Milliardenschäden in fünf Ländern: Die wirtschaftlichen Folgen des Flut-Dramas

FORMAT liefert die nackten Zahlen der Katastrophe Sri Lanka und Indonesien am schwersten betroffen

19 Tage nach den Todeswellen steht die Welt noch immer unter Schock. Mindestens 165.000 Tote, Hunderttausende Verletzte, über fünf Millionen Obdachlose, ganze Städte ausradiert, niedergewalzt von der ungeheuren Kraft des Tsunami. Neben dem unermesslichen menschlichen Leid im Gefolge des Seebebens mit dem Epizentrum westlich der indonesischen Insel Sumatra spülte die Horrorflut auch eine ganze Region in eine wirtschaftliche Katastrophe. Der angerichtete volkswirtschaftliche Gesamtschaden, so der erste Befund der Weltbank, dürfte deutlich jenseits von zehn Milliarden Euro liegen.

Die Folgen für die betroffenen Länder sind überaus unterschiedlich: Während wirtschaftlich gut entwickelte Länder wie Thailand oder die Malediven die Folgen der Flut relativ rasch bewältigen sollten, werden hoch verschuldete und arme Länder wie Sri Lanka und Indonesien wahrscheinlich zwischen fünf und zehn Jahre für den Wiederaufbau benötigen.

Den größten ökonomischen Schock hat die unterschiedlich gut entwickelte Tourismusindustrie in der Region erlitten. Der erste Befund: Während der mit Abstand größte Markt in Thailand wohl schon zu Jahresende wieder auf gut belegte Betten hoffen darf, hat es etwa das Entwicklungsland Sri Lanka weitaus schlimmer erwischt.

In Sri Lanka sind die Schäden deshalb so enorm, weil die Flutwelle neben vielen Straßen auch die wichtige Eisenbahnlinie in den Süden weggespült hat. Die ÖBB haben bereits ein Expertenteam auf die Insel geschickt, um beim Wiederaufbau zu helfen.

Indien: Wachstumsverlust liegt nur bei 0,1%
Das mit rund 10.000 Toten ebenfalls schwer getroffene Indien dagegen kommt wirtschaftlich gesehen relativ glimpflich davon. Der Tourismus steuert nur zwei Prozent zur Wirtschaftsleistung bei, beliebte Reiseziele wie Goa oder Rajasthan wurden verschont. Die Flut hat im Süden nur einen kleinen Teil des Riesenlandes zerstört. Die Folge: Das Land mit mehr als einer Milliarde Einwohnern muss nur 0,1 Prozentpunkte Wachstumsverlust fürchten.

Besonders arg hat es Indonesien erwischt. Das schwer verschuldete Land könnte die Krise ohne Auslandshilfe nicht bewältigen. Die indonesische Regierung hofft, die Schäden bis 2010 halbwegs beheben zu können. Auf die Reisebranche hat die Zerstörung von Teilen Indonesiens allerdings kaum Auswirkungen. So zynisch das auch klingen mag: Die mit apokalyptischer Kraft am schlimmsten verwüstete Gegend um die an der Westspitze von Sumatra gelegene Stadt Banda Aceh, wo bisher schon über 100.000 Tote zu beklagen sind, ist für die Tourismuskonzerne kein Thema. In Indonesien konzentriert sich der Urlauberstrom traditionell auf die kleine Ferieninsel Bali und das benachbarte Lombok.

In Thailand kostet das Fernbleiben von Urlaubern mitten in der Hochsaison nach ersten Berechnungen zumindest 80 Millionen Euro pro Monat. Während die Ostküste des Königreichs, etwa die Touristenhochburg Koh Samui, völlig unbeschädigt geblieben ist, hat der Tsunami in Phuket 40 Prozent der Hotelkapazitäten zerstört. Laut der Tourismusbehörde TAT sind dort 17.847 von insgesamt 33.585 Hotelbetten betroffen. In der Provinz Phangnga, wo sich auch das schwer devastierte Khao Lak befindet und wo besonders viele Österreicher unter den Opfern befürchtet werden, sind überhaupt nur 1.023 von zuvor 6.369 Hotelzimmern heil geblieben.

Thailand wird Unglück am leichtesten bewältigen
Thailand, das mit Abstand am besten entwickelte Land im Katastrophengebiet, dürfte das Unglück dennoch am leichtesten bewältigen, zumal nur ein Teil des Landes zerstört ist. Die Folgen des Tsunami sollten die Wirtschaft heuer nur knapp einen halben Prozentpunkt Wachstum kosten - 5,6 statt sechs Prozent.

Vergleichsweise glimpflich davongekommen ist auch das Urlauberdorado der Malediven: Nach ersten Schätzungen werden nur einige wenige Atolle wegen schwer verwüsteter Bungalowanlagen für immer geschlossen bleiben. Das Inselreich mit gerade einmal 330.000 Einwohnern ist vom Urlauberstrom stärker abhängig als alle anderen von der Katastrophe heimgesuchten Länder: Der Sektor bringt es auf unglaubliche 74 Prozent der Gesamtwirtschaft. Heuer wird das Inselparadies dadurch um bis zu vier Prozentpunkte an Wirtschaftswachstum einbüßen, die Folgen aber bereits bis zum Winter halbwegs bewältigt haben.

Sollten die nun in aller Welt versprochenen und von der UNO koordinierten vier Milliarden Euro Hilfszusagen wirklich fließen, dann besteht auch für die am stärksten betroffenen Länder wie Sri Lanka und Indonesien die berechtigte Hoffnung, die Katastrophe ohne dauerhaften wirtschaftlichen Schaden zu überstehen. ie Frage ist nur: Werden die versprochenen Gelder tatsächlich überwiesen? Denn bei anderen Katastrophen der vergangenen Jahre ist nur ein Bruchteil der ursprünglich versprochenen Hilfsgelder auch tatsächlich geflossen.