Corona: So lebt es sich Isolation

Tanja Windisch-Hlinomaz stand mit Mann, Kind und zwei Katern die Corona-Isolation durch

Tanja Windisch-Hlinomaz ist Geschäftsführerin einer Werbeagentur und lebt mit Mann, Kind und zwei Katern in Wien. Die Wochen der Corona-Isolation dokumentiert sie in einem persönlichen Tagebuch, das "Mut machen und das eine oder andere Lachen verursachen soll!"

von Sippenhaft - Tanja Windisch-Hlinomaz © Bild: Kalinkaphoto

Info: Tanja Windisch-Hlinomaz ist Geschäftsführerin der Werkstatt Lichtenthal Werbe GmbH und dokumentiert die Corona-Wochen auf ihrem Blog www.sippenhaft.at

© Kalinkaphoto

News.at begleitete den Blog von Tag 1 bis Tag 41. Weitere Beiträge gibt es unter www.sippenahft.atzu lesen.

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Tag 41 – Mittwoch, 22.4.2020

Heute morgen hat im Frühstücksfernsehen wohl die Modeexpertin gemeint, dass (Haus)Frauen sich jeden Tag ein bisschen Mühe geben sollten damit der Haussegen nicht schief hängt. Die Quarantäne scheint schon länger zu dauern als wir alle dachten, denn sie dürfte seit 1960 nicht mehr das Haus verlassen haben! Hat sich aber ganz gut gehalten, die Gute! Wie kann man so etwas sagen, noch dazu als hoffentlich halbwegs moderne Frau? Ich habe mich zwar immer schon gefragt ob es wirklich ihr Berufswunsch war mitten in der Nacht im Fernsehen Mode zu besprechen, und insgeheim hatte ich auch bereits Vorurteile gegen sie, aber das muss man ja nicht gleich öffentlich bestätigen nur weil ich voreingenommen bin (Keine Sorge, mir sind viele Menschen suspekt, nicht nur wenn es um Mode geht!). Bislang habe ich immer nur gedacht, dass es ein bisserl peinlich ist wenn sie oft vor den sehr offensichtlich uninteressierten männlichen Kollegen ihre Modeweisheiten ausbreitet.

Wie haltet ihr es so mit Mode? Ich bin der Typ: Sorry, aber ich gebe ungern dafür Geld aus und bin sowieso immer voller Katzenhaare! Shopping war mir auch immer schon ein Graus. Online mag ich es nicht, weil mir dann vieles nicht passt. Analog ist es noch schlimmer, weil ich dann in Geschäfte gehen muss. Besonders übel ist es, wenn bemühte VerkäuferInnen dann versuchen zu "helfen"! Leute, wenn ich Hilfe brauche, melde ich mich! Ich will auch keine Beratung, denn in erster Linie bin ich in einer Gewichtsklasse in der es halbwegs passen muss und ich sonst kaum Ansprüche habe. Vielleicht nicht die schlimmsten Muster oder Farben, aber das war es auch schon.

Gerade in größeren Größen sind überraschend oft so richtig grauenhafte Drucke zu sehen - ich verstehe es nicht! Soll das ablenken? Ich meine - ich könnte einen lebendigen Dinosaurier mitnehmen, dann sieht mich sicher keiner weil alle das Vieh anschauen, aber zB ein Dinoaufdruck hat nicht diesen Effekt. Dasselbe gilt für abstrakte Muster und Ornamente - wenn du nicht zufällig vor einer Wand mit ebensolchen Mustern stehst, sieht man deine Speckrollen trotzdem. Ich weiß das, weil ich alles schon probiert habe. Auch Längsstreifen machen nicht schlanker, genauso wie Bücher im Regal noch lange nicht schlauer machen ...

Wie auch immer! Es ist ja im Grunde unfassbar, dass das Kind diesbezüglich mein absolutes Gegenteil ist. Sie ist abgesehen von ihrem vorlauten und frechen Wesen ein richtig typisches Mädel wie es klischeehafter nicht sein könnte: liebt Pink und Glitzer, zieht sich jetzt schon gerne so an wie wir sie als Teenager sowieso nicht außer Haus lassen werden, verbringt unglaublich viel Zeit vor dem Spiegel, lackiert ihre Nägel (noch mit abwaschbarem Kindernagellack). Ihre größte Sorge aktuell ist, ob ich ihre "Partyschuhe" weggegeben habe!

(Ja, habe ich! Noch kann ich so etwas machen und das Maß an glitzernden Monstrositäten im Zaum halten! Ich werde das aber nicht zugeben vor ihr! Die offizielle Version ist, dass die Schuhe im Keller sind und ich sie später holen werde... 2021 wahrscheinlich!)

Schon spannend so eine Entwicklung, denn ich schminke mich ausgesprochen selten und die halbe Zeit gehe ich in Freizeitklamotten ins Büro (Und mit "halber Zeit" meine ich "immer wenn ich nicht vorher weiß, dass ich einen Kundentermin habe!"!). Aber gut, sie ist auch sehr sportbegeistert und wir haben keine Ahnung was da schiefgegangen ist!

