Zehn Jahre in der Europäischen Union: Die RZB zieht eine positive Bilanz

Wirtschaftswachstum ist durch den Beitritt gestiegen Positiver Beschäftigungseffekt; Inflation, Zinsen niedriger

Die Analysten der Raiffeisen Zentralbank (RZB) ziehen nach zehn Jahren EU-Beitritt eine für Österreich in Summe positive Bilanz. Auch in den kommenden zehn Jahren - mit einem erweiterten Kreis von Mitgliedsländern und den damit verbundenen politischen und wirtschaftlichen Risiken - werde sich das Blatt für Österreich "nicht zum Schlechten wenden", meinte RZB-Chefanalyst Peter Brezinschek.

Wirtschaftswachstum und Beschäftigung seien durch den Beitritt höher, Teuerungsraten und Zinsen auf historisch niedrigem Niveau und Österreichs Wirtschaft habe in den vergangenen zehn Jahren stark expandiert, so Brezinschek weiter. Die heimischen Aktien hätten sich als Anlagehit entpuppt, wobei der Osteuropa-Fokus weiterhin als Triebfeder künftigen Wachstums fungieren sollte. Die demografische Entwicklung werde dagegen weiterhin eine Herausforderung darstellen.

Gegenüber einem hypothetischen Nicht-Beitritt gehen laut RZB-Studie die meisten Indikatoren von einer durchaus positiven Entwicklung des EU-Beitritts aus: Demnach ist das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) durch die Integrationseffekte jährlich um durchschnittlich 0,42 Prozentpunkte höher ausgefallen, die Beschäftigtenrate um 0,20 Prozentpunkte besser ausgefallen als ohne EU-Beitritt. Die Exporte in die EU seien real um 1,33 Prozentpunkte, die Importe aus der EU real um 1,64 Prozentpunkte und das real verfügbare Einkommen um zusätzliche 0,55 Prozentpunkte gestiegen. Das entspricht laut Brezinschek für jeden Österreicher einem Mehr an verfügbaren Einkommen von rund 120 Euro jährlich.

Durchschnittliche jährliche Arbeitslosenrate geringer
Dagegen ist laut RZB-Berechnungen durch den EU-Beitritt die durchschnittliche jährliche Arbeitslosenrate um 0,14 Prozentpunkte geringer ausgefallen. Mit 4,1 Prozent sei sie zudem die Zweitniedrigste in der EU. Die Inflationsrate ist um 0,32 Prozentpunkte und die Lohnstückkosten sind um 0,27 Prozentpunkte geringer ausgefallen als bei einem hypothetischen Nicht-Beitritt.

Das heimische Wirtschaftswachstum nach dem EU-Betritt fiel gegenüber der vorhergehenden fünfjährigen Periode 1989 bis 1994 - von den ersten Vorbereitungen bis zum Beitritt - etwas geringer aus. Trotz des hohen Ausgangsniveaus von durchschnittlich 2,03 Prozent habe das jährliche Pro-Kopf-BIP-Wachstum von 1,9 Prozent für den Zeitraum 1995 bis 2003 das durchschnittliche EU-Wachstum von 1,89 Prozent übertroffen, betonte Brezinschek. Überragender Wachstumsmotor waren die Exporte mit rund 10 Prozent jährlicher Steigerung. Vor allem die Sachgüterindustrie habe die Öffnung der Märkte voll genützt.

Insgesamt lag bei fünf der zwölf Hauptbranchen das durchschnittliche Wachstum nach dem EU-Beitritt über dem der Vorperiode. Diese fünf Branchen - Landwirtschaft, Bergbau, Sachgütererzeugung, Energie und Gastwirtschaft - machen knapp 30 Prozent der Bruttowertschöpfung aus. Demgegenüber stehen sieben Branchen oder 70 Prozent der Wertschöpfung mit laut RZB hoch signifikanten Wachstumsrückgängen: An der Spitze die Bauwirtschaft mit einem um 3,8 Prozentpunkte niedrigerem Durchschnittswachstum, gefolgt von den Banken und Versicherungen (-3,2 Prozentpunkte), der öffentlichen Verwaltung (-2,6), sonstigen Dienstleistungen (-2,1), Verkehr und Nachrichten (-1,85), Realitäten (-1,23) und Handel (-0,32 Prozentpunkte). (apa)