"Zigeuner" ist ein Ehrenprädikat

von Heinz Sichrovsky © Bild: NEWS

Was es mit der jüngst absolvierten "Troubadour"-Premiere der Staatsoper künstlerisch auf sich hat, wurde allseits erörtert. Unbemängelt blieb die Wiedergabe des Textes auf dem staatsoperneigenen Übersetzungssystem: Wo immer in Verdis Original von der handlungstragenden "zingara" - Zigeunerin - gesungen wird, ist auf dem kleinen Textbildschirm aus Korrektheitsgründen ein "junges Mädchen" aktiv. Nun wird zwar das Wort "Zigeuner" für den Alltag nicht zu retten sein. Das ist schade, denn es kommt aus dem Persischen und heißt "Musiker"; doch ist ein Wort einmal aus noch so irrationalen Erwägungen kontaminiert, soll man es lassen. Was hingegen den Eingriff in Kunstwerke betrifft, hat die Konzilianz ein Ende, und in diesem Fall erst recht. Die "Zigeunerlieder" von Brahms, der "Zigeunerbaron" von Johann Strauss, die "Zigeunerromanzen" des von Franco-Faschisten ermordeten Dichters García Lorca haben nämlich eines gemeinsam: Der Begriff steht für Freiheit, Poesie, Solidarität und Aufbegehren gegen Unterdrückung. Eben davon handelt auch der "Troubadour". Womit ich am Ende doch bei Daniele Abbados inferiorer Staatsopern-Regie bin: Wer statt des gepeinigten Zigeunervolks eine kommunistische Bauernbrigade auf die Bühne stellt, verfehlt nicht nur das Werk, sondern drückt sich auch beschämend um eine nötige Debatte.

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