Das Ortnerprinzip
Des Kanzlers Schick Schock
Julia Ortner über Christian Kern
Eine Rede, kühl und scharf wie ein Laguiole-Messer, und der Anzug sitzt. Christian Kern maßregelt diese Woche die FPÖ im Parlament dermaßen, dass die Blauen nur so schauen, vor allem deren Ton in der Asyldebatte, der „möglicherweise an den Rand der Verhetzung geht“. „Das Plädoyer für einen zivilisierten Tonfall in der Debatte ist mir deshalb so wichtig, weil wir ja aus der Geschichte wissen, dass sich die Gewalt der Worte sehr rasch in einer Gewalt der Taten entladen kann“, sagt der Bundeskanzler. Und direkt zu FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache: „Die Geister, die Sie rufen, werden auch Sie nicht rasch los werden.“ So hart hätte ein Werner Faymann das nicht gekonnt.
Der neue Kanzler beherrscht die pointierte Rede, das hat schon seine optimistische Antrittsansprache bewiesen. Und er beherrscht vor allem die Welt der Bilder, das zeigen all die durchdachten Fotoinszenierungen seiner selbst auf sozialen Medien, mit denen Kern das Volk jetzt regelmäßig beglückt. Wie hineingeboren in den schmalen dunklen Anzug, mit einer Lässigkeit in die eigene Existenz geworfen, sieht man Kern da beim elegant ausgeleuchteten Tagesgeschäft des Regierungschefs, die Bilder werden vom eigenen jungen Fotografenteam des Bundespressedienstes in Szene gesetzt, wie der „Standard“ recherchiert hat.
Ein bisschen wie aus einer Inszenierung der todschicken Wiener Band Bilderbuch. Wenn zum Beispiel deren Sänger im Video von „Maschin“ um einen knallgelben Lamborghini tänzelt, stellt man sich jetzt schon Kanzler Kern vor, lässig an die Maschin gelehnt, ein „Schnappschuss“ vom Treffen mit Automobilzulieferern. Und Bilderbuch singen nachher als Zugabe ihre Nummer „Schick Schock“: „Du hast den Schick Schock, weil dich mein Schick schockt!“