Wie grün sind
Österreichs Stromanbieter?

Das Umwelt-Ranking der Stromanbieter und die verschlungenen Finanzbeteiligungen

Wie viel Ökostrom steckt wirklich drinnen? Die Umweltschutzorganisationen WWF und Global 2000 haben Österreichs Stromanbieter einem detaillierten Check unterzogen. Welche Anbieter den Kunden grünen Strom bieten, ohne dass Geld über versteckte Beteiligungen an Atomkonzerne oder Kohlekraftwerksbetreiber fließt.

von Windräder, Strom © Bild: Shutterstock.com/WDG Photo

Die Aufsichtsbehörde E-Control prüft seit 2005 die Umsetzung der Stromkennzeichnung der Stromanbieter. Im aktuellen Stromkennzeichnungsbericht der Behörde sind 125 Unternehmen aufgelistet, die "100 % Grünstrom" anbieten. Diese wurden nun von den Umweltschutzorganisationen genauer unter die Lupe genommen: Wie sehr spielen fossile Energieträger noch eine Rolle? Inwiefern stecken hinter einem grünen Anbieter letztendlich fossile Kraftwerke oder Atomkraftkonzerne, die vom Grünstromverkauf profitieren wollen?

Das Ranking

Die am "Stromanbieter-Check 2017" teilnehmenden Stromlieferanten decken laut Studienautoren 80 Prozent des österreichischen Strombezugs aus dem öffentlichen Netz ab. Insgesamt haben sich 38 der 130 kontaktierten Stromanbieter an der Evaluierung beteiligt und waren bereit, ihre Daten transparent zu machen. Einige kleinere und am Markt neue Anbieter haben sich laut WWF und Global 2000 trotz Nachfrage nicht beteiligt.

"Wir bedanken uns bei allen teilnehmenden Unternehmen, auch jenen, die im Ranking aufgrund von Eigentümerstruktur und fossilen Altlasten nicht gut abgeschnitten haben“, sagt Reinhard Uhrig, Energiesprecher von Global 2000. Viele traditionelle Unternehmen würden sich der Herausforderung des vollständigen Umstiegs auf 100 Prozent erneuerbare Energien stellen. Das Ranking sei als Auftakt zu einem Prozess der gemeinsamen Beratung und Diskussion von Handlungsempfehlungen gedacht.

Das Ergebnis ist laut Umweltexperten zwiegespalten: 2 Anbieter erhalten das Prädikat "Treiber der Stromzukunft", immerhin 9 Stromanbieter fallen unter die Gruppe "Solide Grünstromanbieter". Die weiteren 27 Unternehmen sind unterteilt in "Grünstromanbieter im Wandel" (13), "Stromanbieter mit bitterem Beigeschmack" (11) und "Fossile Nachzügler" (3). Bezogen auf den Marktanteil der Stromlieferanten sieht die Lage nach Angaben der Umweltschützer düsterer aus:

  • 1. "Treiber der Stromzukunft": 0,2 % Marktanteil
  • "Solide Grünstromanbieter": 1,3 % Marktanteil
  • "Grünstromanbieter im Wandel": 25 % Marktanteil
  • "Stromanbieter mit bitterem Beigeschmack": 47 % Marktanteil
  • "Fossile Nachzügler": 7,2 % Marktanteil

Undurchsichtiges Netz

Und der Report zeigt ebenfalls auf, wie viele der österreichischen Stromanbieter über Finanzbeteiligungen miteinander eng verwoben sind:

Der Strom-Filz in Österreich
© Global 2000

Stand: Dezember 2016
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Die Umweltschützer kritisieren daran vor allem, dass man "einzelne Geschäftsbereiche bewusst ausgelagert, um diese als reine Grünstromanbieter zu positionieren." Die Experten warnen: Selbst wenn diese Stromanbieter strategisch vollkommen eigenständig wären, würden ihre Profite in die Mutterkonzerne zurückfließen und so eine Atomstromfinanzierung mit dem Geld der Grünstromkunden ermöglichen.

Global 2000 empfiehlt daher Stromanbieter, die nur Strom aus erneuerbaren Quellen anbieten und keine direkten oder indirekten Tochterunternehmen von "konventionellen" Anbietern sind beziehungsweise nicht mit fossilen Energieträgern handeln, wie die Organisation auf ihrer Website berichtet. In Österreich seien das unter anderem die Alpen Adria Energie, die Stadtwerke Wörgl Ges.m.b.H. und die WEB Windenergie AG.

Forderungen der Umweltschützer

Angesichts der für den Stromkunden nicht so einfach nachvollziehbaren Situation der Stromanbieter-Geflechte und den damit verbundenen Anteilen von Grünstrom und anderem Strom, stellen die Experten unter anderem folgende Forderungen: Zu 100 Prozent naturverträglicher, erneuerbarer Strom mit deklarierter Herkunft soll bis 2030 zum verbindlichen politischen Ziel der neuen Regierung werden. Zur besseren Nachvollziehbarkeit sollen Anbieter "durch eine Änderung der Verordnung verbindlich verpflichtet werden, auf Rechnung und allen Informationsmaterialien anzugeben, welche Strommengen mit den tatsächlichen Nachweisen verknüpft sind und für wie viel Strom fremde Herkunftsnachweise von wo zugekauft wurden." Dann erst werde nachvollziehbar, welche Anbieter in großem Stil Nachweise zukaufen und damit Strom umetikettieren, heißt es in dem Bericht.