Tag 40 – Dienstag, 21.04.2020

Schon Tag 40 - quasi eine ganze Fastenzeit sind wir bereits in freiwilliger Quarantäne. Wobei im Katholizismus die Sonntage ja nicht zur Fastenzeit zählen und je nach Literatur gar nicht gefastet werden darf an diesen Tagen! So gesehen sind die Ausgangsbeschränkungen noch härter als das Baguette das zu Ostern übrig blieb, denn ich soll Sonntags noch immer keine Fremden umarmen auf der Straße, wo ich doch so viel Liebe für die Menschheit übrig habe!

Tag 40
© Tanja Windisch-Hlinomaz

Als Entschädigung dafür, dass ich keinem von euch in der U-Bahn ins Genick atmen darf, sorge ich heute dafür, dass ihr in der Endrunde der Millionenshow keinen Joker braucht wenn die Frage etwas mit der Zahl 40 zu tun hat! So bin ich: selbstlos teile ich mein Wissen mit euch! Es hat auch gar nichts damit zu tun, dass mir sonst nichts mehr einfällt über das ich schreiben könnte - Ehrenwort! Also, wo waren wir? Bei der 40!

Die Katholiken und auch andere Religionen haben es ja sehr mit dieser Zahl. Moses war laut Überlieferung 40 Tage auf dem Sinai. Es hat auch 40 Tage geregnet bei der Sintflut sagt das Alte Testament. Heutzutage regnet es kaum noch 40 Minuten! Zumindest bei uns in Wien ist es trocken wie in der Wüste, durch die die Hebräer 40 Jahre gewandert sind. Und ich bin mir sicher, hätten sie Schrittzähler dabei gehabt, wäre irgendwas mit 40 Billionen Schritte raus gekommen am Ende!

Was gibt es noch zum Thema "40"? Es gibt den Film "40 Tage und 40 Nächte" in denen der Protagonist auf Sex verzichten will und seine Freunde erschweren ihm absichtlich sein Vorhaben. Gut, wenn man den Statistiken glauben darf, dürfte das für die meisten Ehepaare generell kein Problem sein. Zumindest wenn man vom ersten Samstag im Monat absieht, der traditioneller Weise dem Beischlaf gewidmet ist. Sofern man sich noch an Wochentage oder Monate erinnern kann! Soll auch Leute geben die sich nur noch grob an Jahreszeiten orientieren. Nach 40 Tagen Quarantäne hat man gefühlt 476 Jahre miteinander verbracht und ich denke es ist ein ausreichender Liebesbeweis wenn man sich nicht permanent anschreit ... Mein Profi Tipp, den ich auch meinem Mann regelmäßig gebe: Ansprüche runter schrauben, dann hat man öfter ein Erfolgserlebnis!

40 ist angeblich auch das neue 30, aber realistisch gesehen haben sich das Leute ausgedacht die eben diese Hürde bereits überschritten haben. Nicht ich - ich habe zum 29er beschlossen nicht weiter zu altern, putze unsere Spiegel nicht mehr und widme mich der allgemeinen Realitätsverweigerung. Ich hab auch nicht zufällig mein Lieblingskaffeehäferl vom besten Ehemann der Welt bekommen, der jedes Jahr im Jänner für mich und die Mädels einen Tisch reserviert unter dem Namen "Tanja - 29. Geburtstag". Merke: 40 ist zwar nicht das neue 30, aber Realitätsverweigerung ist das neue 29+!

Zum Abschluss ein Fun Fact für eure Bildung (Gern geschehen!): im 14. Jahrhundert mussten in Italien Schiffe 40 Tage (Ja, ich weiß: zu Beginn waren es nur 30 Tage - das passt aber nicht zum heutigen Thema!) vor dem Hafen ankern und sich damit in Quarantäne begeben um die Ausbreitung der Pest zu verhindern. Und das, jetzt haltet euch gut fest, ganz ohne INTERNET! Unfassbar, oder?
Und ich gehe mal stark davon aus, dass es keinen Pizzalieferservice gab, keinen McDonalds der seinen Drive In wieder eröffnet hat nach einigen Wochen, keine Supermärkte für deren Lieferfenster man um Mitternacht schon den Finger am Handy hatte! Warum? Weil die nicht mal ein Handy hatten! Shocking, ich weiß!

Wenn wir also jetzt jammern, weil wir unsere Nachbarn nicht abschlecken dürfen und die Kinder sich nicht gegenseitig anspucken sollen: haltet es mit den Seefahrern zu Zeiten der Pest und hört auf zu duschen, dann klappt das auch problemlos mit dem Social Distancing!

Tag 39 – Montag, 20.4.2020

Viel hat sich nicht geändert in den paar Wochen zuhause: Montage liegen mir noch immer nicht – kein Wunder, dass Robinson Crusoe seinen unfreiwilligen Gefährten Freitag genannt hat! Kennt ihr diese komischen Menschen, die am ersten Tag der Arbeitswoche fröhlich im Büro aufschlagen? Ich bin keine von ihnen und offen gesagt sind mir diese Exemplare ziemlich suspekt. Gut, schenkt man meinen KollegInnen Glauben, bin ich generell selten gut gelaunt, was aber wirklich nicht meine Schuld ist! Kann ich etwas dafür, dass ich sie immer nur sehe wenn ich arbeiten muss und somit meine negativen Gefühle auf sie übertrage?

