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Weitere Kindergartenschließung

Wien bleibt damit Rekordhalter bei den Pleiten von privaten Kindergartenbetreibern

Mit Multika rutscht ein weiterer Kindergartenbetreiber in die Pleite. Die Leidtragenden sind die Kinder: 150 von ihnen müssen sich wieder einmal einen neuen Betreuungsplatz suchen.

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Weitere Kindergartenschließung © Bild: shutterstock

Es hätte ebenso gut ausgehen können. Noch Mitte Juli waren alle Beteiligten mehr als nur zuversichtlich: Den Kindergartenbetreiber Multika würde es trotz laufendem Konkursverfahren weiterhin geben. Mit sehr viel weniger Standorten als noch vor acht Jahren, aber doch.

Knalleffekt

Doch nur wenige Tage vor der für 1. August angesetzten Sanierungsverhandlung kam der Knalleffekt: Wie News exklusiv erfuhr, will die Stadt Wien den vom Verein vorgelegten Sanierungsplan nun doch nicht annehmen. Immerhin hätten sich im Laufe der Jahre Schulden in Höhe eines mittleren sechsstelligen Euro-Betrags angehäuft. Multika bzw. die Schuldnerberatung Wien zog daraufhin den Sanierungsantrag zurück. Was bleibt, ist die Liquidation des Unternehmens.

»Es ist eine Katastrophe«

Mit 31. August sollen nun alle Kindergärten geschlossen und alle Mitarbeiterinnen gekündigt sein (siehe „Dokumente einer Schließung“). 150 Kinder suchen damit neue Plätze und 24 Mitarbeiterinnen neue Jobs. „Es ist eine Katastrophe“, sagt eine Pädagogin: „Wir haben Kinder, die bereits zweimal den Kindergarten gewechselt haben, nur weil sie bei Multika bleiben wollten.“

» "Schließung nicht so einfach hinnehmen“«

Auch in der russischen Community ist die Stimmung getrübt. Am einem Standort im 17. Bezirk sind die Eltern von nahezu 90 Prozent der Kinder Angehörige der russischen Botschaft. „Wir haben diesen Kindergarten wegen der russischen Sprache ausgewählt und werden die Schließung nicht so einfach hinnehmen“, sagt ein Betroffener.

Bewegte finanzielle Vergangenheit

Dabei kam das Aus nicht ganz unerwartet. Der Verein Multika hat eine bewegte finanzielle Vergangenheit hinter sich. Gegründet 2009 im Zuge der Einführung des beitragsfreien Kindergartens, hat sich die Trägerorganisation auf bilinguale Erziehung spezialisiert. Dafür werden Kinder im Alter von eins bis sechs neben Deutsch auch in Englisch, Russisch oder Ungarisch betreut. Begonnen wurde mit drei Standorten, die sukzessive auf sieben aufgestockt wurden. 2014 fand die erste Sanierung statt, die jedoch nahtlos in ein Insolvenzverfahren in diesem Jahr überging. Im März wurde auf nochmals – auf vier Kindergärten reduziert - sowie das Insolvenzverfahren eingeleitet, das nun als gescheitert gilt.

Wien Rekordhalter bei Kindergartenpleiten

Wien bleibt damit Rekordhalter bei den Pleiten von privaten Kindergartenbetreibern. Während in den Bundesländern 2016 und 2017 kein einziger Kindergarten geschlossen wurde (Ausnahme: eine Insolvenz in Niederösterreich) muss die Bundeshauptstadt nun schon den Konkurs der achten Trägerorganisation im selben Zeitraum hinnehmen.

Der Grund dafür könnte freilich auch die vom Wiener Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky eingeschlagene härtere Gangart sein. Der Politiker hat im News-Interview (siehe Czernohorszky-Interview „Neues Konzept vor Jahresende“) angekündigt, dass das Ergebnis „verstärkter Kontrollen ein Anstieg der Sanktionen bis hin zu Schließungen“ sein könne.

Gleichzeitig muss Czernohorszky sich aber auch vorwerfen lassen, dass seine Behörde bei den Kontrollen bisher säumig war und einen Graubereich in den Bilanzen den privaten Betreibern ununtersucht gelassen hat (siehe News-Story „Baustelle Kindergarten“). Immerhin wurden die 4.300 Kindergruppen bisher lediglich von 13 Inspektorinnen besucht. Das soll sich laut dem Stadtrat nun aber ändern: Noch vor Jahresende soll das Förderkonzept überarbeitet und endlich auch Förderrichtlinien beschlossen werden.

Die Dokumente

© Multika
© Multika
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