Gregor Seberg:
"Die haben mich zum Fressen gern"

Der Schauspieler sinniert über seine Vaterschaft und seinen "Soko Donau"-Ausstieg

Dezent paniert mit Sägespänen und Haferflocken verbringt der Schauspieler und Kabarettist Gregor Seberg seinen freien Tag im Zoo. Da plaudert der verhinderte Naturforscher zwischen flauschigen Lemuren und störrischen Eseln über seine baldige Vaterschaft und den schweren Abschied von "Soko Donau"

von Im Zoo-Interview - Gregor Seberg:
"Die haben mich zum Fressen gern" © Bild: Michael Mazohl News

Gregor Seberg ist entzückt. Haben doch die 15 Kattas aus der Lemurenfamilie, unter ihnen fünf Babys, mit ihrem Gesichtsausdruck zwischen indignierter Überraschung und leicht angespeistem Schockzustand den Schauspieler augenblicklich ins Herz geschlossen. Dabei ist er mit leeren Händen gekommen. Tierpfleger Alfred Maier reicht dem Affenhaus-Besucher eine Handvoll Haferflocken als Zwischenmahlzeit für die geselligen Tierchen. Daraufhin turnen sie euphorisiert auf Sebergs Schultern und verteilen mit ihren zarten Pfötchen Sägespäne auf seinem Shirt. "Moi, sind die lieb!", strahlt Seberg, der zum Klettergerüst mutiert. Seit Jahren ist der Schauspieler, der etliche "Universum"-Folgen sprach und als Kind Naturforscher werden wollte, schon Pate des Hundsfischs in Schönbrunn. "Der Hundsfisch ist der einzige Fisch, den man beschimpfen kann, ohne ihn zu beleidigen", stellt er fest. So ein Huuundsfisch! Ja, wenn er doch so heißt! Zur Patenschaft kam es wie folgt: "Ich hab mir gedacht, den nimmt sicher niemand - der braucht einen Beschützer. Er hat null Glamour und deswegen auch keine Lobby. Er ist komplett unscheinbar, kann aber einiges. Der Hundsfisch atmet mit seiner Schwimmblase atmosphärische Luft", referiert Seberg - ganz der verhinderte Forscher eben.

© Michael Mazohl News Riesenschildkröte Menschik, 120, und Gregor Seberg, 50, teilen sich einen Snack.

Dasein ohne Inszenierung

Was Gregor Seberg an der Tierwelt imponiert? "Tiere sind so unverfälscht. Wir Menschen sind alle Produkte unserer Erziehung, haben alle unsere Vorbilder. Tiere haben das nicht. Ich glaube nicht, dass es ein Tier gibt, das so sein möchte wie Rihanna", philosophiert Seberg und kichert. Als Kind wollte er am liebsten mit den größten und stärksten Tieren mitziehen. Später war er lange Zeit von dem Gedanken getrieben, eine noch nicht entdeckte Tierart aufzuspüren. "Mittlerweile finde ich das Verhalten von Tieren interessant. Kürzlich hab ich mir die Frage gestellt, wenn ein Tier Freude oder Angst empfindet, wie lang es sich den Grund dafür merkt." An der Antwort wird noch akribisch geforscht.

© Michael Mazohl News Erlebnisgutscheine für Backstage-Führungen gibt es auf www.zoovienna.at

Seberg wechselt zur männlichen Seychellen-Riesenschildkröte Menschik. Mit ihren 120 Jahren und 207 Kilo liegt sie gemütlich im Eck und lässt sich die Sonne auf den Panzer heizen. "Der hat wohl 1978 einen Rausch gehabt und sich noch nicht erholt", schmunzelt der Kabarettist. "Menschik ist nie grantig und sehr gechillt", verrät Pflegerin Jasmine Scantlebury. Seberg teilt sich eine Karotte mit der Riesen-Turtle und streichelt ihr sanft das Kopferl. Daraufhin hört Menschik zu kauen auf. Die Expertin erklärt: "Er ist einfach nicht multitaskingfähig. Wenn man ihn streichelt, kann er nicht fressen." Sein männlicher Kompagnon Schurli, "die Rampensau, die sonst bei jedem Fotoshooting neugierig und eilig angekrochen kommt", verbüselt diesen Pressetermin. Wenn man 150 Jahre alt wird, hat man eben Zeit.

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Abschied von der TV-Rolle

Mit den Worten "Gehen wir zu den Tieren, die keiner mag -zu den Zecken und Gelsen!" schlendert der Schauspieler begeistert weiter. Er hetzt nicht, sondern nimmt sich Zeit. Nach elf Jahren und zwölf Staffeln Präsenz als Oberstleutnant Helmuth Nowak in der Kriminalserie "Soko Donau", will der 50-Jährige die freien Tage genießen. Der Ausstieg war Sebergs Entscheidung. "Dieser Beruf hat viel mit Veränderung zu tun und auch damit, wieder Neuland zu betreten. Das ist ein Abschied mit einem weinenden und einem lachenden Auge", zieht der gebürtige Grazer Bilanz und fügt wehmütig hinzu: "Die tägliche Dosis Schmäh und deppat Reden am Set fehlt mir furchtbar!" Von seiner Rolle als Kriminalbeamter hat der Mann mit der sonoren Stimme Erkenntnisse ins Alltagsleben mitgenommen: "Ich weiß, dass das Einsatzkommando Cobra so gut ist, dass ich mich nicht einmal trauen würde, einen Kaugummiautomaten zu knacken", grinst Seberg. Der Job im TV hatte auch seine angenehmen Seiten. So wurde der TV-Oberstleutnant während einer privaten Spritztour bei einem Planquadrat einmal mit den Worten "Kollege, haben wir einen Einsatz?" durchgewunken. "Das ist toll. Da rennt dann genauso der Schmäh wie am Set", ist der Schauspieler erfreut.