Dabei bin ich sonst so ein fröhliches Wesen mit dem leicht auszukommen ist. Ich bin auch die erste oder zweite Wahl des Kindes um mit ihr eine Runde durch die Nachbarschaft zu drehen. Na ja, zumindest in Quarantäne bin ich ganz vorne dabei … OK, eigentlich wäre ihre erste Wahl unser roter Kater Sputnik – aber der darf nicht raus! Dabei finde ich es so toll, dass wir dann mit unseren Rollern herumdüsen und uns vorstellen wir reiten auf weißen Pferden durch die Camargue. Ihres heißt dann Wirbelwind, meines abwechselnd Salami und Leberkäse …

Ein weiterer Beweis für mein überaus gewinnendes Wesen und der Grund für meine Position in der Beliebtheitsskala. In der Firma steigt mein Ranking übrigens enorm kurz vor Gehaltsauszahlungen! Zuhause jedesmal wenn ich Palatschinken mache! Außer, meine Mama ist zu Besuch – ihre sind hier beliebter als meine. Ha! Wer hätte gedacht, dass Corona doch so viele gute Seiten hat und sogar meine Kochkünste plötzlich kaum noch jemanden schreiend davonlaufen lassen?!

Übrigens: folgt der Sippenhaft auch auf Facebook und ihr bekommt zusätzlich Gesprächsaufzeichnungen aus der Isolation zu lesen: https://www.facebook.com/Sippenhaft-110106690618221/

Tag 38 – Sonntag, 19.4.2020

Langeweileprogramm Tag 879. Liebes Tagebuch, die Isolation lässt uns bereits phantasieren und wir sehen wilde Tiere mitten in unserem Wohnzimmer. Wölfe, Schildkröten, Pferde – das Kindergartenkind hat bereits den ganzen Zoo kennengelernt ohne das Haus verlassen zu müssen. Gott sei Dank hatte das Bildungsfernsehen unrecht und es gibt sehr wohl noch elektrischen Strom und WLAN um uns zu beschäftigen. Gepriesen seien die Großunternehmen die uns kostenlos AR Spielereien zur Verfügung stellen um uns selbst zu bespaßen!

Und bevor ihr das Jugendamt ruft: die Tiere sind NICHT echt! Ich sage es nur, weil mir in letzter Zeit verstärkt auffällt, dass Menschen dazu neigen recht viel zu glauben. Da wird zB in den sozialen Medien oft jedes Gewinnspiel geteilt, obwohl es ganz offensichtliche Fakeseiten sind (Leute, wenn bei einer Firma nichts hinterlegt ist, es erst ein einziges Posting gibt, sie euch aber direkt ein Haus verspricht: geht davon aus es ist nicht echt!). Oder dieses Quarantänetagebuch. Ihr glaubt ich bin eine 41jährige Wienerin in einer Stadtwohnung, dabei bin ich in Wahrheit eine gutaussehende 29jährige Millionärin mit Villa am Strand die sich nur einen Spaß machen wollte … OK – vielleicht nicht ganz, aber es könnte sein, dass ich letzte Nacht zumindest etwas in diese Richtung geträumt habe!

Liegt vielleicht daran, dass ich jetzt auch der Facebookseite „View From My Window“ folge. Geht man nach 90% der gezeigten Fotos, wohnt der überwiegende Teil der Weltbevölkerung an wunderschönen Stränden, in den großartigsten Bergen, oder aufregenden Städten (Oft wird unauffällig gleich das eigene Anwesen zur Schau gestellt, als wäre Aussichtsneid nicht ohnehin schon der neue Gartenneid!) – und manchmal sogar alles zusammen wenn jemand aus Hawaii postet. Ich hab jetzt mal davon Abstand genommen unseren eigenen Ausblick auf die Wiener Seestadt dort zu posten – wir wollen ja nicht den Neid auf unser Neubaugebiet wecken (Ja, ich wohne gern hier, aber unsere Aussicht direkt aus der Wohnung ist jetzt wirklich nichts was man auf eine Postkarte drucken könnte! Soviel Realität muss sein, und ich kann euch ja nicht meinen echten Ausblick aus der Strandvilla zeigen!)

Tag 37 – Samstag, 18.4.2020

Tag 985734475 in Gefangenschaft - die Stimmung steigt. Also, nicht unsere, aber irgendwo sicher! Ich verliere jegliches Zeitgefühl (Deshalb habe ich euch gestern auch nicht erzählt, dass meine Eltern ihren Amethysthochzeitstag hatten! 48 Jahre verheiratet zu sein ist schon eine Leistung! Vor allem Frauen sollten dafür wirklich einen richtig großen Pokal erhalten! Gut gefüllt mit Wein ...), bin aber anscheinend nicht allein damit. Als ich den Gatten kürzlich nach der Uhrzeit fragte meinte er lapidar "April!" ... Dabei hätte mir "2020" völlig gereicht als Antwort!

