Die erstaunliche LEGO-Welt

Dänisches Familienunternehmen dominiert seit Jahrzehnten den Spielwarenmarkt

Weihnachtszeit ist Spielwarenzeit: In den letzten sieben Wochen des Jahres macht Marktführer LEGO knapp 60 Prozent seines Jahresumsatzes. Doch wie ist es vorstellbar, dass mit LEGO ein Spielzeug in (fast) allen Kinderzimmern präsent ist, mit dem schon die eigenen Eltern, ja zum Teil die Großeltern gern gespielt haben? Was steckt hinter der ungewöhnlichen Erfolgsgeschichte des dänischen Familienkonzerns?

von Spielwaren - Die erstaunliche LEGO-Welt © Bild: © Blue Jean Images LLC/Corbis

Kate Sutch ist die Kommunikationschefin von LEGO Mitteleuropa. Seit vielen Jahren ist sie für den Spielwarenkonzern tätig und hat NEWS.AT bei einem Wien-Aufenthalt umfassend über aktuelle Entwicklungen rund um den Spielzeugkonzern informiert.

2003 war das Unternehmen am Ende

Viel war in den vergangenen Jahren von der erstaunlichen Erholung der Firma LEGO die Rede. 2002/2003 wurde dem Konzern allgemein der Untergang prophezeit. Man hatte sich verzockt und die Produktpalette immer weiter diversifiziert. Computerspiele, Uhren, Gewand, alles wollte der Konzern plötzlich selbst herstellen, während man auf die eigentliche Kernkompetenz zunehmend vergaß. „Das war keine schöne Zeit“, meint Frau Sutch, die damals schon für das Unternehmen tätig war.

„Geholfen hat die Rückbesinnung zum Kerngeschäft. Wir sind Weltmeister darin, LEGO Bausteine zu produzieren. Einige Zeit wurde das vernachlässigt, doch inzwischen weiß man das wieder.“ Andere Produktschienen wurden verkauft oder Kooperationen mit Unternehmen eingegangen, die in ihrem Bereich das können, was LEGO mit Steinen kann. Beispielsweise mit Computerspiel- und Gewandfirmen, aber auch mit einem Verlag.

Aktuell steht LEGO vor ganz anderen Herausforderungen. Die Umsätze entwickeln sich zu gut. Es wird geschätzt, dass der Spielzeugmarkt heuer global um vier Prozent schrumpfen dürfte, doch LEGO wird eine Umsatzsteigerung von satten 20-24 Prozent prognostiziert. Schon wurde berichtet, dass LEGO die Steine ausgehen könnten.

Lego für Mädchen

Kate Sutch kann beruhigen: „Nein, Menschen werden nicht vor leeren Regalen stehen. Aber manche Produkte sind so heiß begehrt, dass trotz erhöhter Produktion die Nachfrage noch höher war.“ Insbesondere LEGO Friends, die neue Produktlinie für Mädchen, hat alle Erwartungen noch deutlich übertroffen. Der Spielwarenproduzent musste zwar heftige Kritik einstecken, dass die Produktlinie traditionelle Rollenbilder stärken würde. Zumindest die Verkaufszahlen geben den Dänen jedoch Recht.

Sutch kann die Kritik nicht nachvollziehen: „Unsere Marktforschung hat gezeigt, dass Mädchen häufig gerne weiterspielen, um dann auch einmal Gebautes zu dekorieren und auszubauen, während Buben das gerne auch wieder abtragen und neu aufbauen. Durch LEGO Friends sehen wir, dass Buben und Mädchen noch mehr zusammen spielen. Denn sie kreieren ihre eigene Welt und werfen verschiedenste Dinge neu zusammen.“

Lego für Männer

Vor einigen Jahren hat der Konzern begonnen, auch erwachsene Männer als Zielgruppe anzusprechen. „Unsre Hauptzielgruppe sind Kinder. Wir produzieren keine Produkte nur für Erwachsene. Aber vor drei Jahren haben wir begonnen, den erwachsenen Mann direkt in der Kommunikation anzusprechen“, meint Sutch. Das war sehr erfolgreich und hat LEGO eine neue Zielgruppe erschlossen.

