Der Klimakampf im Old Boys Club

Lena Schilling und Rainer Nowak schreiben für die "Krone", Christian Rainer lobbyiert für den Zeitungsverband. Die Klimaaktivistin verdient Vorschusslorbeeren als wichtige Ausnahme im Old Boys Club der Medienbranche, der dessen Erfahrung aber guttut

von Medien & Menschen - Der Klimakampf im Old Boys Club © Bild: Gleissfoto

Die "Kronen Zeitung" hat zwei neue Kolumnen. Die eine heißt "Streitbar" und erscheint jeden Freitag von Lena Schilling. Die andere schreibt Rainer Nowak unter dem Titel "Naschmarkt" für das Sonntagsmagazin "Krone bunt". Beide Neuzugänge sind strategische Coups von Österreichs reichweitenstärkster Zeitung. Sie erreicht mit Papierausgaben und E-Paper im Schnitt 1,7 Millionen Menschen, am Sonntag sind es sogar 2,1 Millionen. Infolge der Entnahmetaschen. Dazu kommen noch täglich 850.000 User des digitalen Auftritts. Ungeachtet einer weitgehenden Bezahlschranke.

Das ist die stärkste Austro-Medienorgel nach dem ORF - und die meistgefürchtete. Die Politik lässt sich von ihrer Meinungsstärke immer wieder ins Bockshorn jagen oder auch bestärken. Das gilt zum Beispiel für die kritische Position der traditionell durchaus umweltaktivistischen "Krone" gegenüber sogenannten "Klimaklebern". Das Engagement der "Fridays for Future"-Galionsfigur Schilling ist ein Schachzug, um einen dringend benötigten User-Nachwuchs mit jener Position zu versöhnen, die den Stammlesern des Kleinformats entspricht. Die 22-Jährige folgt in dieser Funktion Grün-Exponenten wie Günther Nenning († 2006) und Monika Langthaler (57), aber auch Wissenschaftlerin Helga Kromp-Kolb (74). Sie wirkt als Pendant zu Ex-Minister Rudi Anschober (62), der für die Sonntagsausgabe schreibt.

Die "Krone" setzt dieses politisch durchaus überraschende Jugendsignal, weil sie bei den unter 30-Jährigen weniger als die Hälfte ihrer durchschnittlichen Reichweitenquote - 22,2 Prozent der Bevölkerung via Print, 10,9 digital - erzielt. Dieses Problem teilt sie grundsätzlich zwar mit den meisten herkömmlichen Medien, ist aber bei ihr besonders stark ausgeprägt.

Die Verpflichtung von Rainer Nowak (51) hingegen wirkt weniger als Signal an die Leser denn an Politik und Branche. Der über unangemessene Chats gestolperte Ex-Chefredakteur der "Presse" gilt als einer der besten Schreiber des Landes. Die Rückholung des betont Bürgerlichen ist einerseits ein Zeichen, um zugleich parteiliche Unabhängigkeit und Unberechenbarkeit zu betonen, andererseits ein Wink, wie es schon die Verpflichtung von Politologe Peter Filzmaier (55) war: Wir sind nicht nur Boulevard, wir können auch seriös. Solch ein Image braucht es im Wettbewerb um Personenmarken.

Nowak wird diesem Bedarf auch durch seine weiteren aktuellen Aktivitäten gerecht. Er ist nun quasi Österreich-Korrespondent für das renommierte deutsche Politikmagazin "Cicero" und hat auch seine Tätigkeit für die jüdische Wiener Zeitschrift "Nu" wieder aufgenommen. Daneben sondiert er in Zürich und Berlin den Markt für redaktionelle Spitzenpositionen. Der mit ihm oft in einem Atemzug genannte Christian Rainer (61) hingegen werkt nach einem Vierteljahrhundert als Chef des "profil" mittlerweile für den Zeitungsverband VÖZ, in dem er zuvor das Nachrichtenmagazin vertreten hatte. Die Verleger haben ihn als Berater vor allem für ihren aktuellen Konflikt mit Medienpolitik und ORF verpflichtet.

Das Engagement solch schillernder Exponenten wie Rainer und Nowak ist aber auch ein Balanceakt für ihre Auftraggeber. Dass der hauptberufliche VÖZ-Generalsekretär, Gerald Grünberger (53), und der ehrenamtliche Verlegerpräsident, Styria-CEO Markus Mair (58), einen derart profilierten Journalisten-Promi mit ihren Egos vereinbaren können, spricht für sie. Das Gleiche gilt für den geschäftsführenden "Krone"-Chefredakteur Klaus Herrmann (61) in Bezug auf den einstigen "Presse"-Funktionskollegen mit dem deutlich stärkeren Drang auf die Bühne. Dass Nowak im Sonntagsmagazin schreibt, verweist aber auf einen noch stärkeren Fädenzieher im Hintergrund. Die "Krone bunt" gilt als Spielwiese des nominellen Chefredakteurs, Herausgebers und 12,5-Prozent-Miteigentümers Christoph Dichand (58). Nowak wurde weder dort noch in der eigentlichen Zeitung besonders vorgestellt. Im Gegensatz zu Schilling. Sie ist auch ein Signal für die größte Schwäche des öffentlichen Medien-Personalkarussells: Frauen und junge Menschen sind in ihm immer noch eine Seltenheit. Das muss und wird sich ändern.