Quarantäne-Tagebuch
© Tanja Windisch-Hlinomaz

Den Freigang heute haben wir dazu genützt unser kleines Gartenbeet in Schuss zu bringen. Es wird uns nicht gänzlich unabhängig machen von Gemüsehändlern, aber immerhin bietet es uns ein wenig das Gefühl für uns selbst sorgen zu können (Auch wenn die bislang einzigen Pflänzchen darauf Tomatenpflänzchen sind die uns die Nachbarn geschenkt haben!). Sofern die Ernte etwas ertragreicher ist als letzten Sommer, denn da reichte es kaum für einen großen Salat und ein Glas Erdbeermarmelade. Ja, wir sind wahre Überlebenskünstler und werden in der Zombieapokalypse problemlos durchkommen.

Das Kind war diejenige die mit uns in den Garten gehen wollte damit sie skaten kann im Hof, aber letztlich hing sie am Zaun und hat sich darüber beschwert, dass sie mit ihren Inlinern nicht mithelfen kann Unkraut auszureißen und Erdbrocken zu malträtieren. Ja, sie ist ein echter Sonnenschein und leidet auch gar nie unter Stimmungsschwankungen. Passte aber gut zum Gatten, der mich anpflaumte als ich vom einkaufen kam - schätze meine bloße Anwesenheit reichte schon. Versteh ich gut - schließlich hab ich geatmet. Was er momentan nicht so gut kann. Sobald er in unserer Wohnung ist, läuft seine Nase und schwillt zu. Tja, mittlerweile vermute ich fast eine Katzenallergie ... Schätze das wird hart für uns alle wenn wir uns nach einem neuen Platz umschauen müssen für unseren Süßen!

Sucht jemand einen grauen, älteren Schmusekater. Schnarcht manchmal, ist aber extrem sauber und kann gut allein bleiben tagsüber. Braucht wenig Auslauf und ist generell pflegeleicht, wenn auch ein wenig heikel beim Futter! Hört auf den Namen Martin und ist knackige 47 Jahre alt ... Verheiratet, aber grundsätzlich noch ganz gut in Schuss.

Und nachträglich noch herzlichen Glückwunsch zum Hochzeitstag, Mama und Papa! Nach bislang erst 10 Jahren Ehe und gefühlten 258 Jahren Quarantäne bewundere ich euch noch viel mehr dafür euch nicht irgendwann gegenseitig um die Ecke gebracht zu haben!

Tag 36 – Freitag, 17.4.2020

Heute sind wir seit 5 Wochen (fast) permanent daheim und haben somit jeglichen Rekord gebrochen. Noch nie waren wir so oft und so lange in unserer Wohnung. Ach was sag ich: noch nie waren wir so lange zusammen ohne zwischendurch mal allein etwas zu machen. Also, ich vielleicht mit meiner Tochter schon (Ich kann mich bis heute nur schwer von ihr trennen und sie ist ein absolutes Mama-Kind - und ich steh voll darauf! Auch wenn wir täglich fürchterlich streiten...), aber mit meinem Mann ganz sicher nicht. Selbst bei unserer Hochzeit auf Barbados, für die wir zwei Wochen dort waren mit 8 Freunden und Verwandten, haben wir nicht so viel Zeit miteinander verbracht wie in zwei Wochen Coronahamas. Und immerhin sind es jetzt schon 5 Wochen - bis auf Sand, Sonne, Cocktails und Computerlosigkeit ist es aber eh fast dasselbe ob man jetzt in einer Stadtwohnung in Wien oder in der Karibik am Strand ist!

Quarantäne-Tagebuch
© Tanja Windisch-Hlinomaz

Jedenfalls sehe ich es als Leistung, dass wir uns bislang noch nicht umgebracht haben. Leider haben wir heute erfahren, dass wir dadurch aber auch nicht wirklich spannend genug sind für ein Update im ORF. Ich hab euch gesagt ihr müsst beim Zuschauervoting für mich anrufen! So komme ich nicht in die nächste Runde mit dem Team Sippenhaft und ihr müsst euch weiter mit dem Blog begnügen. Ohne Skandale, fragwürdige Scheidung, vermüllte Wohnung oder ähnliches wird das nichts mit Hollywood ... oder dem Küniglberg!

Aber ganz unter uns: ich bin nicht unfroh! Was sollte ich schon erzählen? Wir sitzen seit Wochen in unserer Wohnung, arbeiten im Homeoffice, haben uns nicht getrennt, nicht gegenseitig verletzt, nicht mal laut genug gestritten, dass die Nachbarn die Polizei geholt hätten. Wir stehen nicht vor den Ruinen unserer Existenz bislang, haben keine besonderen Talente entwickelt (Wenn man davon absieht, dass ich erstklassige Baseballschläger in Baguettform backe!), keine Leben gerettet, müssen kein Homeschooling machen,... ich würde mich auch nicht freiwillig interviewen, denn bei dem was ich zu erzählen habe kribbelt echt nur eines: die eingeschlafenen Füße der ZuschauerInnen!

Tja, das war es also mit unserer Fernsehkarriere als Sippe in Haft. Dabei hätten wir gerade dieses Wochenende spannende Geschichten drehen können. Der Krimi "Rinnt das Klo, oder rinnt es nicht?" hält uns auf Trab. Wer ist derjenige, der das Rätsel lösen wird? Der Max vom Rohr gestern hat gesagt er ist dafür nicht der richtige Mann, also warten wir auf Kommissarin Installa Tör, die hoffentlich dem Fall auf den Grund gehen wird.

