Das Erfolgsrezept von Greenpeace

So wurde die NGO zur einflussreichsten Umweltschutzorganisation der Welt

Seit 50 Jahren gibt es Greenpeace, die einflussreichste Umweltschutzorganisation der Welt. Doch was macht den Erfolg der NGO aus? Was kann man sich vielleicht abschauen?

von Greenpeace © Bild: Getty/MacMatzen

Am 15. September 1971 ist eine Gruppe von Friedensaktivisten mit einem Schiff von Kanada ausgelaufen, um vor der Küste von Alaska einen geplanten Atomversuch der USA zu verhindern. Ihre Aktion bekam einen Namen, der die Umweltfarbe "Grün" mit "Frieden" verband: Greenpeace. Zwar scheiterte das Unternehmen, aber die Naturschützer machten mit dieser Aktion weltweit Schlagzeilen. 50 Jahre später ist Greenpeace weiterhin die einflussreichste Umweltschutzorganisation der Welt.

»Unser Erfolgsrezept war die Frechheit. «

"Unser Erfolgsrezept war die Frechheit. Alle staunten: Wie können die es wagen, Regierungen zu attackieren und das Ende von Atomtests zu fordern. Das war aufsehenerregend - eben David gegen Goliath. Nur hielten nicht alle zu David: Während eurer Fahrt war ich in diversen Talkshows zu Gast. Da haben Anrufer gewünscht, dass diese Bande von Hippies doch ertrinken möge. Das war schlimm für mich. Denn da kämpfte das Schiff sich gerade durch einen Sturm und zehn Meter hohe Wellen", erinnerte sich das 2019 verstorbene Gründungsmitglied Dorothy Metcalfe.

Leicht verständliche Bilder und Symbole

Mit der Aktion war die Strategie von Greenpeace vorgegeben. Frechheit, Überraschungseffekte sowie leicht verständliche Bilder und Symbole spielen dabei eine große Rolle. Bei vielen Aktionen waren Schiffe, Helikopter, Tauchroboter, Schlauchboote oder Wasserflugzeuge im Einsatz. An dem Grundsatz der Gewaltfreiheit hat sich in den 50 Jahren nichts geändert. Dafür musste die NGO im Laufe der Jahre immer wieder staatliche Repressionen hinnehmen. 1985 brachte etwa der französische Geheimdienst Bomben in dem Schiff Rainbow Warrior an, bei der Detonation starb ein Fotograf.

Seit 1982 in Österreich

In Österreich wurde die Organisation 1982 heimisch. Eine Gruppe engagierter Umweltschützer gründete in Wien die "Freunde von Greenpeace". Ein Jahr später wurde der Lizenzvertrag mit Greenpeace International unterschrieben. Noch im selben Jahr startete Greenpeace die erste Kampagne und landete prompt einen Erfolg. Der Protest gegen die Trichlorphenolanlage der Chemie Linz führte zur Stilllegung der Dioxin-verseuchten Anlage. Seither ist die Geschichte von Greenpeace in Österreich untrennbar mit der österreichischen Umweltgeschichte verbunden.

Mehr als drei Millionen Unterstützer

Weltweit hat die Umweltorganisation heute 26 Büros, mehr als drei Millionen Menschen unterstützen Greenpeace. Die großen Themen sind Klimaschutz, der Kampf gegen Gentechnik sowie der Schutz der Meere und der letzten Urwälder. Finanziert werden die Aktionen vor allem durch Spenden.

Jüngster Erfolg

Den jüngsten Erfolg feierte die NGO 2021 mit einem wegweisenden Gerichtsurteil in einem Klimaprozess gegen Shell. Ein niederländisches Gericht entschied, dass Shell seinen CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2030 um 45 Prozent im Vergleich zu 2019 reduzieren muss. Dies war das erste Mal, dass ein Unternehmen von einem Gericht zu Klimaschutzmaßnahmen gezwungen wurde. Die Klimaklage wurde von Friends of the Earth Netherlands (Milieudefensie) zusammen mit Greenpeace Niederlande, anderen NGOs und 17.379 individuellen Mitklägern eingereicht.

Konkurrenz der Jungen

Inzwischen ist Greenpeace aber nicht mehr die einzige weltweit relevante Umwelt-NGO. Nachdem die Klimaaktivistin Greta Thunberg 2018 mit ihrem Klimastreik internationale Schlagzeilen gemacht hat, strömten vor allem junge Menschen zu der Fridays for Future-Bewegung. "Wir stehen natürlich voll hinter Greenpeace, aber es ist wichtig, dass unsere Generation, die vom Klimawandel am meisten betroffen ist, etwas Eigenes macht", sagte die Aktivistin Veronika Winter.

