Wir zahlen -
und wünschen...

Weg mit den "Zwangsgebühren": Der ORF soll an den Budget-Tropf des Bundes. Man muss besorgt - und alarmiert sein.

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und wünschen... © Bild: Matt Observe/Auftrag News

Es läuft dem Vernehmen nach intensiv. Es läuft gut. Die Rede ist von den Verhandlungen über ein neues ORF-Gesetz. Die Finanzierung ist dabei ein Thema - eines unter vielen, wie der Bundeskanzler betont. Einmal mehr steht eine Budgetfinanzierung im Raum. Besonders laut sind die Zurufe zum Thema aus dem Büro des Vizekanzlers: Abschaffung der Zwangsgebühren, Totalreform und Demokratisierung des ORF. Ja, "Abschaffung der Zwangsgebühren" klingt gut in vielen Ohren. Schließlich winkt (laut blauer Argumentation) bei einem Aus eine Erleichterung von rund 300 Euro pro Haushalt und Jahr. Aber irgendwie muss der ORF auch in Zukunft finanziert werden; aus dem Budget eben. Heißt: Irgendein Topf muss dafür angezapft werden. Irgendeine andere Abgabenerleichterung fallen. 2018 flossen 620,1 Millionen Euro an den ORF; 285,3 Millionen an Bund und Länder - und hier etwa in die Förderung von Musikschulen (Kärnten) oder in die Bereiche Kultur und/oder Sport (Niederösterreich). Budgetfinanzierung heißt freilich auch: Der ORF müsste bei der Regierung für sein Budget vorstellig werden. Bitten, möglicherweise auch betteln. Generaldirektor Alexander Wrabetz warnt: Eine massive Reduktion der Einnahmen hieße weniger Programm und weniger Programmvielfalt. Und: Diese Art der Finanzierung würde eine "massive politische Einflussnahme" bedeuten. Er steht mit dieser Meinung nicht alleine da. Denn in Zeiten, wo lautstark über "unbotmäßige Fragen" von ORF-Journalisten gewettert wird, der Vizekanzler im Zweifel lieber einmal mehr als weniger das Wort "Lügenpresse" in den Mund nimmt, die Entfernung von Moderatoren gefordert und kritisiert wird, dass ein Minister nicht in einem TV-Beitrag vorkommt, darf man, muss man alarmiert sein. Auch in der Vergangenheit haben Parteien (und nicht nur ÖVP und FPÖ) versucht, Einfluss auf den ORF zu nehmen - und waren damit je nach Rückgrat des Generaldirektors mal mehr und mal weniger erfolgreich. Hängt der Sender am Tropf der Regierung, wird die Dosis wohl kaum geringer sein. Eine Budgetfinanzierung wäre de facto eine Verstaatlichung: Wir (also die Regierung) zahlen und wünschen - der ORF muss spielen.


Aber die Gebührenzahler haben ja auch ein Wörtchen mitzureden. Etwa bei der Frage, was uns eine Sache wert ist. Keine Frage, 25 Euro pro Monat (waren Sie heute eigentlich schon auf orf. at?) GIS-Gebühr sind viel. Vielen zu viel. Zu viel in Zeiten, in denen ein Netflix-Abo rund zehn Euro kostet und auf Knopfdruck alles liefert, was gerade zur Gemüts-und Bedürfnislage passt. Halt keine Nachrichten und keine Diskussionsrunden. Aber egal. Wenn Gebühren, dann bitte ein ordentliches Programm, heißt es. Okay, ich für meinen Teil brauche keine Übertragung von der Streif und sonst wo, das "Frühlingsfest der Volksmusik" interessiert mich auch nicht. Aber vielleicht meinen Nachbarn? Oder: "Ich schaue keinen ORF!" Nun, ich gehe auch nicht ständig in die Oper, finde es aber okay, dass solche Institutionen finanziert werden, weil sie für die Gesellschaft wichtig sind. "Zu viel" sind vielen auch die Kosten für ganz viele Medien -Zeitungen, Magazine. Wenn alles "zu viel" ist, bleibt am Ende nicht mehr viel übrig. Jedenfalls nicht mehr viel Qualität. Und ja, auch Unabhängigkeit.

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir bitte: gulnerits.kathrin@news.at

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