Ein großes Geschäft ist für LEGO auch die Produktion von „lizenziertem Spielzeug“. Seit der großen Krise gibt es eine Partnerschaft mit Filmproduktionsfirmen, Spielzeug rund um die Themen von Filmen zu produzieren. Beispielsweise „Star Wars“, „Herr der Ringe“ oder auch „Pirates of the Caribbean“. „Wir haben langfristige Kooperationen, beispielsweise mit Disney. Der Aufkauf von Lucas durch Disney war für uns sehr positiv, da wir gar nicht mehr gedacht haben, dass weitere Filme kommen werden“, argumentiert Frau Sutch.

LEGO wird Jahre im Vorhinein geplant

Interessant ist es, wie groß der Vorlauf für die Produktion von LEGO ist. Die Produktlinie für 2013 steht schon lange fest und für 2014 nahm Frau Sutch vor kurzem an einem Vorbereitungstreffen teil. Daneben gibt es weltweit mehrere „LEGO Conceptlabs“, die sich weltweit mit Trends für Spielwaren für die Jahre 2017 und folgend beschäftigen.

Denn in dieser Branche ist kein Spielraum für trial and error. Das Geschäft verlagert sich immer näher an Weihnachten und auch die Wochen danach werden Dank des boomenden Gutscheingeschäfts immer wichtiger.“ Selbst Prognosen zum Geschäftsverlauf sind extrem schwierig: „Der Markt kann sich an einem Einkaufssamstag entscheiden. Wenn dieser völlig daneben geht, kann eine ganze Saison scheitern.

Für die kommenden Jahre sieht Frau Sutch folgende Entwicklungen: „Der Spielwarenbereich wird sich einpendeln. Das Allerwichtigste wird sein, auch in der Zukunft immer wieder neue Produkte zu entwickeln. Es wird immer mehr ein Miteinander des Internets und der Offline-Welt geben. Die Bespielung aller Kanäle wird entscheidend.“ Für LEGO wird es darum gehen, erfolgreiche Produktlinien wie Ninjago, das eher für Burschen gedacht ist, LEGO Friends und viele andere fortzusetzen, aber auch neue Produktschienen zu entwerfen.

Viele runde Jubiläen

Davor gibt es aber noch Anlass zum Feiern. Denn heuer feiert die LEGO Gruppe den 80. Geburtstag und nächstes Jahr wird der LEGO Stein 55. „In Zentraleuropa haben wir inzwischen eine Situation, dass fast jeder Erwachsene als Kind bereits mit Lego spielte. Die USA sind da etwa 20 Jahre hinten, aber auch dort gibt es immer mehr Eltern, die mit ihren Kindern die Erfahrung des Legospielens teilen können.

Da ist es eine echte Stärkte des Konzerns, dass man bewusst erlaubt, dass LEGO intergenerationell austauschbar ist. Die Steine des Großvaters sind immer noch exakt so verwendbar, wie die der Enkelin. Bei LEGO weiß man, dass trotz der Möglichkeit, LEGO von den Älteren „zu erben“, kaum jemand jemals genug Steine haben wird. Und das, obwohl pünktlich zum 80. Geburtstag im Schnitt jeder Mensch weltweit 80 Legosteine besitzt.

Inzwischen gibt es weltweit geschätzte 4,2 Milliarden LEGO Figuren, allein heuer steigt die „Bevölkerung“ um 340 Millionen Figuren an. Alle Steine aneinandergereiht würden bereits 16 Mal die Erde umrunden und die 318 Millionen Räder für LEGO Spielzeug machen das Unternehmen zum größten Reifenproduzenten der Welt. Angesichts dieser Fakten und neuer innovativer Produktideen ist es kein Wunder, dass das Unternehmen zuversichtlich in die kommenden 80 Jahre blicken kann.

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