Überblick über die wegweisendsten Kampagnen

Die Umweltorganisation Greenpeace setzt seit ihrer Gründung erfolgreich auf - mitunter sehr gefährlichen - Aktionismus, der sogar ein Sprengstoffattentat des französischen Geheimdienst zur Folge hatte.

1974 - Frankreich beendet Atomtests: Als David McTaggart, späterer Gründer von Greenpeace International, von den französischen Atomtests im Südpazifik erfährt, benennt er sein Boot in "Greenpeace III" um und segelt los, um gegen die Atomtests im Mururoa-Atoll zu protestieren. 1973 wird er bei einer Protestaktion von französischen Marinesoldaten niedergeschlagen. Der Vorfall wird gefilmt und löst weltweite Empörung aus. Dieser bewegt Frankreich dazu, 1974 sein Programm für oberirdische Atomtests zu beenden.

1982- Walfang-Moratorium: Ab 1973 stellt sich Greenpeace Großwalfisch-Jägern entgegen und dokumentiert deren Treiben. Zum ersten Mal gelangen Bilder an die Öffentlichkeit. Nach heftigen Protesten beschließt die Internationale Walfangkommission (IWC) 1982 das Verbot des kommerziellen Walfangs - ein riesiger Erfolg für die NGO. Doch der Protest geht bis heute weiter, nun gegen die japanischen Walfänger, die das Verbot unterlaufen.

1985 - Die Bombardierung der Rainbow Warrior durch die französische Regierung: Am 10. Juli 1985 liegt das Greenpeace-Schiff Rainbow Warrior in Auckland, Neuseeland, vor Anker - bereit, sich den Atomtests im Mururoa-Atoll entgegenzustellen - als französische Geheimdienstagenten zwei Bomben am Rumpf des Greenpeace Schiffes anbringen. Die daraus resultierende Explosion versenkt das Schiff und tötet den 35-jährigen Greenpeace-Fotografen Fernando Pereira. Vorerst leugnet die französische Regierung jede Kenntnis von der Operation, jedoch stellt sich im Nachhinein heraus, dass sie involviert war. Schließlich tritt der französische Premierminister Laurent Fabius im Fernsehen auf und erklärt, dass der französische Geheimdienst das Schiff auf Befehl versenkte.

1995 - Die Brent-Spar-Kampagne führt zu einem Sieg im Kampf gegen die Verschmutzung der Meere: Die Brent Spar, 190 Kilometer nordöstlich der Shetland-Inseln im Meer verankert, diente von 1976 bis 1991 als Rohöl-Zwischenlager. Aus finanziellen und technischen Gründen will Shell den Stahlkoloss mitsamt rund 130 Tonnen Ölschlamm, Schwermetallen und radioaktiven Abfällen einfach im Meer versenken. Daraufhin besetzen Aktivistinnen und Aktivisten die Ölplattform mehr als drei Wochen lang als Teil einer koordinierten weltweiten Kampagne, um Druck auf Shell auszuüben. Die Kampagne ist erfolgreich: 1998 wird ein generelles Versenkungsverbot für Öl-Plattformen verabschiedet,

2013 - Die Arcitc 30: Im Spätsommer 2013 brechen 28 Greenpeace-Aktivisten und zwei freie Journalisten aus 18 Ländern mit der Arctic Sunrise in die arktische Petschorasee auf. Sie wollen auf die Gefahr von Ölbohrungen aufmerksam machen. Am 18. September protestieren sie an der Gazprom-Ölplattform Prirazlomnaya gegen die drohende Zerstörung der Arktis. Die Aktion der Arktisschützer wird von der russischen Küstenwache gewaltsam beendet, zwei Aktivisten werden festgenommen. Einen Tag später entert der russische Inlandsgeheimdienst die Arctic Sunrise in internationalen Gewässern, beschlagnahmt das Schiff und nimmt den Rest der Crew fest. Wochenlang sitzen die 30 Frauen und Männer in Untersuchungshaft in Murmansk. Die Anklage lautet zunächst auf Piraterie und wird dann auf Rowdytum umgewandelt. Am 18. Dezember, genau drei Monate nach der Festnahme und nach zahlreichen Protesten weltweit, beschließt die Duma eine weitreichende Amnestie, die auch die Umweltschützer einschließt.

2021 - Wegweisendes Gerichtsurteil im Klimaprozess gegen Shell: In einem Urteil entscheidet ein niederländisches Gericht, dass Shell seinen CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2030 um 45 Prozent im Vergleich zu 2019 reduzieren muss. Dies ist das erste Mal, dass ein Unternehmen von einem Gericht zu Klimaschutzmaßnahmen gezwungen wird. Die Klimaklage wurde von Friends of the Earth Netherlands (Milieudefensie) zusammen mit Greenpeace Niederlande, anderen NGOs und 17.379 individuellen Mitklägern eingereicht.