und es gefällt ihr, über ihre Sexualität zu bestimmen. Sie hat ja auch ein Essay zu den Fotos geschrieben:,Die feministische Mystik'. Wir sprechen oft über Feminismus."

Konkret sagt Hefner, er würde sich nicht scheuen, die Hälfte der Hausarbeit zu machen, sollten die beiden heiraten und - wie er hofft -Kinder bekommen. "Frauen tragen die Hauptlast und werden ständig kritisiert, egal, was sie tun: Sie müssen weitaus mehr aushalten als wir Männer. Wir sollten sie unterstützen."

Das tut er auch in Gleichstellungsfragen, die das Alter betreffen. So wollte er gegen Altersdiskriminierung aufrütteln, als er das einstige "Playboy"-Cover seiner Mutter nochmals mit ihr fotografierte, als sie im Vorjahr 55 war. "Wenn Frauen älter werden, ignoriert man sie. Warum?"

Langweilig nennt Hefner sich selbst bloß in Bezug auf die berühmte Playboy-Villa. Sie ist längst verkauft, und Hefner denkt nicht daran, eine neue zu gründen. "Diesbezüglich bin ich fader als mein Vater", sagt er. Dass nach dessen Tod viele Geschichten über seinen ausschweifenden Lebensstil auftauchten, störte Cooper Hefner wenig: "Sein Tod war ein Schock, aber die Geschichten haben mich nicht berührt, denn Vater hätte sie geliebt!"

Cooper Hefner ist der Einzige in der Familie, der nun im Unternehmen tätig ist, und er liebt die Aufgabe. "Ich verbringe die meiste Zeit in Beverly Hills und kümmere mich um die Marke, den kreativen Prozess, das Produkt, die Lizenzen, die Frauen, die sich bewerben. Kate Moss war in unserer Jubiläumsausgabe und ist ein großer Fan. Unsere Tradition großer Autoren umfasst Jean-Paul Sartre oder Ian Fleming. Ich bin wirklich stolz auf den 'Playboy'!"

Würde er seine Großmutter das Magazin lesen lassen? "Sicher, wir haben viele großartige Artikel. Meine Großmutter ist sehr stolz auf mich. Ich würde nie etwas tun, das sie abstoßend findet. Zum Glück hat sie eine positive Einstellung zu Sex", sagt Hefner. Die teilt er mit der Oma, denn auch er meint: "Wer glücklich ist, lebt länger, und regelmäßiger Sex macht glücklich. Menschen sollten oft Sex haben. Sex ist entspannend, unterhaltsam und nicht teuer. Es ist normal, natürlich und gesund. Wir sollten das fördern."

Der Beitrag ist ursprünglich in der Printausgabe von News (29/2018) erschienen.