Und wenn schon jemand da ist, habe ich meinem Mann vorgeschlagen wir könnten doch auch gleich das Klo ein wenig umbauen. Ich hätte statt dem hässlichen Standklo etwas Hübsches das da den ganzen Tag herumhängt. Gebt doch zu ihr träumt auch schon lange von einem japanischen Popowaschklo! Und wenn wir schon dabei sind, könnten wir doch im Badezimmer auch gleich ...

Das Büschel Haare da auf dem Boden? Heute ist es das vom Gatten!

Tag 35 – Donnerstag, 16.4.2020

Es gibt im Leben Tage, da möchte man sich alle Haare ausreißen. Ich rede hier nicht vom gelegentlichen Waxing der Bikinizone, was unter uns gesagt schon schlimm genug ist! Auch nicht vom auszupfen unerwünschter Gesichts- oder Nasenbehaarung, was ebenfalls grobe Schmerzen verursacht (Deshalb machen Männer das auch nicht!). Nein, ich rede von dieser tiefen Verzweiflung, wenn du tagelang in deinem Beruf etwas gemacht hast das du eigentlich schon lange an die Juniors der Branche abgeben solltest und verabsäumt hast ihnen beizubringen. Also sitzt du die ganze Woche jeden Tag durchgehend bis 22 Uhr im Homeoffice, machst besagte Arbeit um dann festzustellen: es gibt einen „kleinen“ Fehler der dich von vorne anfangen lässt. Das Haarbüschel am Boden? Meines!

Und alles nur, weil ich nicht nachgefragt habe! Ich hab dann erst mal geheult, geschimpft weil meine Eltern mich nicht gezwungen haben einen anständigen Beruf zu erlernen, und dann den Geschäftspartner hysterisch angerufen um ihm zu sagen, dass wir die Firma zusperren weil es nicht genug Alkohol gibt um das zu überstehen. Kommunikation, Leute! So wichtig!

Generell lernen wir aber gerade neue Wege der Kommunikation kennen. „Ich bin in einem Videocall“ ist das neue tägliche Meeting im Büro – der Unterschied liegt oft nur in der Hose die manch tragen. Oder auch nicht tragen – man weiß es nicht. Und wie ich schon erzählte, sind auch Mädelsabende via Skype und Zoom en vogue, das „Bier um Vier“, der Stammtisch des Gatten, die Männerrunde die sich sonst eh nie wirklich trifft aber es online doch ansatzweise schafft. Social Distancing entwickelt sich für die Generation 40+ zum regelrechten Tinder der alten Freundschaften. Generell habe ich jetzt wieder viel Kontakt zu Menschen die ich davor ewig nicht gesehen habe. Bei manchen weiß man dann ganz schnell wieso man sich lange nicht getroffen hat, und man ist nicht unfroh wenn justament in diesem Moment das WLAN ausfällt. Und bei anderen ist es als wäre keine Zeit vergangen, weil man direkt wieder dort anknüpft wo man vor vielen Jahren war.

Was gut passt, denn in Wahrheit sind wir doch alle nicht gealtert, oder? Fühlt ihr euch manchmal auch viel jünger als ihr laut Ausweis seid? Also, ich meine in den kurzen Momenten in denen einem mal nichts weh tut? Ich erschrecke immer wenn ich in den Spiegel schaue und eine 40jährige sehe. Früh morgens kommt es dann schon vor, dass ich das alte Weib vor Schreck mit Zahnpasta vollspucke. Wer rechnet schon damit einen Fremden zu sehen noch vor dem Frühstück. Ja, mit 20 waren wir das gewöhnt auch ohne Spiegel, aber mit 29+ lässt das doch deutlich nach…

Tag 34 – Mittwoch, 15.04.2020

Könnt ihr euch noch erinnern, dass wir dem ORF ein Interview gegeben und Einblicke in unser Leben in Isolation gewährt haben? Gut, war extrem aufregend. Also, für uns - für die Zuschauer jetzt weniger ... Jedenfalls hat das Team nochmal angerufen und nachgefragt ob sie ein Update bringen dürfen darüber was sich bislang ereignet hat. Ich sag mal: das wird ein eher kurzer Bericht.

Mal ernsthaft! Wir reden hier von freiwilliger Quarantäne. Und ja, mir ist bewusst, dass Quarantäne etwas anderes ist! Vielen Dank für die aufmerksamen LeserInnen die mich in der Vergangenheit darauf hingewiesen haben. Seht es als Stilmittel weil mir "Wir versinken im Corona Chaos als Familie die nicht mit Haus und Garten gesegnet ist, und weil ich gerne übertreibe nenne ich es Quarantäne"-Tagebuch einfach zu lang war und sich nicht ausgeht in der Überschrift! Jedenfalls leben wir in selbst verordneter und beinahe freiwilliger Fast-Quarantäne und man fragt uns was sich in den letzten Wochen getan hat.

