Große Oper im Konzern

Um das Theater an der Wien entbrennt ein Konflikt - und der Burg-Direktor wird demnächst ernannt

von Heinz Sichrovsky © Bild: NEWS

Die Ermattungspause, die unsereinem sonst zwischen Saisonfinale und Festspielgetümmel vergönnt wird, fällt diesmal aus: Um die Intendanzen des Theaterkonzerns Vereinigte Bühnen Wien ab September 2020 entbrennt ein Kompetenzenstreit, der interessante Ausmaße anzunehmen verspricht. Zu ersetzen sind laut Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny zwei Theaterleiter: Roland Geyer (64, Opern-Chef über Theater an der Wien und Kammeroper) und Christian Struppeck (49, Musical-Intendant im Raimund Theater und im Ronacher). Wobei Struppecks Abgang nicht unter den Tragödien verbucht werden dürfte. Hingegen hatten viele auf den Verbleib des international hoch renommierten Geyer gehofft.

Die Bewerbungsfrist ist am 31. Mai abgelaufen, und der Stadtrat erklärt mit Nachdruck: Beide Positionen seien neu zu besetzen. "Wir schreiben doch nicht aus, damit die Amtsinhaber bleiben! Da hätten wir uns das Ganze sparen können." Dieser Darstellung entgegnet in großer Schärfe der Aufsichtsratsvorsitzende der Vereinigten Bühnen, der ehemalige ORF-Generalintendant Gerhard Weis: "Für die Ernennung zuständig sind ausnahmslos der Eigentümer, nämlich die Wien Holding, und ich als Vorsitzender des Aufsichtsrats. Wir wollen Roland Geyer halten, und zwar mit einer raschestmöglichen Entscheidung, damit er zeitgerecht planen kann."

Geyer, der bis Redaktionsschluss nicht erreichbar war, solle für zwei bis drei Jahre weiter amtieren, fügt Weis hinzu.

Dieses Szenario kommt Kundigen bekannt vor: Da die Ausschreibung juristisch gar nicht gefordert ist, hatte Thomas Drozda - damals Generaldirektor der Vereinigten Bühnen, heute Kunstminister - Geyers Vertrag im April des Vorjahrs freihändig bis 2020 verlängert. Die Euphorie des Kulturstadtrats hielt sich in Grenzen.

Über die Zahl der Interessenten verlautet indes nur, dass sich "mehr als 50" Personen beworben hätten, zwei Drittel für die Oper, der Rest für das Musical. Geyer selbst beteiligte sich nicht, da er die Ausschreibung für rechtlich überflüssig hält.

Eine beeindruckende Zahl auch internationaler Intendanten-und Künstlerpersönlichkeiten habe ihr Interesse bekundet, blickt indes Mailath-Pokorny der von ihm projektierten Zukunft entgegen. Die Entscheidung über die Nachfolger solle "so rasch wie möglich" fallen: "Man kann namhafte Persönlichkeiten nicht endlos hinhalten und muss sich auch nach ihren Zeitund Reiseplänen richten." Und nein: Nachnominierungen würden nicht vorgenommen. Wer sich bis 31. Mai nicht beworben habe, sei aus dem Spiel, die Bewerbungen seien qualitativ wie quantitativ mehr als ausreichend. Das wiederum will Weis nicht gelten lassen: Er sei zuversichtlich, Geyer zur Bewerbung bewegen zu können.

Mittlerweile nähert sich eine noch spektakuläre Personalie der Erledigung: Frühestens übernächste Woche (eventuell auch erst gegen Ende Juni) wird öffentlichgemacht, wer im September 2019 die Direktion des Burgtheaters nach Karin Bergmann antritt. Vorbehaltlich einer allfällig überraschenden Inspirationsattacke von Minister Drozda hat sich an der von News im April gemeldeten Lage nichts geändert: Die Causa dürfte sich zwischen Martin Kusej (München) und Andreas Beck (Basel), eventuell auch Thomas Ostermeier (Berlin), entscheiden. Nur Bettina Hering (Salzburger Festspiele) soll abgesagt haben.