Grundbuch, Telefonbuch -
ein Freibrief für alle?

Dürfen Daten, die öffentlich zugänglich sind, frei verwendet werden? Und wenn ja, wie? Diese Regelungen in der Datenschutz-Grundverordnung sollten Sie kennen.

von Sie haben Recht - Grundbuch, Telefonbuch -
ein Freibrief für alle? © Bild: Marius Höfinger

Es mag Geburtstage geben, die ausgiebiger gefeiert werden. Der erste Geburtstag der Datenschutz- Grundverordnung (DSGVO) bietet aber immerhin Anlass, auf erste Erkenntnisse anzustoßen. Etwa zur Frage, ob Daten, die ohnehin öffentlich sind (Grundbuch, Telefonbuch, Webseiten), jederzeit verwendet werden dürfen. So manchem ist eine zur Geburtsstunde kursierende Schlagzeile in Erinnerung: "Datenschutz- Experten fassungslos: Großes, gelbes Buch mit Namen, Telefonnummern und Adressen aufgetaucht!"

Obwohl zum Schmunzeln, hat dies aber durchaus auch rechtliche Relevanz. In vielen Fällen verbleibt (mangels anderem Rechtfertigungsgrund) oft nur die Möglichkeit, die Verarbeitung der Daten mit den eigenen "berechtigten Interessen" zu rechtfertigen. Diese sind, grob gesagt, mit den Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen abzuwägen. Wie das ausgeht, ist ungewiss. Der Umstand, dass Daten bereits veröffentlicht sind, ist dabei aber jedenfalls zu berücksichtigen. Freibrief ist das aber keiner.

Beispielsweise ist die Veröffentlichung von Ärztedaten auf einer Bewertungsplattform nicht schon deswegen zulässig, weil die Ärztekammer ohnehin eine Liste aller Ärzte veröffentlicht hat. Es braucht einen eigenen Rechtfertigungsgrund, weil die Bewertungsplattform die Daten mit den Bewertungen der Nutzer verknüpft und erneut veröffentlicht. Die Datenschutzbehörde (DSB) anerkennt zwar, dass Bewertungsportale hohe praktische Relevanz haben und negative Bewertungen dazu führen können, dass die Patienten einen anderen Arzt aufsuchen. Dennoch sieht sie die Sicherung der freien Meinungsäußerung und als Pendant auch das Recht auf Empfang dieser Meinungen als wichtiger an. Die Verarbeitung der Ärztedaten und Zusammenführung mit den Bewertungen war im Ausgangsfall daher zulässig.

Auch nicht uninteressant ist die Entscheidung der DSB, wonach die Grundbuchabfrage durch eine Immobilientreuhänderin zur einmaligen Akquise von Liegenschaften zulässig ist; dies vor allem deshalb, da die Daten aus dem Grundbuch öffentlich zugänglich sind. Zwar ist die Verwendung nicht durch das Grundbuch selbst gerechtfertigt, jedoch würden die Interessen der Immobilientreuhänderin jenen der Angeschriebenen nicht nachstehen. Und wie sieht es mit der auf einer Vereinshomepage veröffentlichten Handynummer eines Vereinsobmanns aus? Laut DSB war es unzulässig, dass ein nicht an Vereinsmitgliedschaften interessiertes Unternehmen den Obmann kontaktiert, um Produkte anzubieten.

Die Verwendung von veröffentlichten Daten kann daher dennoch die Geheimhaltungsinteressen verletzen. Vor allem bei Werbeanrufen. Die Kontaktaufnahme sollte daher dem Zweck der Veröffentlichung (zum Beispiel zu Vereinszwecken) entsprechen.

Martin Führer ist Rechtsanwalt bei www.ulsr.at