Lasst mich nachdenken! Der Gatte lebt noch und wir sind auch tatsächlich noch ein Paar (Und nein, es liegt nicht nur daran, dass wir für die Scheidung nach Barbados "müssen" und das aktuell nicht geht!). Obwohl sich das rasch ändern könnte, wenn er nicht aufhört Obstfliegen auf der weißen Wand zu töten! Und zu pfeifen! Oh Gott, ich hasse es wenn jemand pfeift! Und vielleicht könnte er auch leiser atmen!

Tag 34
© Tanja Windisch-Hlinomaz

Wie auch immer ... Das Kind ist exakt 3 Wochen älter geworden und wir haben sie auf Sommerklamotten umgestellt weil ihr die Hosen zu kurz geworden sind und ich meinte die Leggings gehen jetzt als Dreiviertelhosen durch, damit ich nicht alles umräumen oder einkaufen gehen muss. Die Kater haben sich an unsere dauernde Anwesenheit gewöhnt und sehen uns nicht mehr ganz so böse an wenn wir sie in ihrer Herrschaft stören. Zusammengefasst: es ist genau gar nichts passiert.
Ich hatte große Pläne alle Schränke auszuräumen und auszumisten. Sagen wir so: ich bin damit ungefähr so weit wie mit meinem Plan die Weltherrschaft an mich zu reißen.

Dann hatte ich vor sportlich zu werden, was daran gescheitert ist, dass ich Sport schlicht und ergreifend nicht leiden kann und auch permanenter Aufenthalt in einer Stadtwohnung trägt trotz umfunktionierten Wäscheständerungetüms nicht dazu bei plötzlich eine Liebe dafür zu entwickeln. Ja, ich habe mich auch gewundert!

Dem Kind wollte ich lesen beibringen, weil ich mir dachte das ist für uns alle dann angenehmer wenn sie in Büchern versinken kann. Nachdem sie aber kein Wunderkind ist (Shocking! Ich weiß!) und wir auch keine Zeit oder Ausbildung dafür haben das durchzuziehen, kann sie jetzt noch genauso gut lesen und schreiben wie Anfang März. Und das ist in Ordnung für ein Vorschulkind - wir könnten uns Harvard sowieso nicht leisten für sie!

Ich hasse es, Menschen zu enttäuschen und würde gerne aufregend wirken. Ich hätte gerne mich auch gerne selbst gefunden, Yoga gelernt, meine Haare selbst perfekt geschnitten und ein Video davon auf Youtube gestellt (Mein Mann findet das sei keine so gute Idee! Dabei habe ich an ihm eh so toll geübt!), irgendwas gratis angeboten, eine Fremdsprache erlernt, irgendwie die Welt vom Wohnzimmer aus geändert! Wer hätte gedacht, dass man mit 41 ... ähm ... 29+ einmal stolz darauf ist wenn man nicht täglich Alkohol konsumiert und niemanden (absichtlich oder unabsichtlich) gekillt hat mit den eigenen Kochkünsten. Dabei stamme ich noch aus der Generation wo es keine Medaillen gab nur für die Teilnahme an einem Wettbewerb ... Aber irgendwie hätte ich mir jetzt schon einen Pokal verdient. Und eine Urkunde "Tanja hat erfolgreich teilgenommen an: trinkt auch während Pandemien erst nach 17.00 Uhr"!

Tag 33 – Dienstag, 14.4.2020

Ostern ist vorbei und ich musste heute wieder den langen Weg vom Bett ins Homeoffice auf mich nehmen. Der Verkehr im Badezimmer ist jeden Morgen eine Zumutung, Gott sei Dank habe ich noch einen Sitzplatz am Klo erwischt und der Kaffeedealer meines Vertrauens hatte schon einen Becher dieses Götternektars für mich bereit. Ich darf bei ihm ja die kolumbianischen Bohnen abarbeiten anstatt sie mit Geld zu bezahlen. Ja, ja - ihr könnt denken was ihr wollt! Ihr wisst, ihr würdet es genauso machen!

Tag 33
© Tanja Windisch-Hlinomaz

Im "Büro" dann auch nur das übliche Chaos. Niemand hat über die Feiertage meine Arbeit für mich erledigt, der Schreibtisch ist noch immer viel zu klein für meinen Geschmack und mir fehlen meine Monitore *seufz*! Wenn man mindestens zwei 32-Zoll Riesen gewöhnt ist und dann mit einem auskommen muss, erhellt das nicht gerade die Grafikerstimmung. Man glaubt immer man vermisst soziale Kontakte und Sushi am meisten - nicht ich!

Ich vermisse meinen Schreibtischsessel, dessen Sitzfläche jahrelang liebevoll von mir geformt wurde. Ich habe mir nicht umsonst diese Form angefressen - alles nur für den perfekten Abdruck am Arbeitsmaterial! Der mir zuhause zur Verfügung gestellte Stuhl sieht zwar hübsch aus auch wenn ich gerade nicht darauf sitze, ist aber nicht dafür gedacht darauf ernsthaft produktiv zu sein. Bislang musste er nur als Katzenbett und Wäscheablage dienen - manchmal war Multitasking gefragt und er diente als beides gleichzeitig, aber das war es dann schon.

Jetzt sitze ich hier und prokrastiniere während die Kollegen hinter mir schnarchen (Unfassbar wie laut so ein Kater sein kann wenn er schläft!) und im Nebenzimmer Paw Patrol spielen. Ich schwöre eine Zombieapokalypse könnte nicht mehr ablenken als Homeoffice mit Kind und Viechern.

