Thielemann vs. Bachler:
kein Vergleich

Die Salzburger Osterfestspiele stehen wieder in der Blüte. Doch jetzt droht der Pensionist Klaus Bachler, den Urheber des Wunders aus der Stadt zu vertreiben

von Heinz Sichrovsky © Bild: NEWS

Dass die Salzburger Osterfestspiele noch existieren und einen konkurrenzfähigen Betrieb aufrecht erhalten können, ist keine Selbstverständlichkeit. Legitimationsbedarf bestand schon 1989 nach dem Tod des Gründers, Herbert von Karajan, der das Höchstpreisfestival ins Leben gerufen hatte, um seine Opernproduktionen für die Deutsche Grammophongesellschaft kostensparend vorproben zu können. Unter seiner Zauberhand entwickelten die in Opernbelangen blanken Berliner Philharmoniker Fertigkeiten, die ihnen unter Karajans Nachnachfolger Simon Rattle ohrenmarternd abhanden kamen. 2010 flog ein Malversationsskandal auf, der den Intendanten Dewitte hinter Salzburger Gardinen beförderte. Als sich schließlich das Orchester samt Maestro ins besser zahlende Baden-Baden davonmachte, war zwar der künstlerische Verlust überschaubar. Allerdings wurde damit auch die stille Liquidation der niedergewirtschafteten Firma zur mehr als bloß theoretischen Option. Sie verflüchigte sich sofort, als der publikumsmagnetische Dirigent Christian Thielemann und die Staatskapelle Dresden das Kommando übernahmen. Die diesjährigen "Meistersinger" waren zumindest musikalisch ein Ereignis, über das man sprach wie einst über Karajans "Ring" oder "Don Carlos".

Dafür könnten sich nun die nicht von Kompetenz gerammten Lokalpolitiker in stiller Dankbarkeit samt ebensolchem Gebet üben. Tun sie aber nicht. Ohne Not haben sie die Osterfestspiele in eine gestandene Krise manövriert: 2020 soll der dann pensionierte Münchner Operndirektor Klaus Bachler die Geschäftsführung, 2022 (als Einundsiebzigjähriger) gar die Intendanz übernehmen. Und das, obwohl der künstlerische Leiter Thielemann die Zusammenarbeit mit dem gern flügelschlagenden Unruheständler in spe mehrfach ausgeschlossen hat. Das hinterlässt allgemeine Ratlosigkeit: Handelt es sich um den traditionellen kulturpolitischen Dilettantismus, der schon die Sommerfestspiele für ein Jahrzehnt im Chaos versenkt hat, bis 2016 endlich Markus Hinterhäuser Intendant wurde? Was hat Bachler den arglosen Provinzwoiwoden und Kleinstadtschulzen eingeredet? Dass er die Berliner zurückholt? Die kosten zwar viel, leuchten in Baden-Baden allerdings maximal nach EU-Energiesparnorm. Ihnen steht demnächst Bachlers Intimus, der namhafte Operndirigent Kirill Petrenko, vor. Aber reicht das als Argument, den besseren Operndirigenten und das professionellere Opernorchester zu vertreiben?

Mittlerweile geht das (nicht verifizierbare) Gerücht um, Bachler strebe in Wahrheit die Präsidentschaft der Sommerfestspiele an, wenn Helga Rabl-Stadler im Herbst 2020 aus dem Amt scheidet. Das hätte Methode: Auch Hinterhäuser ist nicht als Bachler-Enthusiast bekannt. Immer schon hat es Bachler nach Salzburg gezogen, am spektakulärsten um das Jahr 2006: Als zusehends ambitionsarmer Burgtheaterdirektor belog er hinsichtlich seiner Pläne die Ensemblevollversammlung, bis seine Bewerbung um die Festspiele aufflog. Bachler war daraufhin am Haus erledigt und rettete sich an die Münchner Oper, wo er spektakuläre Erfolge feierte. In erster Linie dank seinem Chefdirigenten Petrenko, der jetzt zu den Berlinern weiterzieht, weshalb auch Bachler seinen Münchner Vertrag nicht verlängerte. Jetzt muss er sich überlegen, ob er das verantworten will: für eine Woche à zwei Opernvorstellungen (plus ein paar Konzerte) ein Intendantengehalt zu beziehen; und gegen den Widerstand der gesamten österreichischen und eines Gutteils der deutschen Fachpublizistik Thielemann zu vertreiben. Oder gar als unwillkommener Aktivpensionist Hinterhäuser bei der Arbeit zu stören? Das muss sich Bachler überlegen. Zumal auch sein Anteil am Burgtheater- Finanzskandal noch der Quantifizierung harrt.

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