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Frecher Honigdachs

Auch wenn der Nowak nur noch in drei Folgen "Soko Donau" zu sehen sein wird, an Seberg kommt man nicht vorbei. Ende September läuft der Animationshit "Cars 3" von Disney/Pixar an, in dem er einem blauen Auto seine Stimme leiht. Mit dem Solokabarett "Honigdachs" ist Seberg ebenfalls wieder unterwegs. Darin fordert der Gerechtigkeitsfanatiker auf, ein wachsames Auge für Hilfesuchende zu haben. Der Honigdachs ist das perfekte Sinnbild dafür, schließlich gilt er als das furchtloseste und wehrhafteste Tier der Welt. "Er tut keinem was, aber lässt sich nichts gefallen. Dieser Dachs steckt den Biss von Giftschlangen weg und schafft es sogar, Hyänen in die Flucht zu schlagen." Kampfgeist zeigt Seberg auch privat, wenn er sich für schutzbedürftige Menschen engagiert oder als Teil der Talkshow "Bist Du deppert!" Missstände anprangert.

Seberg spaziert an den Eseldamen Helga, Amelie und Claudine vorbei. Großes Entertainment darf man sich hier nicht erwarten, Helga schläft im Stehen ein. Die zottelige Claudine lässt sich auch nicht locken, trotzdem kommt Seberg ins Schwärmen: "Ich werde später irgendwann zwei Esel haben und 635.000 Alpacas. Alpacas sind so süß!" Vielleicht werden sich auch Gänse in Sebergs imaginären Zoo dazugesellen. Jedenfalls keine Nutztiere, sondern Tiere, die herumlaufen und tun, was sie wollen.

Vater mit 50

So wie er das als Kind gemacht hat, um Grenzen auszuloten. Nach eigenen Angaben war Gregor "ein furchtbarer Rabauke". Die Oma, bei der er aufgewachsen ist, hat Grenzen gesetzt, aber er "war ein Weltmeister darin, sie zu umgehen". Weil sie aber auch streng sein konnte und alles andere als eine Schnucki-Oma, war sein Widerspruchsgeist schon recht früh sehr ausgeprägt vorhanden.

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Nun wird Seberg, selbst gerade 50 geworden, Ende Oktober erstmals Vater: "Darauf freu ich mich total!" Ein Bub kündigt sich an und Sebergs vielleicht schwierigste Rolle als Vorbild. "Ich glaube ja, dass man das, was man sich in der Erziehung vornimmt, eh früher oder später über Bord wirft, aber ich denke an eine eher kumpelhafte Erziehung." Trotzdem: "Orientierungshilfen und Grenzen muss man setzen, denn das Kind weiß sie ja nicht." Einige Vaterschaftsvisionen hat der Papa in spe schon. Eines Tages werden Seberg senior und junior das Buch "Der Baron auf den Bäumen" von Italo Calvino gemeinsam betrachten. "Darin geht es um einen jungen Baron, der auf einen Baum klettert und beschließt, nicht mehr runterzusteigen. Dann lebt er dort und klettert bis nach Florenz und nach Rom. Es ist wahnsinnig schön. Da eröffnet sich eine ganz neue Welt." Was er seinem Sohn ebenfalls vererben möchte, ist sein Faible für einen irre kichernden Pfiffi kus in Entengestalt. "Duffy Duck ist definitiv mein großes Idol!"

Seberg erinnert sich an einen Cartoon, in dem Duffy Duck am Strand eine andere Ente anbaggert. Die Ente flirtet zurück. Irgendwann kommt der männliche Begleiter der Ente, um ein Vielfaches größer als Duffy Duck, und sagt: "Lass meine Freundin in Ruhe, sonst passiert was!" Daraufhin lispelt Duffy in die Kamera: "Soll ich jetzt lachen oder was?" Seberg: "So etwas kenne ich von mir. Man weiß schon, man wird verlieren, sagt aber trotzdem noch etwas Blödes." Goschert sein und damit auf die Schnauze fallen. Das gefällt dem Seberg. Sonst wäre es ja nur halb so lustig.

Zur Person Gregor Seberg:
Schauspieler, Kabarettist und Autor, geboren am 24. Juli 1967 in Graz. Nach elf Jahren und zwölf Staffeln steigt Seberg als Oberstleutnant Helmuth Nowak aus der Krimi-Serie "Soko Donau" aus. Die 13. Staffel startet im Winter 2017/2018, in drei Folgen wird er noch zu sehen sein. Aktuell spielt er Kabarett. Sein aktuelles Programm heißt "Honigdachs" (Termine: www.gregorseberg.at), daneben realisiert er mit seiner Produktionsfirma diverse Projekte.