Der Stellenwert meiner Arbeit in der Familie zeigt sich auch darin, dass das Katzenklo im selben Raum steht wie mein Computer und der Ersatzmonitor. Es kommt also schon vor, dass hier meine Stimmung nicht das einzige ist das verdächtig zum Himmel stinkt. Kennt ihr diese ganzen Versprechen von Katzenfutter das für weniger Gestank sorgt? Und Katzenstreu das Gerüche bindet? Das haben sich Werbefuzzis wie ich ausgedacht und ist alles erstunken (pun intended) und erlogen! Gar nix stinkt dadurch weniger! Und ich bin davon überzeugt die Kater stimmen ihre Darmentleerung genau auf meine Videocalls ab. Gepriesen sei der Fakt dass meine Gesprächspartner mein Elend nur sehen aber nicht riechen müssen!

Tag 32 – Montag, 13.4.2020

Woche 5 und wir sind fast soweit uns gegenseitig den Krieg zu erklären. Schon früh morgens fliegen die Fetzen wenn ich das noch schöne Wetter nützen möchte um den Vormittag im Freien zu verbringen, aber das Vorschulkind lieber fernsehen will und der zukünftige Ex-Mann (Ja, so sauer war ich!) auch keine Ambitionen zeigt meiner Meinung zu sein. Man würde denken nach 15 Jahren Beziehung und fast 10 Jahren Ehe hat er verstanden wie es läuft!

Also erklärte ich der Familie, dass mit mir heute nicht mehr zu rechnen sei und sie mich NIE WIEDER um irgendwas bitten sollen. "Nie wieder" dauerte ungefähr 15 Minuten, dann waren sie wieder auf Spur und wir gingen in den Garten um aktives Social Distancing zu betreiben - das war ein Spaß und ihr bekommt in den nächsten Tagen auf der Facebookseite der Sippenhaft sogar ein Video zu sehen wenn ihr uns dort folgt. Seid gespannt! :)

Danach haben wir noch unsere ferngesteuerten Autos Gassi geführt. Mein Mann und unsere Tochter haben nicht nur eine gemeinsame Vorliebe für Puzzles, sie bauen auch Modellautos im Maßstab 1:10 miteinander. Mittlerweise stehen ungefähr 10 davon im Arbeitszimmer herum und im Normalfall weigere ich mich mitzukommen wenn die beiden damit rausgehen. Dabei habe ich ohnehin das coolste Auto von allen: einen Monster Beetle der zwar langsamer sein mag als die anderen, aber wer will schon schnell fahren wenn er eine so coole Karre hat? Ich will ja, dass Passanten das Gefährt und meine Fahrkünste angemessen bewundern können. Gut, ich kann mit Modellautos ungefähr genauso gut einparken wie mit echten Autos - aber hin und wieder baue ich spektakuläre Unfälle die durchaus Angeberpotenzial haben und fast beabsichtigt aussehen!

Das nächste Projekt ist jedenfalls auch schon in Planung: es wird ein Lastwagen mit Ladefläche, Profis nennen es angeblich auch Kipper. Die Nachbarn mit dem Riesengriller im Garten können nämlich nicht nur sensationelle Ripperl zubereiten, auch Cocktails steigern den Sympathiefaktor durchaus noch weiter. Und da kein Ende der Distanz abzusehen ist, haben sie eine mobile Cocktailbar angedacht um innerhalb der Wohnanlage kontaktlos eiskalte Drinks servieren zu können. Wir trainieren also unsere Fahrkünste nicht aus reiner Langeweile! Nein, wie immer haben wir in unserer unermesslichen Selbstlosigkeit das Gemeinwohl im Hinterkopf. Und ja, vielleicht hoffen wir, dass auch das eine oder andere perfekt gekühlte Getränk für uns dabei abfällt wenn wir mitleiderregend genug vor dem Gartentor sitzen! Und die Steuerung des Servierwagerls in der Hand halten ...

Tag 31 – Sonntag, 12.4.2020

Fast hättet ihr es heute geschafft meinem Tagebucheintrag zu entkommen, aber nein - wieder kein Glück! Wie unsere Nachbarn! Das Wetter der letzten Tage hat uns aus unserer Hochsicherheitszone in den Gemeinschaftsgarten unserer Wohnanlage flüchten lassen. Normalerweise würden wir da dann so lange am Gartenzaun hängen bis die mit dem größten Grill so tun als würden sie sich freuen über unsere Selbsteinladung. Heuer dachten sie, sie könnten dem entgehen - aber nein! Wir haben uns einfach Sessel und Getränke geschnappt und uns in sicherer Entfernung hingesetzt. Gott sei Dank haben wir ein sympathisches Kind - ich denke das macht das Elend uns im Haus zu haben halbwegs wieder wett.

Es heißt ja immer, dass man in Wien seine Nachbarn kaum kennt - keine Ahnung wo die Leute die das sagen wohnen, aber irgendwie fanden sich bei uns immer Nachbarn mit denen wir uns verstanden haben. Selbst Hochzeiten und Taufen sind da Pflichttermine und jetzt wird halt gemeinsam diese Pandemie durchgestanden - auch wenn es zugegeben schon ein recht mitleiderregender Anblick sein muss wie wir so vor dem Zaun sitzen und sehnsuchtsvoll hineinschauen! Wäre es erlaubt, dass sie Happen vom Grill über den Zaun in unsere Richtung werfen? Frage für eine Freundin!

