Marco Pantanis Mutter klagt an: "Ihr habt ihn umgebracht!"

Vize-Sportminister: "Pantani ist ein Opfer des modernen Sports!" Laut Polizei kein Abschiedsbrief PLUS: Die internationalen Pressestimmen

Italien trauert. Noch ist unklar, wie Marco Pantani ums Leben gekommen ist. Seine Mutter klagt jedenfalls an: "Ihr habt ihn umgebracht!" Der italienische Vize-Sportminister Mario Pescante bezeichnet Pantani als "Opfer des modernen Sports". "Gegen ihn haben wegen Dopings sieben italienische Staatsanwaltschaften ermittelt", erklärte Pescante.

Der Politiker kritisierte das in Italien geltende Anti-Doping-Gesetz, das die Einnahme verbotener Substanzen auch mit Haft bestraft. "Die Verantwortung der Sportler vor der Justiz im Fall von Doping ist meiner Ansicht nach absurd. Sportliche Sanktionen sollten genügen."

"Niemand hat mich je verstanden, nicht mal der Radsport und meine Familie", soll Pantani kurz vor seinem einsamen Tod in Rimini geschrieben haben, berichteten Zeitungen in Italien. Die Polizei dementierte dies jedoch und betonte auch, dass kein Abschiedsbrief neben den Beruhigungsmitteln "Control" und "Flunox" sowie dem Anti-Depressivum "Surmontil" in Pantanis offenbar durch Wutausbrüche verwüsteten Zimmer gefunden worden sei. Bestätigt wurde dagegen, dass ein kokainartiges Pulver im Zimmer sichergestellt wurde.

"Was hätten wir tun können?"
Gianni Petrucci, der Präsident des italienischen Olympiaverbands Coni, betonte, dass er sich für den Tod des "Piraten" verantwortlich fühle. "Wir allen müssen uns fragen, ob wir etwas für Pantani hätten tun können", meinte Petrucci, der hinzufügte: "Der Sport besteht aus Menschen, die siegen und daher vergöttert werden. Doch nicht alle Sportler sind in der Lage, den Moment auszuhalten, in dem die Rampenlichter erlöschen. Nach dem Sieg steigt man vom Podium ab und man ist weiterhin ein normaler Mensch."

Von Freunden allein gelassen
Pantanis bester Freund - Michael Mengozzi - beschuldigte Pantanis Rad-Kollegen, ihn in den schwierigsten Phasen seines Lebens allein gelassen zu haben. Laut italienischen Medien war Pantani in den letzten Wochen auch mit seiner Familie in Konflikt geraten. Seit Tagen hatte er sich nicht mehr in seiner Heimatstadt Cesenatico blicken lassen. Sein Vater Paolo verwaltete das Vermögen, das der 34-Jährige in seiner Karriere angesammelt hatte. Der Radstar erhielt monatlich Geld aus einem Fonds. Medien spekulieren, dass der Vater die Verwaltung von Pantanis Geld übernommen hatte, nachdem dieser in die Drogenabhängigkeit geraten war.

Die Mutter klagt an
Für Pantanis Mutter Tonina dagegen ist die eigentliche Ursache für den durch Herzstillstand eingetretenen Tod ihres Sohnes schon klar: "Ihr habt ihn umgebracht." Auch Belgiens Radidol Eddie Merckx hatte zuvor der italienischen Justiz die Schuld an Pantanis Tod gegeben.

"In den Tod getrieben"
Auch im restlichen Italien regierten Tränen, Mitleid und Vorwürfe. Der Tod ihres Idols hat die Italiener aufgewühlt wie eine landesweite Katastrophe. Tausende Fans legten am Montag vor seinem Haus in Cesenatico Blumen nieder und pilgerten zum Hotel "Le Rose" in Rimini, wo der 34-Jährige am Samstagabend tot in seinem Zimmer gefunden worden war. Pantani wurde in den Tod getrieben, meinte auch Fußballstar Diego Maradona. "Alle sind Schuld - niemand hat ihm geholfen", sagte der Argentinier.

Einer der stärksten Radfahrer aller Zeiten
"Wir haben einen großen Champion verloren", sagte Tour-de-France-Dominator Lance Armstrong, und selbst Pantani-Gegner Jean Marie Leblanc, der dem Italiener als Tour-Organisator die Teilnahme an der Frankreich- Rundfahrt zuletzt verweigerte, würdigte ihn als "einen der stärksten Radfahrer aller Zeiten".

(apa/red)