Er rechnet mit sich und anderen ab

Sänger schreibt über seine Drogenvergangenheit, Sex und den Kampf gegen Aids

Elton John geht mit sich hart ins Gericht. In seinem ersten Buch "Love is the Cure. Über das Leben, über Verlust und wie wir Aids besiegen können" schreibt der Sänger nicht nur über seine Alkohol- und Drogenvergangenheit sowie wechselnde Sexualpartner, sondern vor allem über das Immunschwächesyndrom Aids und den Kampf gegen dieses. Er fragt sich in seinem Werk unter anderem, warum es um die 80 seiner Freunde (darunter Freddie Mercury) getroffen hat, ihn jedoch nicht - dabei hatte er oft ungeschützten Sex.

von Elton John "Love is the Cure" - Er rechnet mit sich und anderen ab © Bild: Theo Wargo/Getty Images/AFP

Man kennt den Sänger als exzentrischen Paradiesvogel, der vor allem durch seine schrägen Outfits und bunten Brillen auffällt. 1976 outete sich Elton in der bekannten Musikzeitschrift "Rolling Stone" als bisexuell, heiratete jedoch im Jahr 1984 die deutsche Tontechnikerin Renate Blauel - von der er sich vier Jahre später wieder scheiden ließ. Sir Elton Hercules John bekannte sich danach zu seiner Homosexualität und heiratete am 21. Dezember 2005 seinen langjährigen Freund David Furnish. Gemeinsam haben sie einen Sohn, Zachary Jackson Levon Furnish-John, der von einer Leihmutter am 25. Dezember 2010 auf die Welt gebracht wurde.

In seinem Buch erzählt er, was man vielleicht noch nicht über ihn weiß. Und er will aufklären. "1980, als die ersten Aidsfälle bekannt wurden, war ich drogenabhängig und führte ein selbstzerstörerisches Leben. Es ist ein wahres Wunder, dass ich mich nicht infizierte. In jenen Jahren verlor ich durch die Krankheit Dutzende von Freunden. In diesem Buch erzähle ich ihre und meine Geschichte. Das Immunschwächesyndrom zu bekämpfen wurde zur vordringlichsten Mission meines Lebens", erzählt der exzentrische Star.

Elton John rechnet mit sich ab
Und er rechnet auch mit sich selbst ab, denn er war nicht immer ein Vorbild: "Doch es bleibt bei der Tatsache, dass ich in den achtziger Jahren ein Schwuler war, der nicht für Schwule auf die Straßen ging... Obwohl ich das leicht hätte tun können und auch tun sollen. Stattdessen widmete ich mich dem Kokain und dem Alkohol und anderen Exzessen." Damit waren seine ständig wechselnden Sexualpartner gemeint, von denen er ebenfalls erzählt. Oft hatte er ungeschützen Geschlechtsverkehr.

Alkohol- und Drogensucht
Seine Drogenprobleme wurden mit der Zeit immer schlimmer. Irgendwann hatte er einen Punkt erreicht, wo er nicht mehr wusste, wie er mit jemandem reden sollte, bevor er nicht "eine Nase Koks und eine Menge Hochprozentiges intus hatte. In zunehmendem Maße genügte aber auch das nicht mehr." Die Sucht wurde immer stärker, sein gesamtes "Leben lief aus dem Ruder. Ehrlich gesagt sah ich aus wie ein Klavier spielender Elvis Presley in späteren Tagen. Ich musste etwas ändern, sonst würde ich sterben. Selbst im Drogenrausch wurde mir das klar." Die Sucht, die Drogen, der Alkohol bestimmten sein Leben. Und er gibt zu: "Ich wusste, dass ich ein Arschloch war." Damals war er oft schrecklich schlecht gelaunt, was dem Sänger auch heute noch oft nachgesagt wird.

Über dem Tod von Freddie Mercury
Auch über den Tod seines Freundes Freddie Mercury erzählt er. Der Queen-Sänger gab erst einen Tag vor seinem Tod 1991 öffentlich bekannt, dass er an Aids erkrankt war. Elton John vertraute er diese Tatsache bereits 1987, kurz nach der Diagnose, an: "Es brach mir das Herz zu sehen, wie dieser große Künstler, der so viele Menschen glücklich gemacht hatte, von Aids zerstört wurde. Am Ende war sein Körper mit Geschwüren des Kaposi-Sarkoms bedeckt. Er war fast blind. Er war so schwach, dass er nicht mehr stehen konnte."

Drag Queen-Namen von Elton und Freddie
Wollten Sie schon immer wissen, wie sich Freddie und Elton gegenseitig nannten? Die beiden Musiker haben sich nämlich Frauennamen gegeben. "Freddie und ich hatten uns vor Jahren Spitznamen gegeben, unsere Alter Egos als Drag Queen. Ich war Sharon, und er war Melinda."

Kritik an Politik und Religionsvertretern
Doch meist geht es um ernsthafte Themen in seinem ersten Buch. Die Pop-Legende geht darin aber nicht nur mit sich, sondern auch mit der Politik hart ins Gericht. "An Aids", so Elton John, "ist nur eines rätselhaft: dass es diese Krankheit immer noch gibt, obwohl wir wissen, wie wir sie stoppen können." Und weiter: "Wir kennen viele Mittel, der Ausbreitung des Virus Einhalt zu gebieten, doch wenn es darum geht, sie anzuwenden, stehen engstirnige Religionsführer und Politiker zuhauf im Weg. Von 34 Millionen HIV-Positiven haben nur 6 Millionen Zugang zu lebensrettender Medizin. Wir brauchen gute Forschung, aber genauso wichtig ist eine kollektive Anstrengung, die sozialen Barrieren niederzureißen und Brücken des Mitgefühls zu bauen."

"Ich hätte viel mehr tun können"
Und Elton John hat mittlerweile eingesehen: "Ich habe auf Politiker und Kirchenleute geschimpft, die Aids gleichgültig gegenüber gestanden oder aktiv den Kampf gegen Aids behinderten. Sie verdienen jedes Wort der Kritik. Sie hätten viel mehr tun können. Aber auch ich hätte viel mehr tun können."

Vor 20 Jahren hat Elton John aus diesem Grund eine Stiftung ins Leben gerufen, die diese Krankheit bekämpfen soll, die "Elton John Aids Foundation". Damit und mit seinem Buch will er wohl gut machen, was er in den 80er Jahren verabsäumt hat.

Elton John: ""Love is the Cure"
HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH,
224 S., ISBN: 978-3-455-50274-9, 20,60 Euro