"Kompensieren war das Motto"

Die deutsche Schauspielerin ist wieder auf der Leinwand zu sehen. Privat ist sie viel bei ihren Liebsten

Jessica Schwarz trägt schwarz. Der dünne Stoff eines transparenten Kleides umspielt ihre Beine. Dünnhäutig und schwermütig, losgelöst von Zeit und Raum, wandert sie barfuß durch ihre Wohnung. Verlust und Leere stehen im Raum. Ein Weinglas fällt zu Boden. Am Plattenteller rotiert Scott Matthew: "You were my constant. Where 'd you go? I've never felt so alone. You were my constant." Verzweiflung, Tränen, Trauer. Behutsam legt Jessica ein Andenken an den geliebten Verstorbenen nieder. Im November vor zwei Jahren mimte sie im Video zu Scott Matthews Single "Constant" die Trauernde; Anfang des Jahres wurde aus Fiktion Realität. Jessicas Vater Thomas verstarb mit 67 Jahren, kurz nach der Diagnose, an Darmkrebs. Mit ihm verlor sie eine ihrer größten Konstanten.

von
Jessica Schwarz - "Kompensieren war das Motto"

Die mädchenhafte 40-Jährige erzählt: "Ich versuche mich gerade wieder zurück ins Leben zu hangeln. Das funktioniert manchmal sehr gut, und dann überwältigt mich wieder die Trauer, das wird bestimmt noch eine ganze Weile dauern." Alles in allem war es für sie ein sehr verqueres Jahr. Ein Jahr der Katharsis, in dem sie nichts überstürzen, sondern mit sich und ihren Liebsten sein will. Auch wenn das viele Reisen miteinschließt, weil ihre Familie in Hessen lebt, Schwarz aber der Liebe wegen in Wien wohnt. Nach schmerzvollen Monaten mit vielen melancholischen Momenten sehe es nun für August und September wieder schöner aus, die Phase der langsamen Neuorientierung kündigte sich leise an. "Es stehen zwei Wochen Urlaub auf Ibiza an und danach Südengland, weil wir dort auch mit unserem gemeinsamen Film "Freddy Eddy" auf einem Filmfest laufen", berichtet die Aktrice. Gemeinsam, weil Jessica darin Paula verkörpert und Schwarz' Partner Markus Selikovsky als Kameramann aktiv war.

Wege zur Heilung

Konzentrierte Arbeit kann eine Hilfe sein, sich aus Trauer und der Sehnsucht zu boxen. Jessica Schwarz hat intuitiv auch diesen Weg zur Selbstheilung gewählt: "Ich hab lecker gegessen und aufgehört, zu sehr auf meine Figur zu achten. Ich habe auch zugenommen und gemerkt, ich brauche das gerade. Das ist der seelische Ausgleich." Es folgten Gefühle und Bedürfnisse, die ihr zuvor fremd waren. "Ich habe, so blöd das klingen mag, auch viel geshoppt. So kenne ich mich gar nicht, ich bin sonst keine Shopping-Queen. Kompensieren war das Motto." Den Verlust und die Leere mit allen Mitteln zu stopfen - da half es auch, bei jedem wichtigen Familienereignis dabei zu sein und viel mit Freunden zu sprechen. Einen Teil der Trauerbewältigung übernehmen die Vierbeiner aus Jessicas Umfeld. Schwarz hat sich einer alten Leidenschaft entsonnen und wieder mit dem Reiten begonnen.

»Das tut mir supergut. Obwohl ich jahrelang dachte, das passt gar nicht mehr in mein Leben«

"Das tut mir supergut. Obwohl ich jahrelang dachte, das passt gar nicht mehr in mein Leben", berichtet sie. "Wir haben die Kinder (zwei Töchter ihres Freundes Markus Selikovsky, Anm.) bei einem Reiterhof angemeldet und in der dritten Stunde saß ich schon selbst auf dem Pferd. Ich reite jetzt jede Woche." Keinen alten Gaul, sondern ein richtiges Vollblutpferd mit richtig Dampf, das in Dressurklasse M ausgebildet ist und die ganze Zeit galoppieren will. Überhaupt haben es ihr Tiere angetan. "Ich hätte so gerne eine Katze. Unsere ganze Familie ist katzenaffin, auch weil mein Vater Großwildkatzen aufgezogen hat. Er hatte selbst viele Jahre einen Ozelot als Haustier. Ich bin aber leider zu viel unterwegs, um mich um eine Katze kümmern zu können." Und weil Familie Schwarz immer Haustiere hatte, die Jessica jetzt fehlen, kommt das Reiten gerade recht. Gäbe es da nicht den Umstand der persönlichen Schusseligkeit.

Geborener Schussel

Die konnte die Schauspielerin in ihrem aktuellen Kinofilm "Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner" in der Rolle der verplanten, tollpatschigen Kati bestens ausleben: Sie ist zwischen dem Arzt Felix und Künstler Mathias hin- und hergerissen und erleidet einen Unfall, durch den sie die Chance bekommt, Schicksal zu spielen. Die Rolle enthält viel Slapstick, was Schwarz (bekannt durch Kinofilme wie "Das Parfum -Die Geschichte eines Mörders", als Tony Buddenbrook in "Buddenbrooks" oder als Romy Schneider im deutschen Fernsehfilm "Romy") auch sehr angesprochen hat. "Es gibt eine wunderbare Briefkasten-Szene. Die war hart zu drehen, weil meine Hand die ganze Zeit in einem Briefkasten stecken bleiben muss.

»Ich glaube, es gibt mittlerweile sehr viele Jessica Schwarz auf der Welt, weil ich so viele Pässe und ID-Karten verloren habe«

Am Anfang war er komplett mit Schaumstoff ausgekleidet. Das hat genau drei Minuten gehalten, und irgendwann hing ich da drin und bin wirklich nicht mehr rausgekommen, weil der Arm so angeschwollen war", erinnert sie sich schmunzelnd. Das Andenken schillerte drei Tage in allen Regenbogenfarben. Die Parallelen zu ihrer privaten Seite kann sie nicht leugnen. "Mich hat irgendwann mein Mobilfunkbetreiber angerufen und meinte:,Frau Schwarz, wir wollten jetzt mal nachfragen: Wir haben hier 37 verlorene Handys gemeldet. Ist denn bei Ihnen alles in Ordnung?' Ich war legendär bekannt. Das war allein in eineinviertel Jahren. Ich konnte sehr gut sehr schusselig sein." In dieses Bild passen auch die zahlreichen verlorenen Reisetaschen und Pässe. Jessica scherzt: "Ich glaube, es gibt mittlerweile sehr viele Jessica Schwarz auf der Welt, weil ich so viele Pässe und ID-Karten verloren habe. Ich müsste mal alle Fundbüros dieser Welt durchrufen."

Der Alltag kann an manchen Tagen die Trauer übertönen. Die schwarzen Kleider bleiben im Kasten, ein weißes hat wieder Ausgang. Dieser Tage lässt sie einen hoffnungsvollen Song von Scott Matthew rotieren. Er flüstert: "In the darkest of oceans there's light. Sing and celebrate changing from the darkest of moments to light."