Aber Aufdringlichkeit funktioniert ja dank moderner Technik auch bei Mädelsabenden. Gestern Abend waren zB Wien 9, Wien 22 und Texas in kleiner Runde vertreten. Ja, ich sage meiner Freundin Angie auch immer, dass sie das Social Distancing etwas übertreibt - aber sie hört ja nicht auf mich.
Jedenfalls führte das eine zum anderen und aus einer "Mir ist fad!" Whatsapp Nachricht wurde ein zweistündiger Whatsappcall und danach eine mehrstündige Zoomsession. Geizig wie ich bin verwende ich die Gratisversion und pfeife auf Sicherheitsfragen! Wer da mithört ist echt selbst schuld! Es muss jedenfalls mehrere Stunden gedauert haben den leeren Weinflaschen nach zu urteilen - genaueres weiß ich nicht mehr. Unsere Amerikanerin war zuerst noch zurückhaltend mit dem Alkohol und meinte es sei bei ihr erst Mittag - die Abstimmung hat dann aber ergeben, dass uns das völlig egal ist und die Mehrheit auch die Zeitzone bestimmt. Ja, so ist das in Demokratien: faire Abstimmung und direkte Umsetzung zugunsten der Allgemeinheit. Auch wenn die Allgemeinheit in dem Fall nur drei Freundinnen sind von denen maximal eine die Weltherrschaft anstrebt.

In diesem Sinne: ich wünsche euch frohe Ostern und gute Nachbarn, die mit euch ihr Klopapier teilen und auch bereit wären euch ein Steak zuzuwerfen während einer Pandemie!

Tag 30 – Samstag, 11.4.2020

Ostern 2020 wird sicher in die Geschichte eingehen als das erste Fest bei dem wir uns nicht bei Oma und Opa vollfressen und deren Eierlikör heimlich austrinken duften. Als Steirerin in Wien bin ich ja Kummer gewöhnt, aber heuer gibt es nicht mal Osterkrainer, weil selbst der burgenländische Greissler Josef die nicht kennt. Täglich neue Qualen die wir überstehen müssen. Also gibt es heuer keine traditionelle Osterjause wie in Kindheitstagen für mich! Herzlichen Dank, Corona!

Wobei es schon auch gewisse Vorteile hat fern der Familie zu leben. Mit Geschwistern lernt man schon in früher Kindheit wie man richtig teilt. Also ... genau genommen lernt man (in grob unterernährten Familien wie meiner) wie man schneller etwas nimmt als der ältere Bruder mit der Gabel zustechen kann und "aus Versehen" deine Hand erwischt. Das glauben sie ja auch im steirischen Provinzkrankenhaus nur die ersten 10 bis 15 Mal!

Es bleibt also entspannt, denn Mann und Tochter sind beide Einzelkinder und haben gegen mich schlechte Karten im Rennen um das größte Stück Selchfleisch. Andererseits: wenn man meine drei Brüder und mich beiläufig fragt, sind wir uns alle einig auch Einzelkinder zu sein. Wobei ich die Männer in der weiteren Sippe schon verstehe: ich bin das einzige Mädchen und wir wissen alle, dass das bedeutet ich bin die Wichtigste im ganzen Tribe! Diesen veralteten Schwachsinn von wegen erstgeborenen Söhnen haben sich Männer mit ausgeprägtem Vaginaneid ausgedacht (Nimm das, Freud!)!

Wir feiern also heuer Ostern ohne Familie, dafür mit Weihnachtsschokolade. Da ich meinen (herkömmlichen) Schokoladenkonsum geradezu auf Null reduziert habe isst das Zeug hier kaum noch jemand und diese Köstlichkeit bleibt unberührt. Die Packung Merci von Ende 2019 wurde bereits zum Geburtstag der 6jährigen nochmal geschenkt und auch morgen vom Osterhasen wird sie erneut zugestellt. Mit Glück geht dieser Trend zur Gebrauchtschokolade weiter und wir können sie noch mehrfach verwenden. Das Kind freut sich, die Umwelt freut sich, das Bankkonto freut sich - außer Schokoladeproduzenten sind alle glücklich mit der steigenden Beliebtheit von Second Hand Süßigkeiten! Und seien wir ehrlich: mit Mund-Nasen-Schutz sieht so ein Schokonikolaus im Dunkeln auch nicht wirklich anders aus als ein Schokohase.

Generell muss man da momentan sehr aufpassen mit diesen Masken - ich hätte letztens fast einen falschen Mann vom Einkaufen mitgenommen weil ich dachte es sei meiner. Hatte mich schon gewundert, dass er so schnell gewachsen ist, aber was weiß man schon welche Krankheitssymptome Corona hat. Da geht man kurz außer Haus und muss hinterher womöglich noch ein deutlich jüngeres Modell neu anlernen!

Gott sei Dank darf man Kinder nicht mehr mitnehmen in den Supermarkt ...