Schutz für die Opernpartituren!

von Heinz Sichrovsky © Bild: NEWS

Die Debatte entzündete sich im Sommer an der Produktion des Mozart 'schen "Titus" in Salzburg: Darf man - wie im Theater auf anderer Ebene längst Standard - in die Partitur und die Dramaturgie einer Oper eingreifen? Der Dirigent Teodor Currentzis und der Regisseur Peter Sellars hatten es gewagt, und es gab zwei gewichtige Argumente für das Verfahren: Erstens ist der "Titus" tendenziell fragmentarisch und wurde teils von fremder Hand finalisiert. Und zweitens war die Aufführung derart überzeugend, dass auch berechtigte Einwände durch die Tat gegenstandslos wurden.

Die "Zauberflöte" hingegen ist kein Fragment und die eben zur Premiere gelangte Produktion des Theaters an der Wien vom Epitheton "überzeugend" Milchstraßen entfernt. Dennoch ist das vor Selbstironie klirrende Duett "Bewahret euch vor Weibertücken" gestrichen und eine Mozart'sche Freimaurerkantate ins wirr und herzlos aufbereitete Geschehen verschnitten. Im "Titus" hatten die Einschübe aus der C-Dur-Messe überwältigende Wirkung getan. In der "Zauberflöte" manipuliert der Dirigent René Jacobs eitel und kontraproduktiv an der Partitur.

Welche Schlüsse sind aus den beiden Extrembeispielen zu ziehen? Currentzis und Sellars haben die Büchse der Pandora geöffnet. Und da in der Oper die bleiernen Stunden des Misslingens weit häufiger sind als die Sternstunden, sollte das Verfahren umgehend aus der Mode geraten.

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